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Lulas gebrochene Wahlversprechen – weiter Sklavenarbeit

IAO-Studie: In Brasilien bis zu vierzigtausend Sklavenarbeiter
Straffreiheit für Sklavenhalter in der Demokratie
--von Klaus Hart, Sao Paulo--
Anders als im Ethik-Unterricht an deutschen Schulen gelehrt, gehen schwere Menschenrechtsverletzungen wie Sklavenarbeit und bürgerliche Demokratie durchaus zusammen, wird der Fortbestand von "Trabalho Escravo" in bestimmten Ländern von der deutschen Regierung keineswegs als Anlaß für öffentliche Kritik, gar als Hindernis für ausgezeichnete bilaterale Beziehungen und eine strategische Partnerschaft gesehen. Das Beispiel Brasiliens, der größten Demokratie Lateinamerikas, zeigt dies deutlich. Entgegen den Wahlversprechen von Staatschef Luis Inacio Lula da Silva ist Sklavenarbeit in Brasilien laut einer neuen Studie der Internationalen Arbeitsorganisation IAO immer noch weit verbreitet.

Gemäß den jetzt in Brasilia veröffentlichten Angaben werden in dem Tropenland mindestens 25000 Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen ausgebeutet. 5,2 Prozent der Betroffenen sind Minderjährige, nicht selten grassieren unter den Sklavenarbeitern Tuberkulose, Malaria, Gelbfieber. Wie es in der Studie heißt, „wird Vieh besser behandelt als die Arbeiter“, handelt es sich bei den Sklavenhaltern um moderne Agrarunternehmer, die für Binnenmarkt und Export produzieren.
Die IAO macht auch Angaben über „Entschädigungen“ im Falle von Arbeitsunfällen. Ein Arbeiter, der ein Auge verliere, werde mit umgerechnet 23 Euro weggeschickt, bei abgetrennter Hand seien es umgerechnet 38 Euro.
Wie die für Brasilien zuständige IAO-Direktorin Lais Abramo erklärte, könne die tatsächliche Zahl bei 40000 Sklavenarbeitern liegen, weil genaue Erhebungen im immensen und teils schwer zugänglichen Hinterland sehr kompliziert seien. Abramo beklagte die Straffreiheit für Sklavenhalter. "Es ist unglaublich, daß wegen dieses Verbrechens, das die Menschenrechte verletzt, bisher noch niemand hinter Gittern ist." Dabei sähen die Gesetze immerhin Gefängnisstrafen zwischen zwei und acht Jahren vor. Die IAO-Studie konstatiert Fortschritte. Danach wurden zwischen 1995 und 2005 rund 18000 Sklavenarbeiter durch eine Sondereinheit der Bundespolizei befreit. Allein im letzten Jahr seien es über viertausend gewesen. Dennoch fehlten ausreichende Mittel sowie Personal für derartige Operationen sowie für vorbeugende Maßnahmen.
Opfer von Sklavenarbeit in Brasilien sind laut IAO zumeist Männer zwischen 18 und 40 Jahren. Sie seien gewöhnlich Analphabeten oder hätten nur zwei Jahre Schulbildung. Die meisten Sklavenarbeiter treffe man in der Viehzucht, auf Soja-,Baumwoll-und Zuckerrohrplantagen in den Teilstaaten Amazoniens. Wer zu fliehen versuche, erleide Gewalt.
Die meisten Anzeigen gegen Sklavenfarmen kommen seit Jahren von der Bodenpastoral der brasilianischen Bischofskonferenz. Erste Fälle hatte fast ein Jahrhundert nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei von 1888 der befreiungstheologische Bischof Pedro Casaldaliga in den siebziger Jahren angeprangert.
In jüngster Zeit hat auch die katholische Wanderarbeiter-Seelsorge internationale Menschenrechtsorganisationen sowie die UNO über "verdeckte Sklaverei" in den Zuckerrohrregionen informiert. Betroffen seien hunderttausende Zuckerrohrschneider, darunter im Teilstaate Sao Paulo. Brasilien ist seit mehreren Jahren weltgrößter Exporteur von Zucker sowie von Biosprit, der ebenfalls aus Zuckerrohr gewonnen wird. In den deutschen Medien wird nur höchst selten erwähnt, daß Zucker-und Biosprit-Ausfuhren in die Industrieländer auch auf Sklavenarbeit und brutalem Sozialdumping basieren.
Staatschef Lula, der sich am 1. Oktober zur Wiederwahl stellt, hatte 2003 verkündet, die Sklavenarbeit in seiner vierjährigen Amtszeit auszutilgen. Der Kampf gegen "Trabalho Escravo" sei eine Priorität seiner Regierung. Diese nationale Schande werde bis 2006 verschwunden sein.
Auf einer Expertenkonferenz im brasilianischen Porto Alegre wurde dieses Jahr mitgeteilt, daß in ganz Lateinamerika noch 1,3 Millionen Menschen ähnlich wie Sklaven lebten. Besonders betroffen seien auch Indianer in Peru, Bolivien und Paraguay.

Klaus | 23.09.06 01:47 | Permalink