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"Demokratischer" Staat und Banditendiktatur in Brasilien

Historiker José Murilo de Carvalho: Organisiertes Verbrechen verhindert Kampf der Slumbewohner um Menschenrechte, eine soziale Explosion - Regierenden und Eliten sehr gelegen

--von Klaus Hart, Rio de Janeiro--

„Wenn die Massen aus den Hügelslums eines Tages zuhauf in unsere besseren Viertel hinabsteigen, um sich zu nehmen, was ihnen am nötigsten fehlt, sind wir geliefert“, lautet eine Standardreflexion von Mittel-und Oberschichtlern der Zehn-Millionen-Stadt am Zuckerhut. Und auch mancher ausländische Tourist, der sich an den Stränden der schicken Viertel Ipanema und Leblon tummelt, in feinen Hotels wohnt, nimmt extreme Sozialkontraste wahr, beobachtet vom Zimmerbalkon aus, daß die Verelendeten da oben in ihren Steilhangkaten dichtgedrängt wie die Ameisen hausen. Und fragt sich, wieso die nicht protestieren und rebellieren, nur einige hundert Meter weiter unten, vor Shoppings, Boutiquen, Freßpalästen eigentlich keine Randale machen, ihre Menschenrechte nicht einfordern, was zu essen haben wollen.

Schließlich ist Brasilien die dreizehnte Wirtschaftsnation der Erde, weltgrößter Fleischexporteur, dazu größte bürgerliche Demokratie Lateinamerikas – doch auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung weit abgeschlagen hinter Kuba.Etwa fünfzig Millionen Brasilianer unterhalb der Armutsgrenze, die hohen Einkommen mehr als das dreißigfache über den niedrigen.

Die Passivität der brasilianischen Slumbewohner erscheint umso unverständlicher, da die Landlosenbewegung MST, auch von deutschen Kirchen und regierungsunabhängigen Organisationen stark unterstützt, der Mitte-Rechts-Regierung von Staatschef Lula kontinuierlich Ärger macht. Beinahe täglich berichten die nationalen Medien ausführlich über Protestdemos, Landbesetzungen, Straßenblockaden – doch in den Städten, wo die große Masse der verarmten, verelendeten Brasilianer meist in Slums haust, die scharfen Sozialkontraste am sichtbarsten, spürbarsten sind, bleibt weiterhin alles ruhig. Befreiungstheologisch orientierte Kardinäle, Bischöfe und Padres der katholischen Kirche begründen dies seit Jahren mit der Diktatur des organisierten Verbrechens über die Slums – der absichtlich zugelassene Banditenterror verhindere perfiderweise politische Aktivitäten, den Kampf für Menschenrechte, mache apathisch. Ganz im Sinne der Autoritäten, Eliten. In der Ersten Welt, und selbst in Brasilien, heute ein internationales Testlaboratorium für neoliberale Politik, hatte sich bislang kaum jemand für diese brisante These interessiert. Lästiges Protestpotential mit Hilfe von Gangstersyndikaten in Schach halten, mündigen Bürgern auf diese Weise die Zivilcourage abgewöhnen– geht das, taugt das gar zur Nachahmung?

Jetzt hat erstmals ein renommierter Historiker aus Rio die These auf einer Wissenschaftlertagung bekräftigt, mit interessanten Argumenten vertieft - und damit erhebliches öffentliches Interesse hervorgerufen. Der 65-jährige Josè Murilo de Carvalho zählt zu den Koryphäen des brasilianischen Geisteslebens, ist Lehrstuhlinhaber an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro, Kollege von Anita Prestes, der Tochter von Olga Benario, und zudem gewähltes Mitglied der ehrwürdigen Dichterakademie des Tropenlandes. In Rios trubeliger City beobachtet, studiert er nicht ohne Sympathie von seinem Kabinett aus, wie Monat für Monat nur einige zehntausend MST-Mitglieder überall in Brasilien mit gezielten Aktionen die Lula-Regierung unter Druck setzen, damit sie die sogar in der Verfassung vorgeschriebene Bodenverteilung vorantreibt. Von Pistoleiros lassen sich die Landlosen nicht einschüchtern. Erst Ende November 2004 richteten Killer der Großgrundbesitzer in einem Landlosencamp des Teilstaates Minas Gerais erneut ein Blutbad an, erschossen fünf Menschen, verwundeten über zwanzig Kinder, Frauen und Männer teilweise schwer. Im Dezember weitere tödliche Attentate.

