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Gegen westliche Deviationen und die Sünde von Sodom

- von Michal Stachura aus Warschau -

Die durch den erzkonservativen homophoben Stadtpräsidenten Lech Kaczynski verbotene "Parade der Gleichberechtigung" konnte gestern doch durch die Hauptstadt Polens ziehen. Die Veranstalter überraschte die hohe Beteiligung aus dem Ausland und die Teilnahme vieler heterosexueller Polen, die den Verfassungsbrecher Kaczynski an das Recht auf Meinungsfreiheit erinnern wollten.

Die "grossen Helden" der einstigen Demokratiebewegung aus der Solidarnosc-Gewerkschaft mutieren in ihren Ansichten über Demokratie und Rechtsstaat zu lateinamerikanische Diktatoren. Am vergangenen Freitag verbot der national-konservative Stadtpräsident von Warschau Lech Kaczynski endgültig, wie auch im vergangenen Jahr, den Demoumzug der durch Schwule organisierten Protestmarsches gegen Diskriminierungen. Kaczynski gibt damit einen Vorgeschmack für sein Rechtsverständnis und seine Staatsvisionen. Nach einer evtl. Machtergreifung bei den Präsidentschaftswahlen im Herbst will er nicht nur Warschau, sondern ganz Polen in einen Kirchenstaat verwandeln.

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Mlodziez Wszechpolska und die NOP kämpfen mit Euro-Sodom ("Weg mit der schamlosen homosexuellen Propaganda"; "Jaruga, Szyszkowska, Sroda - Feinde der Familie und Gesellschaft"
Fot. Alle Fotos von Michal Stachura

Formell wurde der Umzug zu keiner Zeit schriftlich verboten, der Antrag zur Demoanmeldung wurde durch die Stadtverwaltung einfach erst gar nicht bearbeitet. Dann mit unmöglich zu erfüllenden Auflagen zur Verkehrssicherung belegt. Gleichzeitig wurde jedoch im staatlichen und privaten Fernsehesendern der Wahlspot von Lech Kaczynski zur polnischen Präsidentenwahl ausgestrahlt in dem es heisst "wir brauchen Recht und Ordnung und nicht eine Schwulendemo". So wurde das Verbot der Parade - ungewöhnlich für einen Rechtsstaat - auf diese Weise ausgesprochen.

Parallel dazu sendeten katholische Radiosender wie Radio Emaus und Radio Józef Werbesongs gegen Homosexuelle ("Homosexualität ist heilbar, auch Du kannst heterosexuell werden") aus. Der homophobe Song wurde durch die katho-faschistoide Zeitschrift "Fronda" vorbereitet, die auch an der Organisierung einer Demo gegen Pädophilie massgeblich beteiligt war.

Auf Anfrage der Ostblog-Redaktion rechtfertigte der Chefredakteur von "Fronda" Grzegorz Gorny seine Demo wie folgt: "nach den von "Fronda" durchgeführten Berechnungen ist die Zahl der Homosexuellen in der polnischen Gesellschaft deckungsgleich mit der Zahl der aufgedeckten Fälle von Kindesmissbrauch. Deshalb besteht eine Verbindung zwischen beiden Sünden".

Mit wenigen Ausnahmen beteiligten sich die meisten großen Tages- und Wochenzeitungen in Polen wie "Rzeczpospolita", seit Tagen an der Diffamierung und der Kriminalisierung der Paradeteilnehmer. "Rzeczpospolita" stellte sogar die Frage, ob die "Parade der Gleichberechtigung" nicht gegen die Verfassung verstößt, indem sie die Menschenrechte der Heterosexuellen verletzt. Desweiteren brachte die Zeitung eine evtl. Beleidigung der Widerstandskämfer des letzten Weltkriges ins Spiel, da ein Denkmal von Stanislaw Grot-Rowecki einem der Führer des Warschauer Aufstandes von 1944 am gleichen Tag enthüllt wurde. Nach Auslegung der Zeitung haben diese Aufständischen nicht um die Freiheit der Schwulen gekämpft.

