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Nix füa Furchngenga

Tor Tour „das abgehangene Revolverblatt für die Torstraße, drumherum und untenrum“ Nummero 3 ist soeben erschienen.
Zwei Redakteure (Knofo Kröcher und Bert Papenfuß) und der Rezeptschreiber (Wolfram Kempe) kennen sich noch aus den guten alten Zeiten des Sklaven-Aufstand. Als die Schliemannstraße noch dreckig war, Tretminen gegen Schwaben normal waren! Und eine Spaltung zwei Zeitschriften gebar.
In der neuen Ausgabe ergänzt Ralph Gabriel die Tor Tour - Redaktion.
Und es geht wieder um alles: fuck the german way, Rottweiler- und Nierchenrezepte, Linksspaltungen (oder „Det Amüsemang ufn Mülschwajen jeht inne Buxen...“ - wie Bert Papenfuß es nennt, dem ße, was über Spielsucht und sexuelles Vegetieren und ein Aufruf von Arne, zum 2. Internationalen Kampf- und Feiertag der Arbeitslosen am 2. Mai auf der Schönhauser Allee.

Die Tor Tour erscheint immer mal wieder, aber regelmäßig in einer Auflage von 1.500 Exemplaren und ist im Kaffee Burger, der Schankwirtschaft BAIZ und der Galerie Pigasus auf der Torstraße erhältlich.
Jetzt eine Kostprobe aus dem aktuellen Heft:

Det Amüsemang ufn Mülschwajen jeht inne Buxen: Jiebt wat abßuluchsen.
von Bert Papenfuß

Der linke Fraktionismus autoritärer und antiautoritärer Splittergruppen ist komisch, aber dramatisch – und staatsgewollt bzw. teilweise staatsgemacht. Regie führt das Regime, keine Revolution zeichnet sich ab. Na wennschon, die linke Szene ist von Spitzeln und Provokateuren durchsetzt. Liniendebatte und sogenannter Diskurs verhindern Gespräch und Übereinkunft. Agitation und Propaganda münden in Querfrontvorwürfen. Der künstlerische Aktivismus der Überflüssigen und die Urkomik der Antideutschen führen ins Leere. Es gibt keine linke Militanz, sondern eine überwachte Subkultur und Kneipenszene. Eine coole Aktion heutzutage ist knorke, und somit lokalpatriotisch, wenn auch ironisch. Die Zapatisten sind weit weg, der Schuster ist ein Politiker in Spanien, und Schumacher ein Sieger aus Deutschland – gewesen; alle müssen mal verwesen. Das Theater ist ausverkauft, das Szenarium gekupfert, und das Publikum Bolle.

Abseits allen Parteikalküls und außerhalb linksradikaler Wahrnehmung versuchen gemäßigte, „vernünftige“ und „realistische“ linke Intellektuelle Einfluß auf Führungskräfte des Systems zu nehmen, indem sie diesem Abschaum wider Willen ihre gedanklichen Ergebnisse als Vorschläge zur Güte unterbreiten, um sie in Machbarkeit umzusetzen. Vernunft angesichts realpolitischer militärischer Unvernunft ist Illusionismus. Die „Fürstenschule“ qualifiziert Machthaber zu Interessenvertretern intellektueller Eliten. Didaktik läuft ins Opportune, die Gören bleiben doof, die Pauker sind Bolle. Helter Skelter, Alter, der proletarische Widerstand, Kopp ßu, Arsch anne Wand, is inner Hand von’ Verwalter. Von fünften Kolonnen umzingelt ist die sechste Kolonne.

Das global expandierende Proletariat jetzt partout Prekariat zu nennen, geht in Ordnung, im Hinblick auf die Lösung des Problems: Anarcho-Kommunisten und Anarchisten sind jeweils gespalten in sozial Inaktive und – zumeist kulturell aktive – Maximalisten. Antikommunistische, sich als Individualisten gebärdende, Anarchisten, auch Anarchokapitalisten genannt, sind im Grunde verdammte Liberale. Ökoanarchisten changieren ins moderat Schwarz-Braun-Grüne. Unter uns Maximalisten ist gut Pläne schmieden; auf die Gesundheit, Doppelbolle. Oder aber Vorwärtsrolle: Die Synthese zwischen Anarchismus und Marxismus ist nicht nur notwendig, sondern auch unvermeidlich. – „Die Geschichte schafft sich ihre Kompromisse selbst.“(1) So jehts ooch, Kompromisse zu Bündnisse, und Ismen zu Schismen, bis keener mehr mit muß mit den janzen Rhythmus. Spaltung is ooch ne Form von Entfaltung.

Der Behuf ist besser als sein Ruf,
aber der Zweck ist ein Zweieck;
das kann man nicht aussitzen –
das kann man nur zuspitzen.

1) Zit. nach: Daniel Guérin. Anarchismus und Marxismus. Verlag Freie Gesellschaft, Frankfurt, 1979 (3. Auflage), S. 24 f.: „Wie es der libertäre Geschichtsschreiber A. E. Kaminsky in seinem hervorragenden Buch über Bakunin ausgedrückt hat, ist eine Synthese zwischen Anarchismus und Marxismus nicht nur notwendig, sondern auch unvermeidlich. ‚Die Geschichte‘, fügt er hinzu, ‚schafft sich ihre Kompromisse selbst‘. Ich möchte hinzufügen – und das ist meine eigene Meinung – daß ein libertärer Kommunist, Ergebnis einer solchen Synthese, zweifellos die tiefen Wünsche – auch wenn sie sich dessen bisher manchmal noch nicht voll bewußt sind – der fortgeschrittenen Arbeiter ausdrückt, die man heute die ‚Arbeiterlinke‘ nennt, viel mehr als der degenerierte autoritäre Marxismus [der sich darin gefällt, „mit den liberalen oder radikalen Bürgerparteien ekelhafte Wahlbündnisse zu schließen, wenn sie nur mit Hilfe solcher Wahlbündnisse zu Parlamentssitzen kommen können“; ebd. S. 16] und der versteinerte Altanarchismus.“

natter | 01.04.06 18:00 | Permalink