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Umweltschützer Chico Mendes, Dorothy Stang, Erwin Kräutler...

Brasilianisches Nachrichtenmagazin warnt vor Ermordung des befreiungstheologischen Amazonasbischofs Erwin Kräutler
--von Klaus Hart, Sao Paulo--
Das brasilianische Nachrichtenmagazin "Isto è" hat die Öffentlichkeit des Tropenlandes auf die drohende Ermordung des aus Österreich stammenden Amazonasbischofs Erwin Kräutler hingewiesen. Kräutler zählt zu den führenden Persönlichkeiten der Befreiuntstheologie. In der neuesten Ausgabe erinnert "Isto è" an die Liquidierung von zahlreichen christlichen Umweltaktivisten wie Chico Mendes oder Dorothy Stang und nennt Kräutler "das nächste Opfer". Er habe bereits einen Anschlag schwerverletzt überlebt und erhalte derzeit wegen seines Kampfes gegen die Urwaldvernichtung und die Kinderprostitution von verschiedensten gegnerischen Gruppierungen Morddrohungen. In einem mehrseitigen Interview gegenüber "Isto è" betont Kräutler, daß in seinem Bistum von der vierfachen Größe Österreichs auch nach dem im Februar 2005 verübten Mord an der katholischen Umweltaktivistin Dorothy Stang der brasilianische Staat weiterhin abwesend sei. Weil die zuständigen staatlichen Behörden ihre Pflichten nicht erfüllten, sei er als Bischof gefordert, seine Stimme für die Agrarreform und gegen die skrupellose illegale Abholzung der Regenwälder zu erheben. "Wo der Staat präsent ist, braucht ein Bischof keine haarsträubenden Fakten über die Aggressionen gegen Amazoniens Natur anzuzeigen." Kräutler verwies auf Regionen seines Bistums, in denen nur noch elf Prozent des Urwalds existierten, alles andere zu Steppe geworden sei. "Wollen wir diese Zukunft für Amazonien?" Kräutler wies Vorwürfe der Politiker zurück, realitätsfremd die Regenwaldgebiete völlig frei von wirtschaftlichen Eingriffen halten zu wollen. "Seit meiner Ankunft vor 41 Jahren kämpfe ich für Fortschritt und Entwicklung von Amazonien, setze aber die Interessen der Menschen, darunter der Indianer und der Uferbewohner als Priorität." Gegenüber dem Nachrichtenmagazin wandte sich der Bischof auch gegen Staudammprojekte am Rio Xingu seines Bistums, die Staatschef Luis Inacio Lula da Silva im Falle seiner Wiederwahl realisieren will. Die Projekte seien wirtschaftlich unsinnig, zudem würden durch die Verfassung geschützte Indianerreservate überschwemmt. Die Region des Rio Xingu nannte Kräutler "das letzte noch existierende Stückchen Paradies in Brasilien". Schon aus ökologischen Gründen sollte es erhalten werden und könnte zahllose Naturfreunde anziehen.
Der Bischof prangerte zudem zahlreiche Fälle sexuellen Mißbrauchs von Kindern an - die aus der Lokalelite stammenden Täter seien indessen flüchtig. In der Region dominiere Straflosigkeit für die Mächtigen. "Deshalb sagt das einfache Volk, für uns gibt es keine Gerechtigkeit, weil wir arm sind."

Klaus | 22.09.06 15:20 | Permalink