„Diese Landlosenbewegung“, so Historiker Carvalho, „ist gutorganisiert, sehr effizient, hat enormen Erfolg, da sie die Regierung dazu bringt, endlich die Agrarfrage zu lösen. Doch wie überall in der Welt wird auch unsere Landbevölkerung immer kleiner, ist nur eine Minderheit. Die Masse der sozial Ausgeschlossenen konzentriert sich in den großen Städten – alleine Rio de Janeiro hat über sechshundert Slums, mit 1,5 Millionen Bewohnern – dort steckt schon von der Zahl her ein explosives Potential, nicht in den Agrarregionen. Doch warum organisieren sich diese Massen nicht nach dem Vorbild der Landlosenbewegung – warum kommt es eigentlich nicht zu einer sozialen Explosion, warum explodiert Brasilien nicht?“

Professor Carvalho meint, daß eine Organisation der Slumbewohner, der Arbeitslosen, die beispielsweise die vielen leerstehenden Gebäude und Wohnungen besetzt, natürlich ganz andere gesellschaftliche Wirkungen hätte als die Landlosenbewegung. Die habe zwar immer wieder versucht, ihre Aktionen auf die Städte auszudehnen – doch ohne Erfolg. Carvalho ist regelmäßig im Parallelstaat der Rio-Slums, kennt das strenge, neofeudale Normendiktat der Verbrechersyndikate, hochbewaffneten Banditenmilizen, die sich regelmäßig sogar ganz in der Nähe von Touristenhotels heftige Gefechte liefern. „A noite do poder paralelo“, die Nacht der Parallelmacht, titelt 2004 Rios größte Qualitätszeitung O Globo, zeigt das hellerleuchtete Sheraton-Hotel Rios, den angrenzenden Hangslum Vidigal wegen Banditengefechten dagegen in völlige Dunkelheit gehüllt, die vielbefahrene Avenida Niemeyer blockiert. Und das Fernsehen zeigt mit NATO-Mpis feuernde Vidigal-Gangster – solche Bilder kennt man aus dem Irak, aus Afghanistan, Palästina. Man erinnert sich gut, daß Vidigal-Banditen 14-jährigen Mädchen die Füße durchschossen, die Slumbewohner zusehen mußten. Ein Mann wurde verdächtigt, für die Polizei zu spionieren. Also wird ihm mit einer Zange die Zunge herausgerissen, schneidet man ihm mit einem Messer die Ohren ab. Zunge und Ohren werden auf öffentlichem Platze für jedermann sichtbar an einem Pfahl angenagelt. Ende 2004 werfen im Rio-Slum Chatuba Banditen sogar Handgranaten in eine Freiluft-Massendisco, schießen mit Mpis in die Tanzenden – zwei Tote, sechsundvierzig Verwundete. Die Presse spricht von einer „Ataque narcoterrorista“.

