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1. Mai – Nazifrei

Aufmarsch von Neonazis in Wittstock verhindert

Open Air-Gottesdienst und Bierzelt-Seligkeit: Die Antwort der Stadt Wittstock auf den Nazisaufmarsch ist Bockwurst und Blasmusik.
Open Air-Gottesdienst und Bierzelt-Seligkeit: Die Antwort der Stadt Wittstock auf den Nazisaufmarsch ist Bockwurst und Blasmusik.
Am 1. Mai 2012 konnte in Wittstock/Dosse (Brandenburg) ein Naziaufmarsch der so genannten "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" verhindert werden. Etwa 150 Jugendliche errichteten eine Sitzblockade unweit des Bahnhofs an einem Bahnübergang. Durch die sofortige Anmeldung einer Spontankundgebung durch die Bundestagsabgeordneten der Linkspartei Kirsten Tackmann, konnte erreicht werden, dass die Polizei von Anfang an von einer Räumung absah. Gleichzeitig wurde durch Intervention der Linkspartei, eine Straßensperre, die sich in unmittelbarer Nähe der Sitzblockade/Kundgebung befand, von der Polizei geöffnet. So gelangten noch einmal etwa 100 Bürger der Stadt Wittstock direkt zur Blockade. Schon zuvor verhinderte eine andere Blockade sowie eine, von den Jusos angemeldete Kundgebung, dass die Nazis ihre ursprüngliche Route laufen konnten.

Lebeswerte Region Lebenswerte Stadt - das ist das Maximum was die Regierung von Wittstock zu sagen hat
Lebeswerte Region, Lebenswerte Stadt - das ist das Maximum was die Regierung von Wittstock zu sagen hat
Damit durchkreuzten sie den Versuch der CDU und des Wittstocker Bürgermeisters, Sitzblockaden von vornherein zu verhindern. (Der Ostblog berichtete bereits am 28.04.2012). Die Polizei war bemüht, alle Durchgänge der Stadtmauer hermetisch abzusperren. Doch wie sich zeigte, gelang dies nicht vollständig. Mindestens den 150 Blockierern gelang es, den Einsperrversuchen von Stadt und Polizei zu entgehen. Sehr wahrscheinlich waren es noch mehr. Während sich große Teile der Bevölkerung, verschanzt hinter Stadtmauern und bewacht von der Stadtwache, bei belanglosen und inhaltsfreien Stadtfestivitäten, bei Bockwurst, Bier und Platzkonzert amüsierten, sammelten sich am Bahnhof die Nazis.

Und die CDU? Ihre Vorschläge für ein lebenswertes, vielfältiges Wittstock - Hört hört!
Und die CDU? Ihre Vorschläge für ein lebenswertes, vielfältiges Wittstock - Hört hört!
Auf der Eröffnungsrede des Festes gab der Bürgermeister noch einmal unmissverständlich zu verstehen, dass nur jene Bürger von Wittstock gute Bürger seien, die beim Fest wären und sich nicht an Blockaden beteiligen.

Gegen 12.30 Uhr setzt sich die Nazibrut in Bewegung
Gegen 12.30 Uhr setzt sich die Nazibrut in Bewegung
Und so war es nicht verwunderlich, dass die einzige politische Rede nicht auf dem Stadtfest, sondern am Gedenkstein für die Opfer des Faschismus gehalten wurde. Die Wittstocker Kirchen organisierten hier, zusammen mit dem Aktionsbündnis Wittstock eine Gedenkandacht für die Opfer rechter Gewalt, so genanntes stilles Gedenken an Kajrat Batesov, der von rassistischen Jugendlichen am 4. Mai 2002 in Wittstock erschlagen wurde. Die Brandenburger Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Opferperspektive, erinnerte in einer Rede an den vor 10 Jahren erschlagenen Kajrat Batestov. Jugendliche aus der Techno-Szene hatten ihn aus rassistischen Motiven erschlagen.