Ausser der von "Fronda" mitveranstalteten "Demo gegen moralische Depravation und Pädophilie" zu der nur ca. 50 Personen kamen beteiligten sich mehrere offene Nazis an einer Demo der "Mlodziez Wszechpolska" und "Narodowe Odrodzenie Polski" vor dem polnischen Parlamentsgebäude und bewarfen die Schwulen und Heterosexuellen auf der anderen Starssenseite mit Eiern und Steinen. Die Polizei griff jedoch nicht ein. Erst an der Abschlusskundgebung wurden einige Personen verhaftet. Zuvor beteiligten sich dieselben Steienwerfer an Sitzblokaden. Aber auch dort trug man sie lediglich von der Strasse und liess sie weiter seitlich des Parade-Umzugs mitmarschieren.

Kaczynski wollte auf der latenten Schwulenfeindlichkeit vieler Polen neue Wähler sammmeln. Doch die Rechnung ging nicht auf. Viele bislang unbeteiligte Menschcen wurden der ständigen Rechtsbrüche der "Ente" wie der Stadtpräsident wegen seinem Namen genannt wird überdrüssig und kamen zur Demo.

Andere grinsten aus, an der Demoroute liegenden, Häuser-Fenstern und belächelten die Demoteilnehmer. Schwul sein in Polen ist immer noch ein Tabuthema. Das die Demo überhaupt auf die Strasse konnte grenzt an ein Wunder und ist dem internationalen Druck zu verdanken. Obwohl die Demo verboten war konnte sie dennoch durch die Stradt marschieren. Inoffiziell hat die ostblog-Redaktion erfahren, das die Polizei entgegen dem Demo-Verbot des Stadtpräsidentn Kaczynski, direkten Einsatzbefehl vom Minsiter für Inneres und Verwaltung zum Schutz der Demo und Verkehrsicherung erhalten hat. Die Polizei ist dem Minsiterium unterstellt.

An der illegalen Demo nahmen unter anderem Izabela Jaruga-Nowacka (Vize-Premierinisterin Polens), der Regiseur Kazimierz Kutz, der Abgeordnete Tomasz Nalecz sowie Claudia Roth und Volker Beck vom Deutschen Bundestag teil, die ein Grusswort an die Schwulen - unter die nur wenige Meter entfernten jaulenden polnischen Nazis - richteten.

Weiterführende Links (leider nur polnisch):
http://www.kaczynskimamalegofiutka.org/

Mehr Fotos:

http://www.foto2.obin.org/parada-aparat-1

http://www.foto2.obin.org/parada-aparat-2

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"Pedalieren Verboten" - Mlodziez Wszechpolska und Narodowe Odrodzenie Polski am Denkmal der Polnischen Soldaten im II. Weltkrieg (im Hintergrund die Aufschrift "Gott, Ehre, Vaterland")


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"Hier ist POLEN. Baut keine Euro-Sodoma auf"


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Tomasz Baczkowski (links), der Organisator der Parade im Gespräch mit der Vize-Premierministerin Izabela Jaruga-Nowacka während der Demo


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Seltene Eintracht: T. Nalecz und C. Roth mit der Antifaschistischen Aktion Berlin (im Hintergrund) zusammen gegen den selben Feind


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"1933 hat auch Hitler Schwulen verboten sich zu treffen ... danach ermordete er sie in Dachau"


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"Schwule sind keine Pädophile." Solidarität aus Berlin


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"40% der Pädophilen sind schwul" - Sitzblokade der Mlodziez Wszechpolska in der ulica Nowy Swiat


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... und ihre Räumung


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"Es ist ein Skandal. Die Demo ist illegal" - "Fronda" Mitarbieter Michal Jezewski ruft aus Protest seine Oma an


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Verdi Arbeistkreis ver.queer spendierte aus Solidarität den Lautsprecherwagen


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Der Kampf gegen die Sünde - "aufrechte" Bürger Warschaus protestieren gegen die Schwulen

Michal Stachura | 12.06.05 08:48 | Permalink

Kommentare

Vielleicht hat es ja bald ein End emit den Enterichen ...
ulli
http://ondamaris.blogspot.com

Verfasst von: Ulli | 02.10.06 11:14

ich danke euch für den Beitrag

Verfasst von: tomek | 27.06.07 09:12

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