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Eine Nazigegnerin in Deutschland als Bundespräsidentin? Geht das?

Der SPIEGEL meldet heute, die Partei DIE LINKE habe Kontakt mit der in Paris und Berlin lebenden Antifaschistin Beate Klarsfeld aufgenommen. Diese habe auch ihre Bereitschaft signalisiert für DIE LINKE zu kandidieren. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür noch nicht.
Klarsfeld wurde berühmt als sie 1968 während eines CDU-Parteitags in Berlin das Podium bestieg, und den Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger unter den Worten „Nazi, Nazi“ ohrfeigte. Kiesinger war Mitglied der NSDAP.
Sie ist verheiratet mit dem französischer Rechtsanwalt und Historiker Serge Klarsfeld, dessen Vater in Auschwitz der Judenverfolgung zum Opfer gefallen war.

Die Klarsfelds gelten als die „profiliertesten Nazijäger“ und es ist ihnen mitunter zu verdanken, dass NS-Verbrecher und Kollaborateure vor Gericht gestellt oder zumindest demaskiert wurden.

Sollte Klarsfeld der Kandidatur zustimmen, würde sie gegen den gemeinsamen Kandidaten von CDU, SPD, FDP und GRÜNE, Joachim Gauck antreten.

Der „Antikommunist und glühende Marktwirtschaftler“ Gauck gilt als der konservativste Präsidentschaftskandidat seit Jahrzehnten, für viele steht er politisch eher rechts.
Mehrere seine Äußerungen zur deutschen Vergangenheit provozierten Kritik.

So schrieb Daniela Dahn 2010 in der Süddeutschen: „Er sieht seine Kompetenz in der Geschichtsschreibung. Dort neigt er zu groben Rastern. In seinem 1998 erschienenen Nachwort zur deutschen Ausgabe des "Schwarzbuch des Kommunismus" wird das ganze Sündenregister aufgelistet: "Unbeliebt machten sich die Kommunisten auch, als sie Stalins Territorialforderungen nachgaben, die Westverschiebung Polens und damit den Verlust der deutschen Ostgebiete guthießen." Unerwähnt bleibt, dass auch die Westalliierten die Abtretung der Ostgebiete und die Ausweisung der Deutschen als unausweichliche Konsequenz des Krieges betrachteten. Gauck legt noch eins drauf: "Einheimischen wie Vertriebenen galt der Verlust der Heimat als grobes Unrecht, das die Kommunisten noch zementierten, als sie 1950 die Oder-Neiße-Grenze als neue deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannten." Gauck distanziert sich von dieser Haltung nicht. Wegen derartig zwielichtiger Äußerungen kam Erika Steinbach nicht in den Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibungen. Auf den Antrittsbesuch eines Bundespräsidenten Gauck beim polnischen Nachbarn dürfte man gespannt sein.“

Gauck leitete selbst immer wieder seinen Antikommunismus aus seiner Familiengeschichte ab.
Sein Vater wurde 1951 zu zweimal 25 Jahre Lager wegen angeblicher Spionage und "antisowjetischer Hetze" verurteilt (1955 kehrte er zu seiner Familie zurück).

Ein kritischer Kommentar dazu im Netz: „Nicht unwichtig ist auch die Sozialisation von Gauck. Seine Mutter war schon vor Hitler´s Machtantritt in der NSDAP, sein Vater kurze Zeit später. Insofern sind auch die angeblichen Ungerechtigkeiten gegen seinen Vater nach 45 etwas fragwürdig. Wichtiger ist aber sein Onkel Gerhard Schmitt: dieser Onkel hat Gauck maßgeblich beeinflusst und als Bischof auf die Pastorenschiene geschoben und gefördert, übrigends auch getraut. Schmitt war schon 1931 NSDAP-Mitglied und dann SA-Gruppenführer. Dieses Umfeld hat sicher einen starken Einfluss auf Gauck gehabt, der beim Ungarn-Aufstand als 16jähriger gern mit der Waffe in der Hand gegen die Russen kämpfen wollte. Letztlich entspricht Gauck so gar nicht dem Bild eines Kirchenmannes, eher ähnelt er einem militanten Kämpfer gegen den Kommunismus.“

Ganz sicher interessant wird die Behandlung dieser sehr unterschiedlichen Bundespräsidentschaftskandidaten in der deutschen Presse werden.
Und noch etwas unterscheidet den Kandidaten von der Kandidatin. Gauck wurde im Jahr 2000 mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Eine entsprechende Ehrung Klarsfelds mit dem Bundesverdienskreuz wurde durch das Bundespräsidialamt zuletzt verhindert. Laut SPIEGEL nicht zum ersten Mal. „Seit Jahren landet Klarsfeld auf der Vorschlagsliste, seit Jahren wird sie abgelehnt.“ Was für Beate Klarsfeld spricht.

Zur wachsenden Kritik im Internet an der Kandidatur von Joachim Gauck:

Der „böse Gauck“ und das Netz
Kein Grund zur Aufregung: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken
Zuroff: Gaucks Kandidatur “extrem beunruhigend”
Voll im Kontext: Gauck und die Überfremdung
Gauck und der Holocaust

A.S.H. | 22.02.12 17:58 | Permalink