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Für eine neue linke Bewegung in Europa

Unter dem Titel "Ein Aufruf an uns selbst - Für eine neue linke Bewegung in Europa" veröffentlicht die neuste Ausgabe der Libertad!-Zeitung "So oder So" (Nr. 13) einen Text aus der migrantischen Linken.
Linke aus der Türkei und Kurdistan diskutieren seit längerem einen politischen Neubeginn. Im Herbst diesen Jahres wollen sie als migrantisches Netzwerk an die Öffentlichkeit gehen, auch um sich in die sozialen und politischen Kämpfe in den Mehrheitsgesellschaften einzubringen, in denen sie leben.

Aus den einleitenden Worten:

Ein Aufruf an uns selbst
Für eine neue linke Bewegung in Europa

[ aus: So oder So - Die Libertad!-Zeitung Nr. 13 /Frühjahr 2004 ]

Die migrantische Linke ist mehr als das, was sich in den letzten Jahren innerhalb der deutschen Linken und interessierter Öffentlichkeiten Gehör verschafft hat. Es gibt ?schweigend?-diskutierende migrantische Netzwerke, die sich noch nicht im Rahmen der deutschsprachigen Linken ausdrücken.
Der folgende Aufruf ist ein vorläufiges Ergebnis eines solchen Diskussionsprozesses; einer langen Diskussion unter Personen und Netzwerken, die teilweise aus den verschiedenen Strömungen der Exil-Linken aus der Türkei stammen und zum Teil erst in den europäischen Ländern von Österreich bis Deutschland, von Schweden bis Frankreich politisch aktiv wurden. Sie alle eint die Überzeugung, dass die historische Phase der traditionellen Organisationsformen der türkisch-kurdischen Exil-Linken abgeschlossen ist. Sie sehen es als dringende Aufgabe an, einen Diskussions- und Aktionszusammenhang mit direktem Bezug zu den sozialen und politischen Kämpfen in den europäischen Ländern aufzubauen. Ein Kollektiv, das sich mit den radikalen Linken der Mehrheitsgesellschaften in den Kämpfen gegen Kapitalismus, Sexismus und Rassismus in Einheit weiß, kann diese Kämpfe durch nationalstaatskritische und antirassistische Momente der migrantischen Realität bereichern. Es wird darüber hinaus eine Stimme des Kampfes um die Rechte der Migrantinnen und Migranten sein, wobei wir die Flüchtlinge ? ihrer spezifischen Problemlagen wohl bewusst ? auch unter diesem Begriff fassen. Nicht zuletzt ist ein derartiger Aktions- und Diskussionszusammenhang inzwischen eine Vorbedingung, um die Hegemonie neoliberaler, islamistisch-konservativer und faschistischer Ideologien und Organisationen innerhalb der migrantischen communities zurückdrängen zu können.

Nach europaweiten Treffen planen wir für den Herbst 2004 einen Kongress, auf dem wir mit einem Manifest an die Öffentlichkeit treten wollen. Eine Zeitschrift soll als europaweite Stimme der Aktionen und als Forum für Debatten dienen. Bis dahin haben wir, der Kern der Initiatoren, uns den provisorischen Namen ?Sol Yol? (Linker Weg) gegeben. Wir folgen keiner festgelegten theoretischen Schule und politischen Linie, unser Ausgangspunkt ist vielmehr die gemeinsame Suche auf der Grundlage der historischen Vielfalt kritischer Theorie und Praxis. Möge der Sprung gelingen: Es wäre die erste linke Organisation, die in Europa von türkisch- und kurdischsprachigen Menschen aufgebaut wird, die aber weder ihren Ursprung noch ihre Orientierung in der Türkei hätte.

Sol Yol (Linker Weg)

A.S.H. | 22.04.04 11:48 | Permalink