Banditenkommandos verhängen nicht nur in Rio, sondern auch in Sao Paulo, drittgrößte Stadt der Welt, regelmäßig Ausgangssperren, schüchtern die Slumbewohner mit drakonischen Strafen ein, darunter Foltern, Handabhacken, Köpfen, Zerstückeln, lebendig Verbrennen. Der pure, alltägliche Terror. Deshalb lautet Carvalhos Schlußfolgerung: “Die Existenz des organisierten Verbrechens in den Slums blockiert die Politisierung der Bewohner, hält sie ruhig, verhindert eine Rebellion, Protestaktionen jeder Art. Die Gangsterkommandos dienen damit der Aufrechterhaltung von politischer Stabilität im Lande – und das ist den Autoritäten sehr recht, ist gut für sie. Natürlich würden sie das nie eingestehen. Ohne Zweifel gehört zum strategischen Kalkül auch der jetzigen Regierung, daß es wegen der so hilfreichen Gangsterkommandos keine soziale Explosion geben wird – und das ist natürlich reiner Zynismus. Denn die Slumbewohner besitzen ja nicht einmal die elementarsten Bürgerrechte, können sich nicht frei bewegen, haben nicht einmal das Recht auf das eigene Leben, können von verirrten Kugeln getötet werden. Soziale Rechte, wie Arbeit, Gesundheit und Bildung fehlen ebenfalls. Wir haben soviele Gewalttote wie in Bürgerkriegen. Und die Assoziationen der Slumbewohner werden total vom organisierten Verbrechen dominiert. Das Drama der Slum-NGO besteht darin, ohne Zustimmung der Banditenmilizen nicht agieren zu können, mit ihnen verhandeln zu müssen. Und wenn man mit den Gangsterkommandos verhandelt, legitimiert man sie.“

Große Teile von dichtbewohnten Millionenstädten wie Rio de Janeiro oder Sao Paulo wirken nach Einbruch der Dunkelheit wie ausgestorben, weil sich auch in Mittelschichtsvierteln aus Angst vor Kriminellenterror kaum noch jemand auf die Straße traut. Schlecht für Versammlungen, Treffen von Bürgerinitiativen oder progressiven Parteien. Nach neuesten Studien sind zudem 74 Prozent der Brasilianer von über fünfzehn Jahren nicht in der Lage, einen simplen Zeitungs- oder Buchtext zu verstehen – und damit entsprechend leicht zu manipulieren.

Historiker Carvalho weist auf die enormen Truppenkontingente in Großstädten wie Rio. „ Die sind dort keineswegs rein zufällig. Man will vorbereitet sein, falls die Lage doch einmal außer Kontrolle gerät. Denn gäbe es Aktionen nach Art der Landlosenbewegung in den Städten, mit anderthalb Millionen Slumbewohnern alleine in Rio, wäre das zwangsläufig ein Schlag gegen die Stabilität des Systems, müßte man Truppen einsetzen, um die Kontrolle wiederherzustellen.“ Laut Historiker Carvalho wird nichts unternommen, um die Diktatur der Banditenmilizen zu beenden. „Unter Lula wurde ein Städteministerium gegründet, das sich eigentlich dieser Problematik widmen müßte – doch es tat bisher absolut nichts! In den letzten zehn Jahren gab es keinerlei Fortschritte, ich bin enorm pessimistisch.“ Ironisch fügt er hinzu: „Warum wohl, lautet die Frage, werden weder Brasiliens Grenzen noch die Drogenmafia in der Bucht von Rio streng kontrolliert, greifen da die Streitkräfte nicht ein?“

Machteliten und organisiertes Verbrechen

Über die Verbindungen der Machteliten, von Politik und globalisierter Wirtschaft mit dem organisierten Verbrechen gibt es zahlreiche Hinweise. So hausen nach Angaben der aus der Oberschicht stammenden Künstlerin und Menschenrechtsaktivistin Yvonne Bezerra de Mello die obersten Bosse der Verbrechersyndikate natürlich nicht in den Slums. „Die wohnen in den Nobelvierteln.“ Und bereits 1992 hatte der progressive Abgeordnete Carlos Minc konstatiert: “In Rio de Janeiro sind Straftäter und Autoritäten Komplizen – das organisierte Verbrechen, das Drogenkartell herrscht in den Favelas, pflegt enge Beziehungen zur Geschäftswelt, zur Stadtregierung, zu Polizei und Justiz, die daher Straffreiheit walten lassen, die Gesetze nicht anwenden, die Menschenrechte der Bewohner Rios mißachten. “Mincs Analyse wurde von einer parlamentarischen Untersuchungskomission für zahlreiche andere Millionenstädte und große Teile Brasiliens bestätigt. 2002 zeigt eine Unesco-Studie, wie das organisierte Verbrechen in Ländern wie Brasilien in Politik, Administration und Justiz eindringt, in einigen Teilstaaten sogar mit der staatlichen Macht konkurriert. Die Drogenmafia, hieß es, könnte sich ohne Beteiligung des Staates gar nicht halten, selbst wenn diese nur indirekt sei. Und die progressive brasilianische Monatszeitschrift „Caros Amigos“ konstatiert in einer Analyse über die „Schmutzigen Hände“ der Landeselite:“Das Verbrechen hat sich im Herz des Staatsapparates installiert“.

