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Repressionen gegen Antifas in Frankfurt (Oder)

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Die Villa Rosi wurde im April letzten Jahres symbolisch am Tag der Befreiung der Stadt durch die Rote Armee besetzt um gegen das Wiederaufkeimen des Faschismus in Deutschland zu Protestieren

Seit einem Jahr arbeitet beim Landeskriminalamt Brandenburg die Ermittlungskommission „Viano“ an der Aufklärung einer Brandstiftung am Wahlkampfmobil des brandenburgischen Wirtschaftsministers Ulrich Junghanns (CDU). Dieses war im Landtagswahlkampf 2004 vor dessen Wohnhaus in Frankfurt (Oder) in Flammen aufgegangen. Hinweise auf eine TäterInnenschaft gab es nicht. Trotzdem ermittelt die Behörde gezielt gegen mehrere AntifaschistInnen der Stadt mit dem Ziel, sie über § 129 StGB zu kriminalisieren. Dieses Vorgehen des LKA reiht sich ein in einen verschärften Ermittlungseifer staatlicher Behörden gegen die Frankfurter Linke in den letzten Jahren, bei dem es offenbar darum geht, eine wieder selbstbewusst agierende junge Szene zu durchleuchten und mundtot zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, nutzen die BeamtInnen wiederholt rechtswidrige Ermittlungsmaßnahmen und üben massiven Druck auf die Beschuldigten aus. Bisher ohne Erfolg.

Die einst pulsierende sozialistische Bezirksstadt mit 87.000 EinwohnerInnen im deutsch-polnischen Grenzgebiet kämpft immer noch mit anhaltendem Bevölkerungsschwund. Gepriesene Hoffnungsanker wie der Bau einer Chipfabrik scheiterten kläglich. Das letzte verbliebene Prestigeprojekt - die Europa-Universität Viadrina - soll als kommende Stiftungsuniversität mit konservativem Charakter unter der als Pershing II-Liebhaberin und Vertriebenen-Freundlich bekannten Gesine Schwan zu einem neuen Aushängeschild werden. Doch in die ausländerfeindliche Stadt kommen immer weniger Studierende aus dem Ausland.

Hier wurden 1991 die ersten polnischen Reisebusse nach der neuen Visaregelung angegriffen. Hier wurden polnische StudentInnen wiederholt durch die Stadt gejagt. Hier ermordeten Nazis 2003 einen Punk in seiner Wohnung. Hier werden afrikanische AsylbewerberInnen nicht in Diskotheken eingelassen, vor den Augen zahlreicher Gaffer krankenhausreif geschlagen. Und hier folterten Nazis erst 2004 stundenlang mit kaum vorstellbarer Perversion.

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Am 16.09.03 wurde ein Anschlag auf die Ausländerbehörde in Frankfurt (Oder) verübt

Eine organisierte Neonaziszene, die politisch agiert, ist aber derzeit nicht präsent. Die Gefahr geht vielmehr von zahlreichen bestens integrierten Nazischlägern aus, die es nicht nötig haben als solche erkennbar zu sein. Zuletzt griffen Schläger (teilweise angereist aus Fürstenwalde) am vergangenen Samstag während eines NPD-Infostandes in den Lenne-Passagen junge Linke an. Sie wollten diese augenscheinlich davon abhalten die für diesen Tag zur national befreiten Zone erklärte Innenstadt zu betreten. Am gleichen Abend wurde in den als Hort rechtsextremer bekannten Platten-Neubausiedlungen Südring und Neuberesinchen eine spontane Protestdemo gegen die wieder aufflammende Gewalt durchgeführt. In „Neubrasilien“ wurden Personen von zwei mit Brechstangen bewaffneten Nazis angegriffen. Iinsgesamt 7 Personen wurden verhaftet und mussten die Nacht in Polizei-Gewahrsam verbringen.

Da eine Reaktion der Stadtoberen auf diese Verhältnisse bis heute nur dann erfolgt, wenn die mediale Aufmerksamkeit sie unbedingt erfordert, war Antifa, auch aus Selbstschutzgründen, seit Anfang der 90er ein Schwerpunkt in der Arbeit der Frankfurter Linken.

Nachdem das Staatsschutzkommissariat der Frankfurter KriPo mit einer großen Anzahl militanter Aktionen konfrontiert wurde, für die in keinem Fall TäterInnen dingfest gemacht werden konnten, ja nicht einmal Verdächtige präsentiert wurden, verschärfte die Behörde Anfang des Jahres 2004 ihre Gangart. Beschuldigte mussten her. Diese hofften die Ermittler in der jungen Antifaszene zu finden.

Mehrmals observierten Beamte des MEK (Mobiles Einsatzkommando) Personen aus der linken Szene. Akribisch wurden Telefonnummern der AntifaschistInnen zusammengetragen, Telefonüberwachung und Durchsuchungsbeschlüsse beantragt, jedoch wegen fehlender Verdachtsmomente abgewiesen

Da die BeamtInnen nicht voran kamen und sich immer noch auf die AntifaschistInnen eingeschossen hatten, wurde offenbar versucht Hinweise für eine Beteiligung der Personen an Aktionen zu finden, über die sich ein Zusammenhang zu der Brandstiftung des Wahlkampfmobils herstellen ließe. Als Angela Merkel (CDU) im Bundestagswahlkampf 2005 Frankfurt (Oder) besuchte, wurden zu diesem Zweck bis zu acht Observationsteams abgestellt.

Das Vorgehen von Staatsschutz und LKA entbehrt in seiner Intensität jeder Grundlage. Die Beschuldigten und ihr Umfeld sind immensen Druck ausgesetzt. Deshalb ist es notwendig den Behörden akribisch auf die Finger zu schauen. Durch das Engagement von AnwältInnan gelang es bisher mehrfach Maßnahmen abzuwehren und vor Gericht für unrechtsmäßig erklären zu lassen. Diese notwendige juristische Unterstützungsarbeit für die Betroffenen kostet sehr viel Geld. Auch wenn es bisher kein Verfahren bis zur Verhandlung gebracht hat, entstanden durch die Hohe Zahl der Ermittlungsverfahren in den letzten zwei Jahren Kosten von knapp 9000 Euro. Um diese zu tragen ruft die Soligruppe Frankfurt (Oder) alle zur Solidarität auf.


Spendenkonto:

Kt.-Nr.: 400 723 830 1
BLZ 430 609 67
GLS Gemeinschaftsbank eG Bochum
Verwendungszweck: Antifasol

Michal Stachura | 07.04.06 16:23 | Permalink