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OLYMPIA 2024 IN BERLIN VERHINDERN!

Quelle: http://olympiaverhindern.blogsport.de/

Der Berliner Senat und dessen Freund*innen aus dem Unterhaltungsbusiness (Sport, Kultur, etc.), der Boulevardpresse sowie der Immobilienbranche haben sich entschlossen die Olympiade 2024 nach Berlin zu holen. Am 21. März 2015 wird der Deutsche Olympische Sport Bund (DOSB) darüber entscheiden, ob Hamburg oder Berlin für Deutschland ins Rennen gehen, im Jahr 2017 wird dann das Internationale Olympische Komitee (IOC) über die Vergabe entscheiden.

Die 45-seitige Interessensbekundung des Senats verpricht den Berliner*innen und den DOSB-Verantwortlichen das Paradies auf Erden: die Spiele würden nachhaltig werden, die Bürger*innen beteiligt, die finanzielle Last transparent und überschaubar, sozial werde das Spektakel auch und – der Titel sagts ja schon – Berlin sei ja schon heute die Stadt der fallenden Grenzen und Olympia als sportlicher „Wettbewerb der Völker“ passe da hin wie sonst nirgends. Entsprechend ist die Interessensbekundung mit „Die ganze Welt in unserer Stadt“ betitelt.

Mieser Zynismus
Gerade ein solcher Titel ist an Zynismus schwer zu überbieten. Denn der für Olympia maßgeblich verantwortliche Sport-Senator Frank Henkel zeigt in seiner Funktion als Innensenator migrationspolitisch allzu deutlich, was er unter Gastfreundschaft versteht. Ausgerechnet im aktuellen Jahr 2014 ließ er durch menschenverachtende Polizeieinsätze zwei zentrale Orte der bundesweiten Geflüchteten-Bewegung zerschlagen und ist damit verantwortlich für die Obdachlosigkeit hunderter Menschen in dieser Stadt. Kein einziges Mal war er bereit direkt mit Vertreter*innen der Menschenrechtsaktivist*innen zu sprechen und zeigt sich – repräsentativ für den Berliner Senat – zufrieden mit der tödlichen Abschottung der EU-Außengrenzen, mit dem Lagersystem für Geflüchtete in Deutschland, mit Abschiebeknästen und Deportation in Krisengebiete.

Das, was dieser Senat unter „die ganze Welt“ versteht, sind offenbar Unternehmen der Immobilienbranche, Olympia-Sponsoren und zahlungskräftige konsumorientierte Tourist*innen. Während 2013 von letzteren über 11 000 000 in Berlin gezählt und abgefeiert wurden, gelingt es der Politik im Jahr 2014 nicht, prognostizierte 13 000 Geflüchtete anständiger unterzubringen als in schäbigen Lagern oder Containern.

Bei olympischen Spielen geht es zentral um den Leistungsgedanken, bei dem „die Schnellsten und Besten“ der jeweiligen Nationalsstaaten gegeneinander antreten. Es geht um Elite, um Auslese und dabei ist eine Parallele zum kapitalistischen Wettbewerb nicht zufällig: die Profiteure des Weltmarktes sind als Gäste in dieser Stadt willkommen, alle anderen, die Armen, diejenigen, die aus Krisen- und Kriegsregionen flüchten, alle, die nicht dem Bild von „Gewinnern“ entsprechen, sollen draußen bleiben.

Eine Beteiligungs-Farce
Auch was Bürger*innen-Beteiligung betrifft, kann dieser Senat den Berliner*innen wenig vormachen. Gewonnene Entscheide (z.B. gegen Mediaspree 2008 auf Bezirksebene, aktuell in Charlottenburg zu Kleingärten) wurden und werden arrogant übergangen. Dass die Mieten in Berlin rasant steigen liegt genau an jenen, die nun die Olympia-Bewerbung vorantreiben. Ihr Projekt ist eine kapitalistische Stadt, in der die einen Profite mit Immobilien machen und die anderen als Mieter*innen die Rechnung dafür zahlen und immer höhere Anteile des Einkommens für das Wohnen aufgebracht werden müssen. Auf Mieter*innen-Initiativen wird mit leeren Wahlkampf-Versprechen reagiert, während im Alltag gerne mal bis zu 1000 Polizeibeamte (2012 in der Lausitzer Straße) eine Zwangsräumung durchsetzen. So ist es kein Wunder, dass der Senat bezüglich Tempelhof mit seinen Bebauungsplänen grandios gescheitert ist: die Mehrheit der Wähler*innen glaubt diesen Politiker*innen deren soziale Versprechungen nicht mehr. Entsprechend hat der Senat auch zu Olympia nie die Frage an die Berliner*innen gestellt, ob sie dieses Event haben möchten. Nur beim „wie“ sollen die menschen gefälligst ihre Ideen dem Senat via dessen Umfragen zur Verfügung stellen.

