« »Was sind schon 800 Jahre Unterdrückung unter Freunden?« | Hauptseite | Voll brutal! Hilfe – Polizei! »

Die Queen auf der Smaragdgrünen Insel: »Töten Sie Menschen?«

von Jürgen Schneider

no royals.jpg

Als die Queen gestern irischen Boden betrat, trug sie ein grünes Kleid. In irischen Wettbüros konnte man keine gute Gewinnquote erzielen, wenn man auf grün gesetzt hatte. Auf der Smaragdgrünen Insel hatte man damit gerechnet, dass Ihre Majestät in grün einfliegen würde. Smaragdgrün, wie es die Hofberichterstatter glauben machen wollten, war ihr Kleid allerdings nicht, sondern jadegrün. Aber auf Feinheiten kommt es nicht an, wenn die Medienwelt einmal mehr dem Monarchierausch verfallen ist. Da wird dann allein schon die Tatsache, dass die irischen Politiker und Repräsentanten keinen Knicks machen oder sich vor Ihrer Majestät verbeugen müssen, zu einem historischen Ereignis stilisiert. Und da titelt man schon mal Unsinn, wie etwa die englische Tageszeitung The Guardian:

»Dubliners extend a welcome.« Dabei konnte man im Fernsehen deutlich sehen, dass das hermetisch abgeriegelte Dublin menschenleer war. Wer hätte da denn »Willkommen!« rufen sollen? Im von steigender Arbeitslosigkeit und mit der damit einhergehenden Disziplinierung geprägten Irland treiben die Menschen ohnehin andere Sorgen um als ein Winkewinke für die Queen, deren Besuch geschätzte 30 Millionen Euro an Steuergeldern verschlingen wird. Richard Boyd Barrett, Abgeordneter der United Left Alliance, erklärte wütend: »Während die Bevölkerung durch Steuererhöhungen und Kürzungen zur Ader gelassen wird, lädt man eine der reichsten Frauen der Welt zu einem rauschenden Fest ein.«

Am Donnerstag richtet die britische Botschaft für die Queen eine Festveranstaltung im neu errichteten Dublin Convention Centre aus. Und weil offenbar selbst drei- bis siebenjährige irische Kids ein Sicherheitsrisiko darstellen, werden deren Fragen an Ihre Hoheit auf eine Leinwand projiziert. Ein Kind möchte wissen, welche Farbe Elizabeth Windsors Fahrrad hat, ein anderes, ob sie eine pinkfarbene Haarbürste besitze. Frage zwei wird Elizabeth Windsor wohl mit ja beantworten, gehört pink doch zu ihren Lieblingsfarben. Gespannt sein können wir auf die Antwort auf die Frage eines dritten Kindes: »Töten Sie Menschen?« Im Guardian hieß es dazu, bei diesem Kind sei noch einiges an Erziehung zu leisten. Klar doch, es muss wissen, dass die Queen natürlich keine Menschen tötet. Dafür hat eine Königin doch ihre Untertanen.

Florian Osuch, bei der Tageszeitung Junge Welt dafür zuständig, Sinn Féin als »Linkspartei« zu bezeichnen, ohne jemals auszuführen, was denn das Etikett links rechtfertigt, verlautbarte: »Begleitet von Protesten republikanischer Gruppierungen wie der Linkspartei Sinn Féin und der sozialistischen Organisation Éirígí ist die britische Königin Elisabeth II. am Dienstag zu einem mehrtägigen Staatsbesuch in Irland eingetroffen.« Die von der irischen Polizei umzingelten Anhänger von éirígí wussten in der Tat ihren Protest so laut vorzutragen, dass er bei der Liveübertragung vom Garden of Remembrance, dem Ehrenmal für die Kämpfer gegen die britische Krone, deutlich vernehmbar war, als die Queen dort einen Lorbeerkranz an ein Metallgestell hängte. Der Protest von Sinn-Féin-Mitgliedern bestand darin, schwarze Luftballons in den Dubliner Himmel aufsteigen zu lassen. Doch leider vertrauten sie der Dylan-Songzeile »You don’t need a weatherman to know which way the wind blows«, statt beim Meteorologischen Dienst Auskünfte über die Windverhältnisse einzuholen. Ihre Ballons drifteten daher nicht in Richtung Ihrer Majestät und ihrer Entourage.

Beim Protest von Mitgliedern der Partei Republican Sinn Féin wurde auch deren Gründer Ruarai O’Bradaigh gesichtet, der einst Stabschef der Irisch-Republikanischen Armee war und anders als seine früheren Mitstreiter Gerry Adams und Martin McGuinness am althergebrachten Republikanismus und dessen »physical force tradition« festhält. Auf einen Schwarzdornknüppel gestützt, erklärte er gegenüber dem Guardian, die geringe Beteiligung an den No Royal Visits-Protesten sei keineswegs eine Schlappe: »Egal, wie hoch die Beteiligung war, das Problem in Irland ist nicht verschwunden, nämlich die britische Präsenz im Norden unseres Landes. Der Widerstand dagegen wird weitergehen.« O’Bradaigh sieht in dem Besuch der Queen den Versuch des irischen politischen Establishments, »den Prozess der Kapitulation zu unterstreichen, ihn endgültig zu besiegeln und so zu tun, als existiere das Problem nicht mehr, als sei es gelöst. Doch das ist nicht der Fall.« Einer Problemlösung werden O’Bradaigh und seine Genossen jedoch nicht näher kommen, wenn sie das gescheiterte Modell Provisorische IRA unter veränderten gesellschaftlichen, ökonomischen und weltpolitischen Verhältnissen einfach kopieren und der Macht der Gewehrläufe und Sprengsätze huldigen.

(18.05.11)

Teil 1: Bier der Marke Secret Service – Elizabeth Windsor und Barack Obama zu Besuch in Irland
Teil 2: »Was sind schon 800 Jahre Unterdrückung unter Freunden?« – Elizabeth Windsor in Irland
Teil 3: Die Queen auf der Smaragdgrünen Insel: »Töten Sie Menschen?«
Teil 4: Die Queen ist weg, Obama kommt

A.S.H. | 18.05.11 15:35 | Permalink