« Immer aufwärts, immer voran | Hauptseite | Banditen-Okay für Brasiliens Kulturminister Gilberto Gil »

Großmutter, warum hast du so große Ohren?

Seit 1. Januar 2005 surft nun auch die Staatssicherheit mit einer Flatrate - in unserem (elektronischen) Briefkasten. Internetprovider und Email-Anbieter sind jetzt gesetzlich dazu verpflichtet den deutschen Sicherheitsbehörden eine technische Schnittstelle zu unseren Postfächern zur Verfügung zu stellen. Niemand, außer den Schnüfflern, weiß wann da mitgelesen wird, wer da mitloggt mit wem wir wann kommunizieren.

"Ich hab doch nix zu verbergen
... behaupten an dieser Stelle viele. Auch über diese Aussage sollte man gründlich nachdenken. Letztlich gibt es wohl niemanden, der oder die von sich ernsthaft behaupten kann, es gäbe nichts, was eigentlich niemand oder zumindest nur bestimmte ausgesuchte Menschen über die eigene Person erfahren sollen. Was dieser lohnende Selbsttest gefühlsmäßig zeigt, lässt sich rechtlich folgendermaßen umschreiben: Zur Würde eines Menschen zählt insbesondere auch das Selbstbestimmungsrecht. Tritt nun aber der Fall ein, dass der oder die BürgerIn weiß, dass ein Großteil der eigenen Verhaltensweisen dem Staat bekannt werden wird oder dass zumindest höchst aufschlussreiche Datenbestände irgendwo gespeichert werden, wird dies die Verhaltensweisen der Menschen beeinflussen. Sie werden versuchen, möglichst wenig von der (wie auch immer bestimmten) Norm abzuweichen, um nicht aufzufallen und nicht anzuecken. Durch dieses Vermeidungsverhalten wird das für das demokratische Zusammenleben so wichtige Selbstbestimmungsrecht der Menschen untergraben, das auch im Grundgesetz (GG) (Schutz des Fernmeldegeheimnisses, Artikel 10 GG / Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, Artikel 2 Abs. 1 GG i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG) seinen Niederschlag gefunden hat." (Jan Gehrken "Vorsicht - Staat hört mit")

Nach den Spammern kommen jetzt auch noch die Spitzel. Wird Email zunehmend unbrauchbarer? Vielleicht geben die Kollegen vom CCC heute Abend im Chaosradio eine Antwort auf diese und auf andere Fragen.

Chaosradio 99 auf Fritz, 19.01.2005, 22-1 Uhr

Außer im Radio kann man Chaosradio während der Sendung auch per
Livestream empfangen. Danach liegen die Streams mit einigen Tagen
Verzögerung unter ftp://ftp.ccc.de/chaosradio, oder siehe
http://www.ccc.de/club/ftp

Großmutter, warum hast du so große Ohren?

"Flirten, Lästern, Tratschen. Und niemand hört mit." - so warb 2002 die Bundesregierung um Vertrauen in eine funktionierende Demokratie mit intakten Bürgerrechten. Seit dieser Werbekampagne ist das Fernmeldegeheimnis stark eingeschränkt worden und trotz eines strengen Urteils des Bunderverfassungsgerichtes zum großen Lauschangriff steigen die Zahl der Telefonüberwachung kontinuierlich stark an.

Seit Beginn dieses Jahres hat die Telekommunikationsüberwachung eine neue Dimension: Internet-Provider und E-Mail-Anbieter sind verpflichtet, den Behörden umfangreiche Schnittstellen zum Einblick in die E-Mail-Postfächer zur Verfügung zu stellen. Neben den horrenden Kosten, die letztendlich von den Kunden getragen werden müssen, bedeutet diese Möglichkein einen massiven Angriff auf das Fernmeldegeheimnis.

Chaosradio will mit euch über die neuen Einschränkungen sprechen und Tipps für die sichere Kommunikation geben.

Wir haben für diese Sendung eine Mitmach-Seite eingerichtet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Tim_Pritlove/Chaosradio/99
Hier könnt ihr eure Fragen und Kommentare loswerden.

Fragen und Kommentare zu dieser Sendung bitte an 99@chaosradio.ccc.de,
allgemeine Anfragen bitte an chaosradio@ccc.de

Viel Spaß am Gerät!

A.S.H. | 19.01.05 09:08 | Permalink