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Lulas "pure Scheinheiligkeit"

Protest-Rocksong gegen Politiker:"Hurensohn, Bandit, Korrupter,Dieb"
--von Klaus Hart, Rio de Janeiro--
Brasiliens Staatspräsident Luis Inacio Lula da Silva hat gegenüber der katholischen Kirche eingeräumt, daß seine Regierung wegen der jüngsten Enthüllungen über Abgeordnetenbestechung, Mittelabzweigung und Machtmißbrauch ebenso wie das ganze Land von einer politischen Krise heimgesucht worden sei.

In einer Botschaft an die 43. Generalversammlung der Bischofskonferenz in Itaici bei Sao Paulo betonte Lula, er sei sich der gravierenden Lage wohl bewußt, die Krise mache ihn traurig. Alle begangenen Fehler und Vergehen müßten aufgeklärt, die Schuldigen schonungslos bestraft werden. Korruption im Staatsapparat müsse man scharf bekämpfen. Nur so könne das Land zum normalen Leben zurückkehren und sich vorwärtsentwickeln. Der Staatschef wies zugleich Vorwürfe zurück, derzeit überall in Brasilien propagandistische Kundgebungen abzuhalten. Vielmehr wolle die Regierung der Gesellschaft signalisieren, daß das Land im Wachsen begriffen sei. "Ich werde auch weiterhin durch Brasilien reisen, unser Volk aufmuntern und Regierungsprojekte als Sieg unserer Menschen feiern."
Lula verwies besonders auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, zudem erhielten bereits siebeneinhalb Millionen arme Familien eine Sozialhilfe. Er sicherte außerdem zu, sich mit den ethischen Werten des Evangeliums zu indentifizieren. Seine Regierung werde keinerlei Initiativen ergreifen, die christlichen Prinzipien widersprächen. "Gott war stets an meiner Seite."
Laut brasilianischen Presseberichten wurde Lulas Botschaft von der Generalversammlung teils mit heftiger Kritik aufgenommen. Rio de Janeiros deutschstämmiger Kardinal Eusebio Scheid sprach von "purer Scheinheiligkeit". Der ebenfalls deutschstämmige Generalsekretär der Bischofskonferenz, Odilo Scherer, meinte, Lulas Worte entsprächen nicht der Realität. Gemäß Kardinal Claudio Hummes aus Sao Paulo verliert die Bevölkerung das Vertrauen in die Institutionen. Andere Bischöfe empfahlen dem Staatschef, endlich zu regieren, anstatt nur herumzureisen und Reden zu halten. Die Brasilianer seien derzeit desorientiert, enttäuscht und mutlos.
--„kindische Fehler“—
Auf der bis zum 17. August dauernden Generalversammlung wird vorrangig eine von Experten der Bischofskonferenz erarbeitete Analyse der Regierungspolitik debattiert. In dem Papier wird konstatiert, daß aufgrund der Enthüllungen über Korruption die "politische Basis der Regierungfähigkeit zerfallen ist". Die Beweise für aktive Korruption durch Führungsleute aus Lulas Arbeiterpartei hätten zu allgemeiner Erschütterung geführt. "Was niemals hätte geschehen dürfen, ist nun doch geschehen." Die Arbeiterpartei sei über Korruptionsfällen ausgerutscht, habe teilweise kindische Fehler begangen und nach Lulas Wahl genau jene Machtspiele betrieben, die sie früher stets heftig verurteilt habe.
Der Präsident des Abgeordnetenhauses in Brasilia, Severino Cavalcanti, hat unterdessen zwei Antrage auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Staatschef Lula abgelehnt. Die Argumente für ein Impeachment seien zu allgemein, erklärte der zu einer Rechtspartei zählende Politiker.
In Brasiliens Öffentlichkeit herrscht weitgehend Übereinstimmung, daß Lula über das feingestrickte System der Korruption zumindest informiert war. Kongreßabgeordnete, die wegen Kritik an Lula und dessen engsten Gefolgsleuten bereits 2003 aus der Arbeiterpartei ausgeschlossen worden waren, stellen indessen immer wieder klar, daß der Staatschef direkte Verantwortung für alle Verfehlungen trägt.
Derzeit befassen sich parlamentarische Untersuchungsausschüsse vor allem mit zwielichtigen Besitzern großer Werbefirmen, die von der Regierung und der Arbeiterpartei auch für dubiose Zwecke, darunter die Übergabe von Geldkoffern an Politiker, angeheuert worden waren.
Unter Lula wurde die meist vom Steuerzahler finanzierte Regierungspropaganda stark ausgeweitet – in TV, Radio und Zeitungen sowie überall im Straßenbild und selbst in den U-Bahn-Stationen der Millionenstädte wurde aufwendig Politwerbung placiert.
--„Hurensohn, Bandit“—
Brasiliens populärste Rockgruppe, die „Titàs“, haben den in die Korruptionsskandale verwickelten Politikern jetzt einen Song mit dem einprägsamen Refrain „Hurensohn, Bandit, Korrupter, Dieb“ gewidmet und den Titel in Rio de Janeiro erstmals bei einem Konzert vorgestellt. Der Band zufolge richtet sich der Song zudem generell gegen die chronische Korruption, von der das Land seit Jahrzehnten heimgesucht und bei der jedermann zum Komplizen gemacht werde.

Klaus | 11.08.05 23:47 | Permalink