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JournalistInnen Kollektiv "Krise und Kritik" gegründet

Zum 50. Todestag von Brecht (14. August 1956) werden in ganz Deutschland verschiedene Veranstaltungen wie Buchpräsentationen und Ausstellungen angeboten. Klaus Maria Brandauer inszeniert am Admiralspalast Brechts Dreigroschenoper, die Premiere im ehemaligen Metropol-Theater an der Friedrichstraße ist für den 11. August geplant.

Im Rahmen der 28. INTERNATIONALEN BRECHT-TAGE Berlin wird auch ein bislang wenig bekanntes Projekt einer Zeitschriftengründung unter Leitung Berthold Brechts und Walter Benjamins 1931 vorgestellt. In Vorträgen und Diskussionen werden das historische Unternehmen selbst sowie der Entwurf einer Zeitschrift "Krise und Kritik 2006" zu den titelgebenden Begriffen vorgestellt. Das ursprüngliche - und gescheiterte - Projekt sah eine Zeitschrift vor, die mit den Mitteln der Kritik die "Krise auf allen Gebieten der Ideologie festzustellen und herbeizuführen" hatte. Zugleich sollte die Zeitschrift Instrument zur Untersuchung der Rolle der Intellektuellen sein und Kategorien von Kritik überprüfen.

Unterdessen gründete sich vor einigen Wochen ein internationales JournalistInnen Kollektiv, das sich teilweise auf die Tradition von "Krise und Kritik" beruft. Deshalb nennt sich das Kollektiv, bei dem auch Mitarbeiter des ostdeutschen Telegraph beteiligt sind "Krise und Kritik".

Das Kollektiv stellt sich die Aufgabe die umfassende Krise auf der Ebene des sozialen und kulturellen zu analysieren und soziale Bewegungen insbesondere in Osteuropa zu unterstützen. Die JournalistInnen aus Polen, Deutschland und Frankreich verstehen sich dabei als intervenierende KorrespondentInnen. Das Kollektiv "Krise und Kritik" soll auch ein Forum für kreativen journalistischen Austausch sein. Zur Zeit sind an dem Projekt Emmanuelle Piriot (Frankreich), Przemek Wielgosz (Herausgeber der polnischen Edition der Le Monde Diplomatique in spe) sowie Kamil Majchrzak (Mitarbeiter des ostdeutschen telegraph und der poln. Le Monde Diplomatiqe in spe) beteiligt.

Weitere MitstreiterInnen, die an einer kritischen linken Debatte und Praxis interessiert sind werden noch gesucht. Ausgewählte Texte sollen über das Kollektiv an linke Zeitschriften in Europa vermittelt werden, insbesondere an die polnische Edition der Le Monde Diplomatique.

JournalistInnen-Kollektiv Krise und Kritik
http://www.krise-und-kritik.de/

Programm:
Mo. 6.2., 20 Uhr

Vortrag
ERDMUT WIZISLA
"'Krise und Kritik' 1930/31. Bestandsaufnahme eines Scheiterns".
Leiter des Bertolt-Brecht-Archivs und kommissarischer Leiter des Walter Benjamin Archivs, berichtet über die 75 Jahre zurückliegende Geschichte des ursprünglichen Projekts.

Vortrag
THOMAS MARTIN
"Kritische Rundschau oder Krisensitzung?".
Thomas Martin, in Berlin lebender Autor, befasst sich mit Krisenmeldungen und Formen von Kritik im deutschen Journalismus der Gegenwart.

