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Nordirland: Anklage gegen 17-jährigen Jugendlichen erhoben

von Jürgen Schneider

Gegen einen 17-jährigen Jugendlichen, der beschuldigt wird, am 9. März im nordirischen Craigavon den Polizisten Stephen Carroll erschossen zu haben, ist heute Anklage wegen Mordes, wegen vorsätzlichen Waffenbesitzes, wegen der Mitgliedschaft in der Continuity IRA sowie wegen des Sammelns von Informationen, die für Terroristen nützlich sein könnten, erhoben worden. Der Jugendliche sagte vor dem Haftrichter kein Wort. Er hatte auch während der Verhöre geschwiegen. Sein Anwalt erklärte, sein Mandant bestreite die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Gestern waren zwei weitere von der nordirischen Polizei Verdächtigte auf freien Fuß gesetzt worden, ohne dass Anklage gegen sie erhoben worden wäre. Vier weitere des Mordes an dem Polizisten Verdächtigte bleiben weiterhin in Haft. Auch vier nach der Erschießung von zwei Soldaten vor der Massereene-Kaserne in der Grafschaft Antrim Festgenommene bleiben weiterhin in Haft. Sechs dieser unter dem »Terrorism Act 2006« Festgehaltenen haben unter Berufung auf die Europäische Menschenrechtskonvention durch ihre Anwälte gegen die Länge ihres Gewahrsams Beschwerde erheben lassen. Ein dreiköpfiges Richtergremium unter Vorsitz des Lord Chief Justice Sir Brian Kerr hat die Beschwerde inzwischen zugelassen. Laut dem »Terrorism Act 2006« können Festgenommene bis zu 28 Tage weggesperrt werden, ohne dass Anklage gegen sie erhoben werden muss.

Einer der Festgenommenen ist der ehemalige IRA-Mann Colin Duffy. Seine Familie hat gestern mitgeteilt, dass er aus Protest gegen seine Inhaftierung in den Hungerstreik getreten ist. Laut Mitteilung seines Anwaltes wurde Duffy zuletzt am 20. März verhört. Er sei dabei nicht mit dem geringsten Beweis konfrontiert worden. Die Inhaftierung werde nur fortgesetzt, weil die Ermittler auf forensische Ergebnisse warteten. Während Festgenommene, gegen die Klage erhoben worden sei, die Freilassung gegen Kaution beantragen könnten, sei dies Duffy und den anderen Festgenommenen nicht möglich.

Gestern hatte die nordirische Beauftragte für Menschenrechte Monica Williams der Polizei-Station in Antrim, in der alle Festgenommenen einsitzen, einen Blitzbesuch abgestattet. Sie kritisierte, die Zellen seien zu klein und ohnehin nur für eine kurze Gewahrsamsdauer gedacht. Weiter erklärte sie, das in den Zellen rund um die Uhr brennende Licht wirke sich desorientierend auf die Festgenommenen aus.

Das Committee on the Administration of Justice (CAJ) hat ebenfalls seiner Besorgnis über die lange Gewahrsamsdauer Ausdruck verliehen: »Werden Leute festgenommen, ist dies ein Zeichen dafür, dass ein Verdacht vorliegt. Werden Leute aber derart lange festgehalten, impliziert dies, dass die Polizei auf Informationen aus ist, statt über solche zu verfügen.«

Während Sinn Fein-Präsident Gerry Adams erneut forderte, die Festgenommen sollten angeklagt oder freigelassen werden, erklärte sein Parteikollege Martin McGuinness laut der »Irish Times« gestern im nordirischen Regionalparlament, er führe den Kampf gegen die Dissidentengruppen, die gegen den Friedensprozess seien, an vorderster Front an. Gefragt von Politikern der Democratic Unionist Party (DUP), ob er alle Maßnahmen unterstützen werde, die der Polizeichef ergreife, betonte McGuinness mit Nachdruck, er werde die Polizei unterstützen, da es nur eine Seite gäbe, die von »Frieden und Demokratie«.

A.S.H. | 24.03.09 15:09 | Permalink