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Havemann-Gesellschaft unter Konformitätsdruck

Jede und jeder erinnert sich gern an den tollen live-Mitschnitt vom 10. November 1989 vor dem Schöneberger Rathaus, wo das klägliche Absingen der deutschen Nationalhymne durch Kohl, Brandt, Genscher und den Inselbürgermeister Momper im Pfeifkonzert tausender Gegendemonstanten unterging.
„Unvergessen wohl deren schräger Chor beim Singen der Nationalhymne.“ Falsch, radio eins! Unvergessen nicht wegen des schrägen Singens, sondern weil für die deutsche Nationalhymne auf den Straßen von Berlin (noch) kein Durchkommen war!

Nun verortet die Havemann-Gesellschaft in der deutschen Hauptstadt 18 Brennpunkte der „Friedlichen Revolution ... von 1989, mit der die kommunistische Diktatur beseitigt wurde“, auch „Revolutionsorte“ genannt, die so wichtig gewesen sein sollen, daß sie dort sogenannte „Revolutionsstelen“ aufstellt.

Von den geplanten 18 Stelen sollen 15 in Berlin (Ost) und 3 in Berlin (West) stehen, eine wurde nun am Schöneberger Rathaus platziert und die CDU heult angesichts des darauf zu lesenden Textes auf: Geschichtsfälschung!
Nach erst 20 Jahren Neues Wahrheitsministerium läuft eben noch so Einiges aus der Spur. So soll die Geschichte nicht gewesen sein! Die Kontrolle eines ganzen Gedenk- und Erinnerungsjahres ist ja auch eine enorme Herausforderung, das kann nicht gelingen, also müssen sich die Geschichtsbildner auf das Wesentliche begrenzen. Nur so lange die Stelen im öffentlichen Raum nicht „die große Politik“ stören, werden sie als Spielwiese der Friedlichen Revolutionsromantiker toleriert, ausgehalten oder instrumentalisiert.

Noch hält die Havemann-Gesellschaft dem Druck aus der Propaganda-Abteilung stand (s.z.B. Springers "Berliner Morgenpost" von Ende Januar 2010), jedoch läßt ein Interview vom vergangenen Freitag auf Radio eins mit Frank Ebert von der Havemann-Gesellschaft nichts Gutes ahnen:
„... daß wir selbstverständlich ... bereit sind ... den Text sprachlich in solch eine Form zu bringen, daß solche Mißverständnisse ... nicht mehr ... vorhanden sind ...“

Gegenüber der „kommunistischen Diktatur“ nannte man das ganz einfach und selbstverständlich politische Zensur und Selbstzensur, heute wird gesagt: Texte werden sprachlich in solch eine Form gebracht, um Mißverständnisse auszuräumen.

Was wird da am Ende hinten 'rauskommen?

Das Radio-Interview (ca. 6 min.) als mp3 zum Nachhören: Hier.

david | 06.02.10 23:57 | Permalink