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FLOPPY MYRIAPODA -#2

Fuck on
Wir wollten uns bereits zur ersten Nummer ein paar einleitendende Worte aus den Fingern saugen, doch dazu kam es nicht. Ein von AK vorbereiteter Text, der sich nicht als Editorial an die Leserinnen und Leser richtete, sondern als Ultimatum, fand bei KP keinen Anklang. Das daraufhin von KP angefertigte Versatzstück überzeugte AK nicht.
Auf folgende Sätze konnten wir uns einigen:
IN EINEM LAND GEBOREN ZU SEIN IST KEINE LEISTUNG.
SCHWEDEN BEDEUTET UNGLÜCK, POLEN SCHWEIN GEHABT, ANGOLA ANSCHISS.
DARAUF SETZEN WIR.
NICHT EINEN CENT.

Floppy myriapoda – Heft 1 wurde in einer Auflage von 1120 Exemplaren von Peter Löscher in Berlin gedruckt.
Am Freitag, den 13. Januar 2006, wurde die Zeitschrift zur Eröffnung der Ausstellung Lartyfartypourlartyfarty – Postrealer Brutalismus 2 (AK/KP) gegen 22 Uhr 30 vor etwa 1,5 Dutzend Interessierten in der Galeriekneipe Mandelmond (Berlin) erstmals vorgestellt.
In den folgenden Tagen wurde ein Abonnentenstamm von 50 Personen beliefert, die Autoren wurden mit Belegexemplaren und Extraheften versorgt. An 30 Stellen der Stadt verteilten wir Hefte zur freien Auslage. 100 Kneipen und Cafés, 30 politische Vereine und 20 Kunstgalerien wurden mit Leseexemplaren bemustert.
An zehn weiteren Orten in Berlin steht die Zeitschrift zum Verkauf, außerdem flächendeckend in Nord-, Süd-, West- und Ostdeutschland. Abonnenten gibt es in Italien, Neuseeland, Österreich und den USA.
Ein Exemplar ging an die Nationalbibliothek in Vientiane.

Michal Stachura war so freundlich, floppy myriapoda am 24. Januar 2006 unter der Überschrift »Surreales DadaOstberlin hat wieder zugeschlagen« auf www.ostblog.de vorzustellen. In der Lyrikzeitung & Poetry News 01b/2006 von Michael Gratz wurde das Blatt als »Neue Zeitschrift der Epidemie der Künste« angekündigt (pom-lit.de/lyrikzeitung).
Seit Mitte Januar ist auch die Website subkommando.pappelschnee.de online, auf der es Leseproben und die Möglichkeit zum Abonnieren von floppy myriapoda gibt.

Eine Abonnentin äußerte, das Heft wäre männlich-herb und gewaltverherrlichend ausgefallen.
Eine andere schickte uns Texte, die auf dem »Mist« von Heft 1 gewachsen waren.
Ansonsten gab es wenig Resonanz. Der Schriftsteller Franz Jung beschreibt in seiner Autobiographie "Der Weg nach unten", wie der Querdenker Ernst Fuhrmann seinerzeit von »Vertretern der geistigen Prominenz« nicht direkt abgelehnt wurde – »Sie zogen es vor, Fuhrmann totzuschweigen, geradezu zu boykottieren.«
Diese Praxis des Schweigens, so Jung, wäre seitdem weiter perfektioniert worden.
Wir meinen, da hatte er recht. AK/KP (AK = Alexander Krohn/KP = Kai Pohl)

PS 1: brand 2 wäre auch ein guter Name gewesen, gleich mit dem passenden Untertitel: Antiwirtschaftsmagazin oder Zweitschrift gegen die Realität. Oder einfach Schaum. Apropos: Ein Hochsommer Anfang der 50er Jahre, Ostberlin, Bahnhof Friedrichstraße, unterirdischer Teil, wo auch heute wieder die S1 fährt. Dicke Luft und Gedränge auf dem Bahnsteig, vor allem am Bierstand, zentral gelegen und dicht umringt, für die Molle im Stehen zwischen zwei Zügen. Schnell gezapfte Becher und Kleingeld wechseln hastig den Besitzer. Menschen stehen in Trauben, reden sparsam, trinken schnell. Jemand wird laut, nörgelt: »Is ja allet nur Schaum!« Der Wirt, geschäftstüchtig, grölt zurück: »Schaum is ooch Bier!« KP

PS 2: Johnny Thunders war ein respektabler Mann. Er arbeitete in den 70ern als Punk-Rocker in New York City. Wenn man mit einer E-Gitarre wild herumfuhrwerkt, kommt es vor, daß sich der Gurt der Gitarre löst – das lederverstärkte Gurtende rutscht über den im Holz verschraubten Metallknauf. Ich habe mal gesehen, wie Bruno Adams' schmutzige 1800-Dollar-Gibson in hohem Bogen von der Bühne ins Publikum – und da nicht viele da waren, auf den Boden – fiel, weil sich der Gurt löste.
Dagegen gibt es einen Trick: Man nimmt eine Flasche Flensburger Pilsener und zieht den Gummiring vom Porzellanverschluß ab. Dann legt man den Gurt der Gitarre über den Metallknauf und zieht den Flensburger-Gummi drüber. Der Gurt wird sich nicht mehr lösen. Ich weiß nicht, woher Johnny Thunders Flensburger kannte, ich weiß nur: Johnny Thunders verriet diesen Trick irgendwann Nikki Sudden. Und Nikki Sudden verriet diesen Trick irgendwann Phil Shönfeldt. Und Phil Shönfeldt verriet diesen Trick irgendwann mir. Und ich dachte, eines Tages verrate ich den Trick einem würdigen Nachfolger, aber irgendwie kam es nicht dazu. Heute denke ich: Was für ein mieser Quatsch – diese ganze rührselige Gummi-Trick-Johnny-Thunders-Nummer. Jedenfalls: Ihr könnt meinen Trick jetzt haben. Ihr alle. Du, du, du und du. AK

natter | 08.05.06 11:27 | Permalink