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Aufruf zur Gründung eines „Willi Münzenberg Freundeskreises“

Willi Münzenberg war mit seinem Kosmos-Verlag der zweitgrößte Medienunternehmer in Deutschland in den 1920er Jahren und der größte und wichtigste für linke Bücher, Zeitschriften und Filme. Er organisierte Hilfsgüter für die in Not befindende Bevölkerung in der Sowjetunion, er unterstützte den Kampf gegen die Franco-Faschisten in Spanien. Er gründete Verlage und Zeitschriften der Aufklärung und zur Vermittlung der Utopien für eine gerechte Gesellschaft.

Mit der Verleihgesellschaft "Prometheus" und der "Weltfilm" sicherte er sich den Alleinvertrieb aller sowjetischen Filme. 1921 gründete er die Illustrierte "Sowjetrussland im Bild" (ab 1926 unter dem Namen "Arbeiter-Illustrierte-Zeitung"/AIZ) und initiierte die Aufführung des Films "Panzerkreuzer Potemkin". 1928 gründete er gemeinsam mit Heinrich Zille die Satirezeitschrift "Eulenspiegel". Er veröffentlichte von 1933 bis 1937 im Pariser Exil etwa 50 deutschsprachige Publikationen, z.B. das Braunbuch über den Reichstagsbrand.

Willi Münzenberg wurde am 14. August 1889 in Erfurt geboren. Von 1906 bis 1909 arbeitete er in der Erfurter Schuhfabrik Lingel. In dieser Zeit begann sein Engagement im SPD-nahen Arbeiterbildungsverein "Propaganda". Er wurde Vorsitzender des Arbeiterbildungsvereins „Propaganda“ und schloss ihn mit dem neuen Namen „Freie Jugend Erfurt“ dem norddeutschen Jugendverein an. Münzenberg schloss sich 1918 der Spartakusgruppe an und wurde 1919 Mitglied der KPD und Vorsitzender der Kommunistischen Jugendinternationale. Beim Ausbruch einer Dürre- und Hungerkatastrophe im Wolgagebiet gründete er 1921 die Internationale Arbeiterhilfe (IAH). Von 1924 bis1933 war er Mitglied des Zentralkomitees der KPD und Reichstagsabgeordneter. Im September 1935 plädierte Münzenberg in Paris auf der Zusammenkunft deutscher Oppositioneller zur Vorbereitung der deutschen "Volksfront" für ein Bündnis aller Hitler-Gegner, ungeachtet ihrer weltanschaulichen und politischen Gegensätze.

1938 wurde Münzenberg wegen seiner Kritik an Stalin aus dem ZK der KPD ausgeschlossen und aller Funktionen enthoben. 1940 wurde er, unter ungeklärten Umständen, erhängt in einem Wald bei Saint-Marcellin in Frankreich aufgefunden.

Willi – ein Sohn Erfurts. Ihm lagen die Arbeiter am Herzen, vor allem stand für ihn die Bildungsarbeit im Vordergrund.
Kaum etwas erinnert in Erfurt an ihn, kein Platz am Hauptbahnhof, keine Straße am Rathaus. Es gibt auch keine Willi Münzenberg-Stiftung und keine Leuchtschrift „Internationale Arbeiterhilfe“ auf einem Hoteldach.
Was es gibt ist ein kurzer Eintrag auf der Website www.erfurt-web.de und einen Aufsatz des Erfurter Historiker Steffen Raßloff. Und an der Stelle des Geburtshauses von Münzenberg, Augustiner Straße/ Ecke Am Hügel, hing an einer DDR-Platte eine Gedenktafel. Hing, denn jetzt wurde das der I.W.E.S. gehörende Haus saniert und an der Stelle der Gedenktafel ein Fenster eingebaut. Wo ist sie hin und wo wird sie wieder angebracht? Eine Anfrage bei I.W.E.S. blieb bis jetzt unbeantwortet.

Da hilft nur die Gründung eines Willi Münzenberg Freundeskreises. Er soll Willi Münzenberg wieder ins Bewusstsein rücken. Eine Gedenktafel soll entstehen und in der Nähe seines Geburtshauses, Augustiner Straße/ Ecke Am Hügel, angebracht werden. Zu den in Thüringen dominierenden bürgerlichen Medien muss ein Gegengewicht durch anspruchsvollen Journalismus entstehen. Dazu muss sich über Vernetzung, Ausbau und Neugründung von Medien der Gegenöffentlichkeit und kompetenter Publizität verständigt werden.
Und es soll einmal im Jahr ein „Willi Münzenberg Medienpreis“ für aktuellen kritischen Journalismus verliehen werden an Beiträge die schmerzen, aufklären, verändern – für Beiträge der Empörung.

natter | 20.10.11 15:53 | Permalink