« Brasiliens Nationalkongreß macht sich durch Parteienwechsel-Rekord lächerlich | Hauptseite | Behinderter Junge in Rio zu Tode geschleift »

Deutsch-türkische Anwältin Seyran Ates erhält Margherita-von-Brentano-Preis

"Mir kommt Multikulti wie organisierte Verantwortungslosigkeit vor"
--von Klaus Hart--
Die deutsch-türkische Anwältin Seyran Ates aus Berlin erhält wegen ihres Eintretens für die Menschenrechte den Margherita-von-Brentano-Preis der Freien Universität Berlin. Im Deutschlandradio Kultur hatte sie zuvor erklärt, viele muslimische Familien in Deutschland tolerierten den Ehrenmord. Auf den Straßen hätten zahlreiche Menschen applaudiert, als vor zwei Jahren die Deutsch-Türkin Hatun Sürücü durch ihren eigenen Bruder ermordet worden sei.
Sich als Progressive ausgebende deutsche Rechte, verdeckt erzkonservative Sympathisanten brutaler Macho-Gewalt gegen Frauen, darunter zahlreiche Politiker, hatten lange Jahre dafür gesorgt, daß die von Seyran Ates kritisierten soziokulturellen Tatbestände "politisch-korrekt" beschönigt wurden. "Politisch korrekte" Zensur sorgte dafür, daß diese und andere Fakten sogar lange Zeit aus der öffentlichen Diskussion herausgehalten wurden. Ostdeutsche Kritiker der gravierenden Menschenrechtsverletzungen an in Deutschland lebenden Frauen aus der Dritten Welt wurden gewöhnlich als Rechte angeprangert. Nach dem Anschluß hatten zahlreiche ostdeutsche Tatzeugen, deutlich sensibilisiert durch den hohen Grad an Frauenrechten sowie die qualitativ andere Sexualität in der DDR, keinerlei Chance, schwere Menschenrechtsverletzungen, die an Frauen und Mädchen aus Drittweltländern begangen wurden, publik zu machen oder anzuzeigen. Der Staat war aus den bekannten Gründen nicht bereit, die Menschenrechte dieser Frauen zu garantieren. Gewalt ist den Menschen im Westen oft egal, schien es. Die DDR, in der Kriminalitätsrate und Gewaltbereitschaft extrem geringer waren als in der BRD, wurde sofort nach dem Anschluß von einer beispiellosen Kriminalitätswelle überrollt, die bis heute andauert - sogar fast jedes Dorf erlebte erstmals bewaffnete Banküberfälle und Schießereien.

Zu den stupidesten Falschargumenten selbst von Politikern zählt, DDR-Bürgern, Ostdeutschen fehle als Folge der Mauer die nötige Erfahrung des Zusammenlebens mit Menschen aus anderen Teilen der Welt. Dabei wird der zunehmend geringere Kenntnisstand von Westeuropäern über die Verhältnisse in der DDR geschickt instrumentalisiert. Schließlich ist genau das Gegenteil richtig - just deshalb reagierten viele hochpolitisierte Ostdeutsche nach dem Anschluß entsprechend sensibel auf die auch von Seyran Ates analysierten Menschenrechtsverletzungen, wurden deshalb sogar als "fremdenfeindlich" abqualifiziert.
In einem taz-Interview hatte die Menschenrechtsaktivistin Seyran Ates auf die Lage zwangsverheirateter, wie eingesperrt lebender türkischer Frauen verwiesen, den Karneval der Kulturen als eine "deutsche Fiktion" bezeichnet. Türkische Frauen nannte sie "Sklavinnen auf dem muslimischen Ehemarkt". Deutsche zivilgesellschaftliche Standards würden in der türkischen Community nicht ernst genommen. Seyran Ates fragte nicht zufällig:"Sind Frauenrechte keine Menschenrechte?"
Ehrenmorde an Frauen in Deutschland seien oft genau kalkuliert worden. Sie sei dafür, das Jugendstrafrecht so zu verschärfen, daß der Trick, die Jüngsten für eine Mordtat auszusuchen, nicht mehr verfange. Muslimische Jugendliche lernten von anderen Männern, daß Sexualität nur mit Gewalt zu haben sei - "das ist für sie und ihre Frauen eine Katastrophe." Seyran Ates weiter:" Mir kommt Multikulti wie organisierte Verantwortungslosigkeit vor." Es sei ein tödlicher Fehler, zu den Vorgängen in anderen Kulturen Deutschlands zu schweigen.
Bislang darf wegen der üblichen Mediensteuerung aus politisch-wirtschaftlichen Motiven weiterhin nur über einen Bruchteil der tatsächlichen Vorgänge, Fakten aus anderen Kulturen, vor allem der Dritten Welt, berichtet werden - die Liste systematisch unterdrückter Themen, Fakten in den meisten deutschen Medien ist sehr lang. Selbst über die Zustände an Schulen Westberliner Problembezirke wird nur ein Bruchteil veröffentlicht.


http://www.perlentaucher.de/artikel/2602.html
http://www.seyranates.de/

http://72.14.209.104/search?q=cache:_FNpjff7GLQJ:hvd-berlin.de/downloads/laudatioates.pdf+Seyran+Ates+Preis&hl=pt-BR&ct=clnk&cd=44&gl=de

http://www.fu-berlin.de/presse/fup/2007/fup_07_006/index.html

http://www.tagesspiegel.de/berlin/archiv/23.01.2007/3036503.asp

http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/22.02.2007/3099646.asp

Klaus | 07.02.07 12:44 | Permalink