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Filmkomödie für 2-Staaten-Lösung

“Alles Koscher” von Josh Appignanesi

Die Idee ist einfach: der britische Moslem Mahmud Nasir entdeckt, dass er adoptiert ist und eigentlich gebürtiger Jude. Fortan wohnen zwei Seelen in seiner Brust: die von Mahmud und die von Solly Shimshillewitz. Einerseits versucht er von dem Taxifahrer Lenny Goldberg jüdische Benimmregeln zu lernen, andererseits braucht sein Sohn Rashid extrem muslimische Referenzen für seine gewünschte Hochzeit mit der Tochter eines islamischen Fundamentalisten.

Die sich anschließenden Verwicklungen, Verwechslungen und Wahnvorstellungen dagegen sind manchmal etwas wirr, aber immer zum Lachen.

Kurz nachdem zum Beispiel Mahmud von seinen heimlichen jüdischen Wurzeln erfahren hat, sieht er sich in einer Vision von seiner Frau und seinen Kindern zu Hause mit verbalem Antisemitismus umstellt und sie sagen selbst zur Tasse “Jude”. Höhepunkte sind die Momente, in denen Mahmud seiner Frau und seinem Imam offenbaren will, dass er Jude ist: Beide missverstehen ihn und vermuten andere verbotene Sachen.

Mahmud muss aber auch, um seinen schwerkranken alten leiblichen Vater Izzy Shimshillevitz im Altersheim besuchen zu dürfen, eine jüdische Identität erlernen wie das Alphabet und dem Rabbiner muss er wenigstens das “Schma Israel” aufsagen können. Auf einer Bar-Mitzwa-Feier in Lennys Bekanntenkreis, wo er Generalprobe als Jude hat, erzählt Mahmud einen Witz, der unter Muslimen als antisemitisch, unter Juden aber als jüdische Selbstironie durchgehen kann. Lenny versinkt fast im Boden, doch Mahmud hat einen gewissen Erfolg.

Der Film ist nach dem schönen Zusammenstoß von Mahmud und Lenny im Straßenverkehr nicht mehr ganz so flüssig und schlüssig erzählt, bleibt jedoch ein originelles muslimisch-jüdisches Buddy-Movie, und schließlich hilft eine überraschende Enthüllung der dümpelnden Story aus dem Schlamassel.

Der Schlüssel des Humors von “Alles koscher” ist Selbstironie. Denn Ziel des Spottes ist nicht etwa die jeweils andere Religion oder Kultur, sondern das Eigene. “Die Israelis sind Juden ohne Angst und Schuldgefühle”, meint zum Beispiel Lenny, “also sind sie keine Juden.” Mahmud wiederum hat eine Riesendistanz zum religiösen Fanatismus des zukünftigen Schwiegervaters seines Sohnes, der wie eine Osama-Bin-Laden-Karikatur wirkt.

Entscheidend ist die Besetzung der Hauptrolle mit Omid Djalili. Filmautor David Baddiel sagte, das “große, lustige Gesicht” von Omid Djalili hat ihn auf die Idee gebracht, und das sieht man. Vor allem aber ist es mal eine intelligente Lockerungsübung für alle heißen, auch im Westen geführten Diskussionen um den ewigen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Nicht umsonst basiert so manche Filmstory auf der Tatsache, dass sowohl Araber als auch Juden Semiten und ihre Physiognomien entsprechend ähnlich sind, allein Religion, Sprache und Kleidung machen sie äußerlich unterscheidbar.

Der Nahostkonfilkt, sagt diese westliche Verwechslungskomödie um den assimilierten Mahmud Nasir-Solly Shimshillewitz, ist ein Bruderkampf.

Damit verletzt der Film ein politisches und kulturelles Tabu. Das macht er gern.

Angelika Nguyen

A.S.H. | 29.06.11 19:29 | Permalink