Hamburger Nazis der Weiße Wölfe Terrorcrew mit einer eindeutigen Botschaft auf dem Transparent: Neben einem maskierten Mann mit Knarre steht: 'Die Schonzeit ist vorbei, Nationaler Sozialismus durchsetzen, mit allen Mtteln … Auf allen Ebenen'
Hamburger Nazis der Weiße Wölfe Terrorcrew mit einer eindeutigen Botschaft auf dem Transparent: Neben einem maskierten Mann mit Knarre steht: 'Die Schonzeit ist vorbei, Nationaler Sozialismus durchsetzen, mit allen Mtteln … Auf allen Ebenen.'
Gegen ca. 12.30 Uhr setzen sich ca. 180 bis 200 Nazis in Bewegung. Eigentlich sollte es in das Wittstocker Neubaugebiet gehen, doch die Nazis kamen gerade mal 200 Meter weit. Nach etwa einer Stunde löste der Versammlungsanmelder die Veranstaltung auf und die Nazis mussten die gleichen 200 Meter wieder zurück zum Bahnhof. Die ohnehin schlechte Laune der Nazis verschlechterte sich Zusehens und es sah zwischenzeitlich auch so aus, als würden sie einen Durchbruch wagen. Eine weiter eilig herbei geführte Polizeieinheit machte klar, dass sie das nicht zulassen werden.

Nazis aus Niedersachsen waren auch dabei.
Nazis aus Niedersachsen waren auch dabei.
Danach gab es einige Unstimmigkeiten bei den Nazis, was sie tun sollen. Letztendlich stieg der größte Teil in den Regionalzug in Richtung Neuruppin-Berlin.

Schnell wurde klar, dass Ihr Ziel das nahegelegene Neuruppin sein würde. Nach Einschätzung der Bewohner des linken Jugendzentrums MittenDrin in Neuruppin, ergab sich daraus für sie ein erhebliches Gefahrenpotential. Deshalb baten sie die örtliche Polizei telefonisch um Schutz. Der Beamte am Telefon soll dies auch zugesichert haben .

Eine Blockade setzt dem Nazispuk schon nach 200 Metern ein Ende
Eine Blockade setzt dem Nazispuk schon nach 200 Metern ein Ende
Als die Nazis dann tatsächlich am Bahnhof Rheinsberger Tor ausstiegen, wurden sie von einer Hundertschaft der Polizei in Empfang genommen. Nach kurzer Zeit gelang es den Nazis jedoch, sich von der Polizei abzusetzen und das MittenDrin mit Flaschen und Steinen anzugreifen. Trotz wiederholten Anrufen bei der Neuruppiner Polizeistelle, leistete diese tatsächlich keinen Polizeischutz.

Antifaschistische Blockadepoliik! Ab jetzt auch in Wittstock
Antifaschistische Blockadepoliik! Ab jetzt auch in Wittstock
So waren die Bewohner im MittenDrin von der Polizei im Stich gelassen, auf sich selbst gestellt und gezwungen, die Nazis allein zu vertreiben. Durch den Angriff der Nazis wurden mehrere Autos vor dem MittenDrin beschädigt, das Gebäude selbst blieb weitgehend verschont. Glücklicherweise wurden weder Personen verletzt, noch Scheiben getroffen.

Etwa 100 Bürger unterstützen die Blockade aktiv. Die Aktionsgruppe Lebenslaute sorgt dabei für den guten Ton.
Etwa 100 Bürger unterstützen die Blockade aktiv. Die Aktionsgruppe Lebenslaute sorgt dabei für den guten Ton.
Somit beweist Wittstock ein weiteres Mal die Wirksamkeit der schon in vielen anderen Städten erfolgreichen Blockadepolitik gegen die Nazis.

Es hilft nichts. Die Nazis müssen die gleichen, armseligen 200 Meter wieder zurück.
Es hilft nichts. Die Nazis müssen die gleichen armseligen 200 Meter wieder zurück.
Die nächste Möglichkeit, sich aktiv an einer antifaschistischen Blockade zu beteiligen, bietet der 12. Mai. An diesem Tag planen die Nazis einen Aufmarsch in Cottbus.

Gegenaktionen werden bereits intensiv vorbereitet.

Neonazis überfallen das linke Jugendzeentrum MittenDrin in Neuruppin, können aber zurück geschlagen werden.
Neonazis überfallen das linke Jugendzeentrum MittenDrin in Neuruppin, können aber zurück geschlagen werden. Quelle: www.inforiot.de

Bolk | 04.05.12 17:45 | Permalink