Di. 7.2., 20 Uhr

Diskussion
"Gesellschaft mit begrenzter Haftung"
Mit MARISTELLA SVAMPA, WOLFGANG ENGLER und FRANZ SCHULTHEIS
"Was ist und wann leben Menschen geschichtlich in einer kritischen Epoche?" Deutungen und Theorien für kritische Geschichtsabschnitte wurden und werden unablässig publiziert, aber wie sieht es mit unserem Krisenbewusstsein aus? -
Maristella Svampa, Soziologin in Buenos Aires und Paris, Wolfgang Engler, Soziologe und Rektor der Schauspielschule "Ernst Busch" in Berlin, und Franz Schultheis, Soziologe in Genf, diskutieren zu Begriff und Formen der Krise heute. Einführung und Übersetzung aus dem Spanischen von Hugo Velarde.

Mi. 8.2., 20 Uhr

Gespräch
Angewandte Kritik“
Mit KATHRIN TIEDEMANN, ANDREAS FANIZADEH und KATJA KIPPING
Moderation HUGO VELARDE, Berlin, Philosoph und Redakteur der Zeitschrift "Gegner"
"Krise und Kritik in der Generationenfolge." Können kulturelle, politische und generationale Brüche als Kommunikationsvorgänge angewandt werden? – Kathrin Tiedemann, Intendantin des Forum Freies Theater in Düsseldorf, Andreas Fanizadeh, Verleger und Journalist in Berlin sowie Katja Kipping, stellvertretende Parteivorsitzende der Linkspartei. PDS versuchen, das Genre Kritik seiner vermeintlichen Selbstbestimmtheit zu entkleiden.

Do. 9.2., 20 Uhr

Gespräch
"Staatsbürgerkunde"
Mit WOLFGANG ENGLER und GUILLAUME PAOLI
Wolfgang Engler, Autor des Buches "Bürger, ohne Arbeit", im Gespräch mit Guillaume Paoli, Publizist und Mitbegründer der "Glücklichen Arbeitslosen". Keine Krise wird heute so oft besprochen wie die der Arbeitsgesellschaft. Obgleich sich die Kritiker über Ursachen und Symptome einig sind, weichen ihre Überwindungsvorstellungen erheblich voneinander ab. Engler plädiert für ein staatlich garantiertes Grundeinkommen für jedermann – die Emanzipation des Bürgers von der Arbeit sei die Vervollkommnung des politischen Ideals der Aufklärung. Hingegen legt Paoli den Akzent auf die Herstellung sozialer Gefüge abseits von Staat und Markt. Allein das Prinzip Gegenseitigkeit sei imstande, mit dem herrschenden Wirtschaftsegoismus zu brechen. Ein Meinungsaustausch über Möglichkeiten und Wege der Neugestaltung.

Fr. 10.2., 20 Uhr

Vortrag und Film
"Sind Sie damit zufrieden?"
Mit ROBERT MISIK, GUILLAUME PAOLI und THOMAS MARTIN
Wie sieht der Themenkomplex Krise und Kritik im Jahr 2006 aus? Auf der Suche nach anregenden Meinungen haben Guillaume Paoli und Thomas Martin namhafte und weniger bekannte Kritiker befragt. Zum Abschluß der Brecht-Tage werden die filmisch festgehaltenen Interviews präsentiert. Es sprechen u.a. Noam Chomsky, Sophie Freud, Richard Sennett, Robert Menasse, Diedrich Diederichsen, Serge Latouche, Bernard Stiegler, Hans-Joachim Maaz, Jean-Pierre Dupuy.

"Zwischen den Katastrophen. Die Intellektuellen und die Utopie". Robert Misik, Autor und Journalist aus Wien berührt eine seltene Charakteristik Intellektueller: schonungslos sich selbst gegenüber und bereit, an die Grenzen der intellektuellen Konsequenz zu gehen. Gibt es sie noch, und wenn ja: Wer wäre heute zu nennen?

Kontaktdaten:
Literaturforum im Brecht-Haus
Marit Gienke
Chausseestraße 125
D-10115 Berlin-Mitte
Email: info@lfbrecht.de
Telefon: 030. 28 22 003
Fax: 030. 282 34 17
Link: www.lfbrecht.de/index.htm

Michal Stachura | 01.02.06 17:05 | Permalink