« Westdeutsche Sprachokkupation | Hauptseite | Kinderarmut in Ostdeutschland »

Attac zu Klagen der Musikindustrie

PRESSEMITTEILUNG

* Attac-AG verurteilt Klagen der Musikindustrie
* Pauschalgebühren als Alternative zur Kriminalisierung

Berlin, 1.4.2004. Die AG Wissensallmende des globalisierungskritischen Netzwerks Attac verurteilt die Klagen der deutschen Musikindustrie
gegen Nutzer von Internet-Tauschbörsen und schließt sich dem
Boykottaufruf des Chaos-Computer-Clubs (CCC, Hamburg) gegen die
Musikindustrie an. Um dennoch die KünstlerInnen in der digitalen Welt für ihre Tätigkeit angemessen entlohnen zu können, schlägt Attac die Ausweitung des bestehenden Systems von Pauschalgebühren vor.

Am 30. März 2004 erklärte die deutsche Sektion des Industrieverbandes IFPI, Strafanzeige gegen 68 NutzerInnen von sog. P2P-Netzwerken, also Internet-Tauschbörsen erstattet zu haben, deren einziges "Vergehen"
darin bestand, Musikdateien für private, nichtkommerzielle Zwecke getauscht zu haben. Wie die IFPI weiterhin erklärte, müssen diese User mit einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme ihres Computers rechnen,
der vermutlich später eingezogen wird. Die anschließenden
Zivilprozesse können - je nachdem, was die Polizei noch so in den Rechnern findet - einschließlich der Anwalts- und Gerichtskosten eine sechsstellige Höhe erreichen und damit die bürgerliche Existenz dieser User vernichten.

"Normale Bürger werden wie Verbrecher behandelt", empört sich Oliver
Moldenhauer von der Attac AG Wissensallmende und freier
Informationsfluss. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass P2P
Netzwerke zum privaten, nichtkommerziellen Austausch von Millionen Menschen allein in der Bundesrepublik genutzt werden. Ursprünglich
sollte das Urheberrecht als ausgleichende Kraft zwischen den
Interessen der Urhebern und der Öffentlichkeit wirken. Diese Balance
ist durch die zahlreichen Gesetzesverschärfungen der letzten
Jahrzehnte völlig verloren gegangen. Die Rechte der KonsumentInnen wurden durch zahlreiche neue Gesetze und Richtlinien immer stärker eingeschränkt.

Diese Einseitigkeit bewirkt auch, dass das Urheberrecht in der jetzigen Form von der Bevölkerung nicht akzeptiert wird. Wer es
dennoch durchsetzen will, muss große Teile der Bevölkerung
kriminalisieren und als Verbrechern behandeln.

Die Attac-AG schließt sich dem Boykottaufruf des Chaos-Computer-Clubs an. "Wer seine eigenen Kunden kriminalisiert und mit Strafverfahren überzieht, kann nicht erwarten, dass seine Produkte auch noch gekauft werden," sagt Oliver Moldenhauer. Dieser Boykottaufruf bezieht sich auf alle Mitgliederfirmen der deutschen Sektion der IFPI (http://www.ifpi.de/liste/index.shtml ).

Die AG "Wissensallmende - Freier Informationsfluss" ist sich der
Notwendigkeit bewusst, dass Künstlerinnen und Künstler auch im
digitalen Zeitalter angemessen für ihre Tätigkeit entlohnt werden müssen. Jedoch ist eine Kriminalisierung großer Teile der Bevölkerung der völlig falsche Weg, auf dem letztendlich alle verlieren werden.

Eine bessere Möglichkeit bestünde darin, das in der Bundesrepublik
bestehende System von Pauschalabgaben auszuweiten und dafür im
Gegenzug Privatkopien und das Tauschen von Inhalten über das Internet zu gestatten. Mit dem zusätzlich eingenommenen Geld könnten die KünstlerInnen für Einkommensausfälle entschädigt werden.

Für Rückfragen: Oliver Moldenhauer, 0163/3071523

www.attac.de/wissensallmende
www.ccc.de

A.S.H. | 02.04.04 14:37 | Permalink