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Pinter nimmt die Chance größter Publizität und Aufmerksamkeit wahr und rechnet ab

Schon die Entscheidung der Schwedischen Akademie am 13.10.2005, den Literatur-Nobelpreis an den 75jährigen, krebskranken Harold Pinter zu verleihen, hatte eine Menge Kritik an die Oberfläche gebracht.
In der Entscheidung für Pinter hatte offensichtlich auch die Würdigung der gesellschaftlichen Funktion der Literatur, bzw. deren Wahrnehmung durch den Autor, eine Rolle gespielt. Das gerade unter dieser Hinsicht die Wahl Pinters die richtige gewesen sei, wollte dieser in seiner Nobelvorlesung unterstreichen.
In seinen Stücken geht es um Machtkampf und Intrigen, um Dominanz und Unterwerfung, um Verteidigung gegen Manipulation. So überrascht nicht, dass seine Vorlesung eine politische Rede wurde und so überrascht nicht, dass sie gerade deshalb angegriffen wird. Er fordert ein internationales Gerichtsverfahren gegen US-Präsidenten George W. Bush und seinen Verbündeten Premierminister Tony Blair wegen Kriegsverbrechen und Massenmord.

Die Vorlesung kann im Original und in deutscher Übersetzung bereits online nachgelesen werden (http://nobelprize.org/literature/laureates/2005/pinter-lecture-g.html).
Ein schöner Kontrast stellt sich her, wenn man gleich noch die Vorlesung von Günter Grass, die dieser im Dezember 1999 als Literatur-Nobelpreisträger gehalten hatte (http://nobelprize.org/literature/laureates/1999/lecture-g.html), überfliegt.
Grass verpasste seine Chance.
Er sprach erst mal über Literatur im Allgemeinen, dann über sich selbst, stellte sich in die Reihe von „nach Sibirien oder sonstwohin verwünschte [n] Schriftsteller [n]“, die „den Zustand des permanenten Umstrittenseins als belebend empfinden“.
Grass folgte seiner Partei, der SPD, er gehörte zu den Befürwortern des Krieges gegen Jugoslawien, der im März 1999 unter deutscher Beteiligung begann. Deutschland befand sich nun wieder im Kreis kriegsführender Nationen. Um Grass zu beschreiben, können wir aus seiner eigenen Rede zitieren: „Er hält das Fernglas verkehrt herum.“

david | 09.12.05 21:45 | Permalink

Kommentare

Schön das der ostblog jetzt auch solche Themen aufgreift

Verfasst von: Dirty Harry | 09.12.05 23:54

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