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Nordirland – Zurück zur Internierung?

von Jürgen Schneider

Ein 17-Jähriger sowie ein 35 Jahre alter Mann befinden sich in Nordirland seit dem 10. März in Haft. Sie wurden nach der Erschießung eines Polizisten in Craigavon festgenommen. Zu dem Attentat hatte sich die Continuity IRA bekannt. Nach den jüngsten Anschlägen in Nordirland sind insgesamt 11 Personen festgenommen worden.

Laut dem »Terrorism Act 2006«, einem britischen Gesetz, das im Rahmen des sog. »globalen Krieges gegen den Terrorismus« verabschiedet wurde, können Festgenommene 28 Tage in Haft gehalten werden, ohne dass Anklage erhoben werden muss. Während der 1970er Jahre hatte die Internierungspolitik der britischen Regierung der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) massenhaften Zulauf beschert und zu einer Intensivierung des Widerstandes in Nordirland geführt. Zwischen August 1971 und Dezember 1975 waren knapp 2000 Menschen interniert worden, die meisten von ihnen im berüchtigten Lager Long Kesh, ohne dass ihnen der Prozess gemacht worden wäre. Einige der Internierten waren damals Folterexperimenten, besonders der sensorischen Deprivation, ausgesetzt worden. Jüngst hatte der Journalist Kevin Myers im »Irish Independent« die Wiedereinführung der Internierung gefordert.

Nach der Beendigung der Internierungspolitik konnten Festgenommene 48 Stunden lang in Haft gehalten werden. Dann musste Anklage gegen sie erhoben werden oder man musste sie freilassen. Im Jahre 2000 wurde die Frist auf sieben Tage verlängert, mit dem »Criminal Justice Act« von 2003 auf 14 Tage und mit dem »Terrorism Act 2006« schließlich auf 28 Tage. Die britische Regierung hat gar eine Verlängerung auf 42 Tage ins Auge gefasst.

Mike Ritchie, Direktor des Committee on the Administration of Justice erklärte am 18. März 2009 in Belfast: »Wir sind besorgt wegen der Gewahrsamsdauer. Zudem besorgt uns die Tatsache, dass einer der Festgenommenen minderjährig ist. Das verschlimmert die Situation.«

Alex Maskey, Sprecher von Sinn Féin in polizeilichen Angelegenheiten, sagte, es sei unabdingbar, dass die Polizei ihren Willen demonstriere, den höchsten Menschenrechtsstandard aufrechterhalten zu wollen. »Sinn Fein hat sich immer wieder gegen die Verlängerung des Gewahrsams für Verdächtige über sieben Tage hinaus ausgesprochen. Wir haben unsere Position in den letzten Tagen gegenüber der britischen Regierung noch einmal deutlich gemacht. Sollte es Beweise gegen eine Person geben, dann sollte diese angeklagt werden, und dem Gericht sollten die Beweise vorgelegt werden. Gibt es keine Beweise, sollte die Person auf freien Fuß gesetzt werden. Das ist der normale demokratische Standard, und an diesem muss festgehalten werden.«

Der Sprecher der Organisation éirígí, Breandán Mac Cionnaith, forderte dazu auf, »diese moderne Form der Internierung« ebenso lautstark zu verurteilen wie die legalisierte Folter, die Verschleppungsflüge der CIA und das Folterzentrum Guantánamo. »Menschenrechte sind universal. Sie sind keine Geschenke, die aus einer Laune der britischen Regierung oder ihrer paramilitärischen Polizei in Irland heraus gewährt oder verweigert werden können.«

A.S.H. | 20.03.09 18:36 | Permalink