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Ikone Lula und die Korruption:"Verzeiht uns!"

Von Praktiken angeblich nichts gewußt
--Klaus Hart, Rio de Janeiro--
Nach neuen gravierenden Enthüllungen über Abgeordnetenbestechung, Mittelabzweigung und Machtmißbrauch hat Brasiliens Staatschef Lula am Freitag in einer Fernsehrede die Nation um Verheihung gebeten. Gleichzeitig stritt er ab, über illegale Machenschaften engster, teils bereits entlassener Mitarbeiter sowie persönlicher Freunde informiert gewesen zu sein, mit denen er noch vor kurzem engsten Kontakt pflegte.

"Ich fühle mich durch inakzeptable Praktiken verraten, von denen ich niemals gewußt habe", beteuerte der Staatschef. Er sei wie jeder andere Brasilianer empört und entrüstet über die täglich neuen Enthüllungen, die das ganze Land schockierten. "Ich schäme mich nicht, dem brasilianischen Volk zu sagen, daß wir, die Arbeiterpartei und die Regierung, jetzt um Verzeihung bitten müssen." Die Brasilianer sollten angesichts der unbefriedigenden Lage dennoch nicht die Hoffnung aufgeben.
Anders als von der Öffentlichkeit erwartet, nahm Lula jedoch nicht konkret zu neuesten sensationellen Aussagen seines Werbemanagers Duda Mendonca Stellung, wonach auch die Präsidentschaftswahlkampagne von 2002 aus schwarzen Kassen und sogar über illegale Transaktionen aus dem Ausland, darunter über Banken auf den Bahamas, finanziert worden sei. Der sehr vermögende, zwielichtige Werbe-Unternehmer Mendonca hatte bisher rechtsgerichteten Politikern wie Paulo Maluf in Sao Paulo Wahlkampagnen geführt, bis ihn Lula engagierte. Mendonca formuliert Lulas Reden mit, baut u.a. jene populistischen Gags ein, die beim Wahlvolk ankommen sollen. Dem Vernehmen nach hatte ihm der Manager jetzt geraten, sich derzeit bei öffentlichen Kundgebungen auf die relativ schlecht informierte, kaum politisierte Unterschicht zu konzentrieren, da er vor Studenten, Intellektuellen und anderen Angehörigen der gebildeten Mittelschicht gnadenlos ausgepfiffen bzw. ausgebuht würde.
Überraschend hatte Mendonca vor einem parlamentarischen Untersuchungsauschuß in Brasilia eingeräumt, auf illegalem Wege Millionensummen vor der Arbeiterpartei Lulas erhalten zu haben und in ein System der Geldwäsche eingebunden worden zu sein. Nach Ansicht der Opposition wird damit Lulas Vize, der Milliardär und Großunternehmer Josè Alencar ebenfalls schwer belastet, da beide Politiker ihre Wahlkampagne gemeinsam geführt hatten. Gemäß neuesten Meinungsumfragen sind bereits fast dreißig Prozent der Brasilianer für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatschef, für rund achtzig Prozent trägt Lula Verantwortung für die Korruptionsfälle. Bei Neuwahlen würde Lula gegen den derzeitigen Bürgermeister Sao Paulos, Josè Serra von der Sozialdemokratischen Partei Brasiliens(PSDB) unterliegen.
Zahlreiche Kongreßpolitiker nennen ein Impeachmentverfahren jetzt unausweichlich. Lula sei nicht bereit, sich den Fakten zu stellen.
Selbst Politiker der Arbeiterpartei PT bezeichneten Lulas Fernsehrede als außerordentlich schwach, inhaltsleer und keineswegs ausreichend, der Staatschef müsse erneut vor die Kameras treten.
Als Mendonca das illegale System der Geldtransaktionen enthüllte, brachen anwesende PT-Parlamentarier in Tränen aus. Wie es hieß, weinte auch Lula vor dem Palast-Fernseher.
Die brasilianische Bischofskonferenz(CNBB) hatte den Staatschef ebenfalls nach den neuesten Enthüllungen gedrängt, der Nation die Hintergründe des Skandals offenzulegen. Vermutlich sei im Zuge der dreimonatigen Ermittlungen durch parlamentarische Untersuchungsauschüsse und die Bundespolizei jedoch nicht einmal die Hälfte des bislang Verschwiegenen an die Öffentlichkeit gekommen. Hauptopfer der derzeitigen politischen Krise sei die Bevölkerungsmehrheit der armen Brasilianer.
Für Brasiliens Komikprogramme und Karikaturisten sind Lula und der Korruptionsskandal derzeit das gefundene Fressen – für sein Beharren, von den im Präsidentenpalast geplanten und koordinierten Machenschaften nichts gewußt zu haben, erntet er permanent Hohn und Spott.

Klaus | 12.08.05 20:48 | Permalink