Banditen-Okay für Kulturminister Gilberto Gil

Bezeichnend, wie die Lula-Regierung mit dem Problem umgeht: Im Dezember 2004 weilen Kulturminister Gilberto Gil und Arbeitsminister Ricardo Berzoini zu einer offiziellen Visite in Rios Slumregion „Complexo da Marè“, um Qualifikationsprogramme für Jugendliche vorzustellen. Wie die Qualitätszeitungen berichteten, hatten beide für den Aufenthalt die Erlaubnis der lokalen Gangsterkommandos, verzichteten auf jeglichen Polizeischutz, sogar auf die sonst üblichen Bodyguards. Wie der Soziologe Jailson Silva analysierte, wird in solchen Fällen erschreckenderweise vom Staat anerkannt, daß er selbst die Parallelmacht darstellt, und nicht etwa das organisierte Verbrechen. „Alles eine Konsequenz fehlender Aktionen des Staates in diesen Zonen.“ Paulo Sergio Pinheiro, Experte für Gewaltfragen an der Universität von Sao Paulo zu den Modalitäten der Ministervisite:“Damit ist bestätigt – der brasilianische Staat kontrolliert große Teile seines Territoriums nicht mehr. Um einen Slum des Complexo da Marè betreten zu können, brauchten die Minister für Arbeit und Kultur die Erlaubnis der lokalen Drogenbanditen, sowie die Unterstützung von fünfzehn Sicherheitsleuten, die just von diesen Gangstern ausgesucht worden waren. Es wäre besser, wenn sich der Staat nicht den Kriminellen unterwerfen und vom organisierten Verbrechen jenes Territorium des Terrors zurückerobern würde.“

Tage zuvor weilte Minister Gil in der berühmten, vom Staatskonzern Petrobras gesponserten Sambaschule Mangueira, die gerade einen herben Verlust erlitten hatte: Nach den bisherigen Ermittlungen hatten Mitglieder des im Mangueira-Slum herrschenden Verbrecherkommandos den Vizepräsidenten der Sambaschule, gleichzeitig Chef der Perkussionsgruppe (Bateria), auf barbarische Weise ermordet, weil nicht die von ihnen ausgewählte Tänzerin zur „Königin der Bateria“ bestimmt worden war. Aus Angst vor Repressalien, Racheakten lehnten Mitglieder der Sambaschule, darunter sogar der landesweit berühmte Sänger Jamelao, jegliche Stellungnahme zu dem Fall ab. Umso mehr war von manchen erwartet worden, daß Minister Gil als Repräsentant der Regierung klar Position bezieht, den zunehmenden Druck der Banditenmilizen des organisierten Verbrechens auf die Sambaschulen scharf zurückweist. Doch Gil zog es vor, gegenüber den zahlreichen Journalisten von Presse, Funk und Fernsehen dazu kein einziges Wort zu verlieren. Stattdessen geheuchelte Fröhlichkeit, Sambagetrommel, defilierende Kinder - ein Minister, der Optimismus und Karnevalsvorfreude auszustrahlen sucht. Auch bei dieser Slum-Visite verzichtete der Minister auf jeglichen Begleitschutz.Keine geringere als des Kulturministers Tochter, die bekannte Sängerin und Schauspielerin Preta Gil, hatte 2004 klargestellt: “Es ist aussichtslos – nicht nur die Slums werden von der gutorganisierten Drogenmafia beherrscht. Tudo dominado! Die Polizei ist korrumpiert, die Regierung ist korrumpiert, alle sind doch verwickelt, das ändert sich nie mehr, ist zu tief verwurzelt!“

