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13. August – Gehirnwäsche

Jom haShoah, am 27. Nisan. Um 10 Uhr heulen 2 Minuten die Sirenen.
Busse, Autos und Menschen bleiben stehen. 2 Minuten Schweigen. Die Fahnen wehen auf Halbmast. Ein Tag des Gedenkens an Millionen bestialisch Ermordete. In den jüdischen Gemeinden werden die Namen der Ermordeten verlesen.

Das war wohl Inspiration für die PR-Strategen der „Opferverbände“ und ihrer Fürsprecher unter den Parteipolitikern:
Auch Berlin hat unter der Diktatur gelitten. Am 13. August ist der 50. Jahrestag des „Mauerbaus“: Um 12 Uhr werden für mehrere Minuten die Kirchenglocken in der ganzen Stadt läuten. Die Berliner und alle Menschen in Deutschland sollen innehalten, sich an einer Schweigeminute beteiligen. Die U-Bahnen und Busse sollen „etwa drei Minuten stehen bleiben“. Die Fahnen werden auf Halbmast wehen. Ein Tag des Gedenkens an die „Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft“. Es ist Gedenktag für 136 Opfer innerhalb von 28 Jahren am „Todesstreifen“ in Berlin. In einer „Kapelle der Versöhnung“ werden die Biographien der Todesopfer verlesen.

Warum denke ich bei „Todesstreifen“ an KZ, den anderen fällt aber nur „innerdeutsche Grenze“ ein? Na ja, das ist nur eine rhetorische Frage!
Hier geht’s ums Symbolische, im Dienste der Ideologie, das muß in die Köpfe:

„Tausende von Fotos der Berliner Mauer [stehen] für die »DDR als Zuchthaus- bzw. KZ-Staat«.“ (1 / 2)

Entlastung war und ist doch etwas Wunderbares.

Die Rede von der DDR als KZ-Staat hat eine jahrzehntelange Tradition in der Bundesrepublik Deutschland:

In der Fachbibliothek der BStU steht zur Orientierung:
Der KZ-Staat: die Zonenstrafanstalten nach dem 13. August 1961 / Bundessekretariat der Jungsozialisten. – Bonn, [1962]. – 24 S. – (Schriftenreihe der Jungsozialisten; 3/62)

Willi Brandt sprach in seiner Rede vom 13. August 1961 von den Konzentrationslagern in der DDR, Konrad Adenauer erwähnte sie schon in den 50ern und Helmut Kohl 35 Jahre später immer noch.

Für gewollte Assoziationsketten sorgen selbst kleine Handlungen, die zum Selbstläufer werden: Für die "DDR-KZ-Staat-Opfer" wird in der „Gedenkstätte Berliner Mauer“ seit diesem Jahr auch der jüdische Brauch, auf Grabsteinen kleine Steine abzulegen, kultiviert. Dazu wird das „Fenster des Gedenkens“ genutzt, nach Vorstellung der Gedenkstättenstiftung, der „Ort des individuellen Gedenkens an die Toten der Mauer“. (Die offenbar ursprünglich plan abschließenden Fotos hatte man hier noch einmal deutlicher eingerückt.) „»Wir haben nichts gegen diese, für uns neue, Kultur der Trauer und Anteilnahme«, erklärt Peter Brender von der Gedenkstätte.“
Ja, das kann ich verstehen.

Vor 2 Monaten, im Juni 2011, jährte sich zum 70. Mal der Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion und anschließenden vier Jahren Krieg mit 27 Millionen Toten auf sowjetischer Seite.
Gedenken in Deutschland mit Merkel, Wulff und Co.? Fehlanzeige!
Götz Aly schrieb in der Berliner Zeitung/Frankfurter Rundschau:
„ … Als Deutscher schäme ich mich dafür. Der Jahrestag des Krieges gegen die Sowjetunion hätte einen feierlichen, öffentlich sichtbaren Staatsakt erfordert. Nur so hätte die Regierung im Namen aller Deutschen zeigen können, dass sie den als Untermenschen Misshandelten und Ermordeten die Würde mit einer symbolischen Geste zurückgibt. Das hätte eine Rede der Kanzlerin oder des Präsidenten erfordert, eine Kranzniederlegung am sowjetischen Ehrenmal …“

Für solches Gedenken darf kein Platz sein. Was hat doch Deutschland unter seinem Krieg und seinen Folgen gelitten.

Die Bundeskanzlerin Angela Dorothea Merkel, gewählt im Bundestag von fünfhundert alten Männern, also mit besonderer Weisheit ausgestattet, sagte vor einem Monat (auf ihrer Afrika-Reise im Auftrag der deutschen Waffen-Industrie):
„Das jedes Land seine Grenze sichern muß, ich glaube, das ist auch doch das Normale …“
Dokumentiert in den offiziellen Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Staatsfernsehens, der „tagesschau“ (bei 0:59) vom 13. Juli 2011.

Ach,
hier noch ein Hinweis an alle Eltern,
auch an „unsere Kinder“ ist an diesem Tag gedacht:

„Von 15 bis 18 Uhr finden Kinder jeden Alters bunte Stifte, Bastelpapier und Schere in einer Mal-Ecke im Mauercafé und sind herzlich eingeladen, zu malen und zu basteln.“

david | 11.08.11 23:40 | Permalink