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Babylon Gipfel zu Ende - Polen bekommt Appetit auf Weissrussland

- von Michal Stachura aus Warschau -

Als Präsident Alexander Kwasniewski am Dienstag Morgen den Gipfel des Europa Rates für beendet erklärte atmeten viele WarschauerInnen auf. Während des Gipfels wurden großräumig zahlreiche Straßen gesperrt, was zu Einschränkungen im privat und öffentlichen Verkehr führte. Nach der Verabschiedung der "Warschauer Erklärung" wurde die Ratspräsidentschaft von Polen an Portugal übergeben. Der Gipfel hat gezeigt das Europas und insbesondere Polens Appetit auf Weissrussland gestiegen ist.

Die 46 Staats- und Regierungschefs bekunden in der "Warchauer Erklärung" unter anderem "den weiteren Aufbau Europas ohne Grenzen" und ausserten die Hoffung auf eine baldige Ratsmitgliedschaft Weissrusslands.

Die letzte thematische Debatte betraff die zukünftige Architektur Europas. Man wollte damit anscheinend Befürchtungen ausräumen, dass durch die neue aktive Ostpolitik der EU die Organisation für Zusammenarbeit und Sicherheit in Europa (OSCE) ihrer Geschäftsgrundlage beraubt werden konnte. In seiner Abschlusserklärung zog Kwasniewski parallelen zu dem biblischen Turm von Babel: "die neuerrichtete Konstruktion gibt bereits jetzt Grund zur Hoffnung, dass sie stabil und hübsch sein wird". Wichtig sei aber, dass die Architekten eine gemeinsame Sprache und einen gemeinsamen Plan haben sprach er weiter.

Damit spielte Kwasniewski auf die aktive Rolle Polens im Kontext eines osteuropaischen Agenda-Settings in der EU Politik an. Polen versucht sich seit der aktiven Unterstützung der Opposition in der Ukraine mit Osteuropa-Politik eine Nische in einer gemeinsamen EU-Politik zu erkämpfen.

Unterdessen kritisierte das russische Außenministerium am Dienstag die polnischen Medien fur ihren Versuch eine "Vergiftung der Atmosphare" in den beiderseitigen Beziehungen zu betreiben. Hintergrund für die Medienspekulationen in Polen war das Fernbleiben von Wladimir Putin vom Gipfel, der nur seinen Aussenminister Siergiej Lawrow nach Warschau schickte.

Die aktive Ostpolitik Polens konnte demnach in Missgunst Putins geraten sein, der Polens ostliche Nachbarn zur russischen Einflussphäre zahlt.

In dem selben Kontext stehen wohl auch neuerliche diplomatische Auseinadersetzungen zwischen Polen und Weissrussland. Nach Angaben der Polnischen Presseagentur (PAP) wurde der I Sekretar der Polnischen Botschaft in Minsk Marek Bucko zur "persona non grata" erklart. Dies bestätigte jedoch bislang weder das polnische noch das belarussische Aussenministerium. Bucko war im Rahmen seiner Tatigkeit für Kontakte zur weissrussischen Opposition und der "Vereinigung der Polen in Weissrussland" zuständig. Letztere wird von Minsk als fünfte Kolone betrachtet, die einen Anschluss Weissrusslands bzw. ehemaliger polnischer Gebiete von vor 1945 an Polen betreibt.

Michal Stachura | 18.05.05 20:53 | Permalink