Berlin und seine Großprojekte
Dazu kommt, dass Großprojekte – nicht nur in Berlin – generell den Geruch von Prestige-Gehabe, Überstürztheit, Korruption haben. Und dann fast immer ein Vielfaches mehr kosten als vorher behauptet – Beispiele wie das Milliardengrab BER, die Hamburger Elbphilharmonie oder der neue Stuttgarter Hauptbahnhof sind bekannt. International sind gerade olympische Spiele ein Beispiel solcher Großprojekte. Ob die massiven Mietsteigerungen und Umstrukturierungen im Rahmen von Olympia 1992 in Barcelona, die berühmten Bauruinen von Olympia 2004 in Athen oder die Kosten (laut Regierung über 10 Milliarden euro, laut Kritiker*innen das Doppelte) der Olympiade 2012 in London..Aktuell macht Rio de Janeiro (Brasilien) von sich reden, die Proteste rund um die FIFA-WM 2014 richteten sich auch immer gegen die Umbauten, Zwangsumsiedlungen und Preissteigerungen, die diese Stadt als Austragungsort der olympischen Spiele 2016 erfährt. Mit militärischem Gerät wird dort in Armenvierteln vorgegangen, denn das IOC möchte sich in einer Hochglanzmetropole sicher fühlen und die Regierenden möchten die Stadt als Standort von Erfolg und Ordnung vermarkten.

Krasse Ausbeutung, hohe Profite
Dass im Zuge des Stadionbaus der FIFA-WM mehrere Arbeiter*innen sterben mussten, ist indes kein Zufall, sondern kalkulierter Kollateralschaden des Konzeptes: der Profit der Baufirmen, der Immobilienhändler*innen und die Gagen für korrupte Politiker*innen oder Sport-Funktionäre fallen umso üppiger aus, desto effektiver die Arbeitenden ausgebeutet werden. Und kein mensch sollte denken, in Berlin werde da mit anderen Spielregeln gespielt. Aktuelle Proteste nicht bzw. schlecht bezahlter Arbeiter*innen der „Mall of Berlin“ sind nur die Spitze eines Eisbergs, denn gerade die so gehypte Tourismusbranche kann ihre Profite nur auf Basis Stundenlöhnen von teils unter 5 Euro erzielen, oft ohne Absicherung, in der Küche oder dem Roomservice.

Olympia 2024 verhindern!
Die Bewerbung für eine Olympiade in Berlin 2024 unter dem Titel „Die ganze Welt in unserer Stadt“ kann nur als Kampfansage an alle verstanden werden, die hier schon die aktuellen Verhältnisse bekämpfen. Ob ein kapitalistischer Wohnungsmarkt, rassistische Migrationspolitik, paranoider Sicherheits- und Ordnungswahn, weitgehende Kommerzialisierung immer größerer Bereiche der Stadt, repressive Hartz4-Maßnahmen – all dies sind Entwicklungen, gegen die sich viele Menschen auf unterschiedliche Art und Weise organisieren: für eine soziale, solidarische, emanzipatorische Gesellschaft. Wenn wir das wollen, kommen wir nicht darum herum Olympia zu verhindern. Überall.


AUFRUF ZUM STÖREN: OLYMPIA-WERBEVERANSTALTUNG AM 15.12.14
3. Dezember 2014 in Allgemein
*** Treffpunkt: Ab 18:15 am Eingang bzw. gleich drinnen in der sog. „VIP-Lounge“ der Max-Schmeling-Halle. Das Mitbringen von Plakaten, Transparenten, Kreativität und Wut wird herzlich begrüßt! Lasst uns gemeinsam deutlich zum Ausdruck bringen, wie wenig Bock wir auf ihren geplanten Olympia-Scheiß haben! ***

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Bolk | 10.12.14 12:45 | Permalink