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Grüne und Lega Nord Hand in Hand

Am 16. Mai 2006 hat eine große Mehrheit der Europaabgeordneten dem Bericht des Abgeordneten der rechtsextremen Lega Nord, Francesco Speroni, in dem die Aufhebung der parlamentarischen Immunität des Europaabgeordneten Tobias Pflüger gefordert wird, zugestimmt. Eine Koalition aus Rechtsextremen, Konservativen, Liberalen, SozialdemokratInnen und Grünen beschloss die Aufhebung seiner Immunität. Nur die Vereinte Europäische Linke lehnte diesen Antrag geschlossen ab. Laut Pflüger ist es das erste Mal, dass das EU-Parlament wegen einer politischen Angelegenheit Ermittlungen gegen einen Abgeordneten zulässt.

Tobias Pflüger war als parteiloser Abgeordneter ins Europäische Parlament gewählt worden. Er ist Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI) und Mitglied der DFG-VK. Zwischen 1995 und 2003 hat er für die Monatszeitschrift Graswurzelrevolution rund 40 Artikel geschrieben. Aktiv als GWR-Mitherausgeber war er, bis er - im Dissens mit dem antiparlamentarischen GWR-HerausgeberInnenkreis - den Weg Richtung Europaparlament wählte.

IMI schreibt zum Hintergrund seines Verfahrens:

"Die Staatsanwaltschaft München wirft Tobias vor, während einer Demonstration Straftaten begangen zu haben, als er Polizeibeamte um Auskunft über die brutale Festnahme eines Demonstrationsteilnehmers bat. Dabei wies er sich ihnen gegenüber als Europaabgeordneter aus und wurde von zwei Polizeibeamten - ein halbes Jahr nach der angeblichen Tat - angezeigt.

Die Version der Staatsanwaltschaft ist derart hanebüchen, dass sich hieraus nur ein Schluss ergibt. Über Repression soll die politische Arbeit unseres Vorstandsmitglieds behindert (...) werden. Dass dies im Kontext der erfolgreichen Proteste gegen die Münchner Sicherheitskonferenz geschieht, hat eine Vorgeschichte.

Insgesamt ist dies das vierte polizeiliche bzw. justizielle Vorgehen (1999, 2003, 2004, 2005) einer bestimmten Staatsanwaltschaft in Bayern ('Staatsanwaltschaft München I') gegen Tobias anlässlich seiner Beteiligung an Protesten gegen die Münchener Sicherheitskonferenz.

Nachdem Tobias 1999 Bundeswehrsoldaten dazu aufforderte, den 'völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien zu verweigern und/oder zu desertieren', ermittelte u.a. die Münchner Staatsanwaltschaft gegen ihn. Tobias wurde jedoch von einem Tübinger Gericht im Jahr 2000 vom Vorwurf der Aufforderung zu einer Straftat freigesprochen. Damit wurde richterlich eingeräumt, dass dieser Krieg gegen die Verfassung verstieß. Dieses Verfahren bildete den Auftakt zu einer Reihe von Repressionsmaßnahmen, die nun in der Aufhebung der Immunität gipfelten. Das Verfahren 2003 wurde eingestellt und für seine brutale Festnahme im Jahr 2004 entschuldigte sich die Polizei sogar später bei ihm.

Quelle:
Auszug aus dem Editorial der GraswurzelRevolution (Juni/2006)

Weitere Infos:
www.imi-online.de
tobiaspflueger.twoday.net/

Michal Stachura | 20.06.06 16:01 | Permalink