„Wie die westlichen Regierungen mit der Drogenmafia kooperieren“

Nur charakteristisch für ein Land der Dritten Welt, mit dem die deutsche Regierung eine „strategische Partnerschaft“ pflegt? Keineswegs. Im Münchner Bertelsmann-Verlag veröffentlichte Jürgen Roth im Jahre 2000 ein gut recherchiertes Sachbuch mit dem Titel „Schmutzige Hände – Wie die westlichen Staaten mit der Drogenmafia kooperieren“. Im Pressetext wird auf „Verbrecher mit Parteibuch und Diplomatenpaß“ verwiesen, und daß die organisierte Kriminalität mit höchsten Regierungsstellen kooperiere: “Sie sind unangreifbar, mächtig und einflußreich, sie erpressen Regierungen, die sich wiederum ihrer bedienen – die auswechselbaren Protagonisten weltweit vernetzter krimineller Imperien. Wer wagt überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden, daß politische Entscheidungsträger demokratischer Staatengemeinschaften und mächtige westliche Konzerne genau das fördern, was sie vorgeben, mit aller Härte und Entschlossenheit zu bekämpfen? Sie scheinen – ob bewußt oder unbewußt, sei einmal dahingestellt – offensichtlich mit jenen anscheinend finsteren Kräften zu paktieren, die sie in aller Öffentlichkeit verdammen. Schlimmer noch: Sie gehen enge Allianzen mit mächtigen internationalen Verbrechern ein, ermöglichen ihnen die Anhäufung immenser Reichtümer, verschaffen ihnen Prestige in den staatlichen Institutionen....Warum werden Drogenkartelle und kriminelle Syndikate zur politischen Manövriermasse westlicher demokratischer Regierungen?...Weil in den letzten Jahren kriminelle Strukturen hofiert wurden, konnten sich diese Strukturen in unserem demokratischen System einnisten – insbesondere auch deshalb, weil sich kaum noch Widerstand gegen sie regt. Insofern ist das verbale und publizistische Trommelfeuer um den zu führenden Kampf gegen mafiose Strukturen und das organisierte Verbrechen in Wirklichkeit nicht mehr als eine Verhöhnung derjenigen, die bis heute davon überzeugt waren, genau diesen Kampf im Interesse einer intakten demokratischen Gesellschaft führen zu müssen. Aber die daran glaubten, sterben langsam aus. Sie resignieren. Und lassen sich ohne Gegenwehr die Hände binden, wenn ihre Ermittlungen in die Spitzen der Gesellschaft führen sollten.“

Deutschlands Machteliten zeigten nach dem Anschluß der DDR an die Bundesrepublik überdeutlich, mit welcher kriminellen Energie sie weiterhin vorzugehen bereit sind. Die flächendeckende vorsätzliche Wirtschaftsvernichtung und deren soziale Folgen wurden bereits ausreichend untersucht. Indessen wurde auch ein vergleichsweise kriminalitätsfreies Gebiet absichtlich dem organisierten Verbrechen geöffnet, was die Verbrechens – bzw. Gewaltrate geradezu sprunghaft ansteigen ließ. Westdeutsche machen sich gewöhnlich keinen Begriff, welche einschneidenden, einschränkenden Verhaltensänderungen bei den Ostdeutschen damit einhergingen: Angst vor Gewalttaten, Einschüchterung, Individualismus, hohes Mißtrauen gegenüber Mitmenschen, Selbstbewaffnung. Offener Verkauf lateinamerikanischen Kokains in Straßenbahnen von Halle, Schießereien zwischen Verbrecherbanden auf Bahnsteigen Leipzigs - Resultat jener hofierten kriminellen Strukturen,die nicht nur Jürgen Roth ausführlich analysiert hat.

Klaus | 30.12.04 22:27 | Permalink