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Bekloppteste Frage der Woche

Die bekloppteste Frage der Woche begegnete mir bereits am Montagmorgen, sie konnte im Wochenverlauf nicht mehr getoppt werden. Natürlich hatte ich sie schon unzählige Male in den Wochen vor dem 9. November 2014 gehört, dem Tag des Feierns in Deutschland, nicht des Trauerns. Diesmal hatte sie mich aber so angesprungen.
Die Medien bereiteten die 25. Jahresjubiläen campagnenartig vor. 25 Jahre DDR-Kommunalwahl, 25 Jahre Botschaftsbesetzung Prag, das Toilettenproblem und die Genscher-Worte vom Balkon, 25 Jahre Grenzöffnung Ungarn/Österreich, 25 Jahre Leipziger Demo vom 9. Oktober, 25 Jahre usw.usf. Fernsehen, Radio, Internet und Zeitungen, alles vollgemacht.
Erinnern? Find' ich gut! Nur Was und Wie wird schon so vorgegeben, genau darauf bezogen, kommen so schlechte Erinnerungen hoch. Eine Frage, die sich seit ca. zwei Monaten zur einfachen wirkungsvollen Prüfungsfrage entwickelt, die die Dichotomisierung der unübersichtlichen Welt zuläßt, der einfachen Einteilung in Schwarz und Weiß, der Reduzierung auf „hier Gut – dort Böse“, macht deutlich, mit welchem Zwang Was erinnert werden soll.
Christine Heuer vom Deutschlandfunk arbeitet an der Niveausenkung des Radiosenders und stellte die unter den schlechten Journalisten beliebte Frage, von mir die bekloppte Frage genannt, im morgendlichen Interview am Montag, den 10.11.2014, an Dietmar Bartsch, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag:

Christine Heuer: Sie haben gerade gesagt, Herr Bartsch, Ihre Partei habe sich klar und deutlich mit ihrer Vergangenheit und mit der Vergangenheit der DDR auseinandergesetzt.
Dann frage ich Sie klar und deutlich: War die DDR ein Unrechtsstaat?
...

So kann Frau Heuer auf einfachste Art Freund und Feind unterscheiden. So läßt sich prüfen: Bist du für oder gegen, hast du schon verinnerlicht oder sträubst du dich noch, hast du dich unterworfen und angepaßt oder bedarf es noch Erziehungs- bzw. Strafmaßnahmen und weiterer Indoktrination.

Eigentlich fand ich die Eröffnung des Interviews mit der implementierten Divergenz gar nicht so schlecht, ich dachte dabei z.B. an den Deutschlandfunk selbst:

Christine Heuer: Ein Viertel Jahrhundert Mauerfall und die Grenze in den Köpfen ist immer noch nicht ganz abgerissen …

Dann aber folgte kurz darauf die Frage, ganz im Stil einer hinterhältigen DDR-Staatsbürgerkundelehrerin des Jahres 1979, welche durch einen platten Bekenntniszwang den richtigen oder den falschen „Klassenstandpunkt“ der ihr ausgelieferten jungen Staatsbürger denunzieren möchte.

Läßt sich das Niveau noch weiter unterbieten?
Ja.

Nachtrag am 19.11.2014
Heute erhielten wir eine mail mit dem Hinweis auf einen lesenswerten Artikel in der ak – analyse & kritik. Danke!

david | 16.11.14 20:48 | Permalink