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Vom Anschluß der DDR zur Stärke des Euro

Von Sebastian Gerhardt

(Dieser Artikel hätte in der Tageszeitung "junge Welt" stehen sollen, schon Anfang August. Aber die Kollegen wollten ihn nicht, warum auch immer. Sachliche Einwände haben sie nicht laut werden lassen. Der Dichter Bertolt Brecht war der Meinung, daß "die Wahrheit einigt". Das scheint nicht immer zu stimmen.)

Noch bevor der G 8- Gipfel in Japan am 6. Juli zusammentrat, hatte die Europäischen Zentralbank (EZB) ein Thema von der politischen Tagesordnung abgesetzt: Eine Debatte über abgestimmte Reaktionen der "führenden Industrienationen" auf die internationale Finanzkrise war überflüssig, denn die EZB hatte bereits am 3. Juli ihre Leitzinsen demonstrativ erhöht. Überraschen konnte das nicht: Für die Finanzkrise in den USA fühlt sich die EZB nicht zuständig. Sie machte vielmehr im zeitweiligen Chaos an den Finanzmärkten "Aspekte einer Normalisierung der Preisfindung von Risiken" aus. Ihr Präsident Jean-Claude Trichet hatte schon zu Beginn der Turbulenzen an den Börsen im Sommer 2007 eine Erhöhung des Leitzinses angekündigt und dies mit Gefahren für die Stabilität des Preisniveaus in der Eurozone begründet. Auch die Leitzinssenkungen in den USA und der deutlich gestiegene Eurokurs brachten sie nicht von dieser Haltung ab. Die deutschen Bankenverbände begrüßten interessanterweise die Zinserhöhung: Offensichtlich ist bei ihnen die Angst vor einer Ansteckung durch die Finanzkrise aus den USA vorerst vorbei.

Ausgangspunkt DM

Auch wenn die direkten Folgen der Leitzinserhöhung begrenzt sind, so hat sie doch die Debatte um die sogenannte Unabhängigkeit der europäischen Zentralbank wiederbelebt. Immerhin wurde sie nicht nur von einigen Gewerkschaften in Frage gestellt, sondern auch seitens des Bundesfinanzministers, und traf auf wiederholte, offene Kritik von Seiten des französischen Präsidenten. In Anbetracht einer gefährdeten Konjunktur sei die Verteuerung von Krediten der falsche Schritt. Böse Worte und düstere Prognosen machen die Runde. Sie erinnern in der Schärfe des Tones und in der Kritik an einem verselbständigten Kult der "Strenge" an die Einwände, die Pierre Bourdieu 1996 gegen des "Modell Tietmeyer" des damaligen Bundesbankpräsidenten vorgebracht hat. Lucas Zeise hat an die monetaristischen Überzeugungen der alten Bundesbank erinnert. (jW, Juli 08) Vor einer Einschätzung der künftigen Folgen wäre allerdings zu prüfen, auf welchen Voraussetzungen die Geldpolitik der EZB beruht, wem gegenüber sei unabhängig – und von wovon sie abhängig ist.

Tatsächlich war das Vorbild der Bundesbank in vielen Aspekten für die Gestaltung der europäischen Währungsunion entscheidend. Schon seit den fünfziger Jahren galt die Deutsche Mark als der Anker des westeuropäischen Außenhandels, ab 1971 war sie der Ausgangspunkt aller Versuche, im Rahmen der EG die Schwankungen der Wechselkurse einzuschränken. Den Kern des Projektes bildete die Kooperation zwischen der Bundesrepublik und Frankreich, die seit 1979 im Europäischen Währungssystem geregelt war. Das Kräfteverhältnis war klar: Anders als der französische Franc spielte die DM eine internationale Rolle als zweitwichtigste Reservewährung. De facto war der Franc wie die anderen Währungen des EWS an die DM gekoppelt. Deshalb lief mit der neoliberalen Wende in der Bundesrepublik im Herbst 1982 auch die Zeit einer keynesianischen Wirtschaftspolitik in Frankreich ab. In den Bundestagswahlen vom 6. März 1983 wurde die neue CDU-FDP-Koalition bestätigt, zugleich erlitten Sozialisten und Kommunisten bei den Kommunalwahlen in Frankreich deutliche Verluste. Am 21. März wurden der Franc, die italienische Lira und das irische Pfund im EWS abgewertet, während vor allem die DM aufgewertet wurde. Schließlich verkündete die französische Regierung am 25. März 1983 den Delors-Plan und der offizielle Schwenk zu einer neoliberalen Sparpolitik war vollzogen, obwohl die französische KP noch bis Mitte Juli 1984 an der Regierung beteiligt blieb. Das französische Defizit in der Leistungsbilanz war ohne Konsens mit dem erfolgreichen deutschen Kapital nicht zu finanzieren.

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Von der Bildung einer gemeinsamen Zentralbank erhoffte sich die französische Regierung die Wiederherstellung zumindest eines gewissen Einflusses auf die Geldpolitik. Seit 1987 startete sie neue Initiativen in dieser Richtung, parallel zur Vorbereitung des einheitlichen Binnenmarktes der EG für Waren, Arbeitskräfte und Kapital zum 1. Januar 1993. Im Sommer 1989 lagen erste Pläne auf dem Tisch, die schließlich in den Vertrag von Maastricht münden sollten. Zuvor aber öffneten sich mit dem Zerfall des Ostblocks ganz neue Chancen für das Kapital, vor allem für die deutsche Bourgeoisie. Doch es war nicht die Bundesbank, die diese Chancen ergriff.


Eine neue Perspektive

Ökonomisch hatte die DDR-Führung bereits vor der Öffnung der Mauer gegenüber der Bundesregierung kapituliert. In einem Gespräch mit Rudolf Seiters, dem Chef des Bundeskanzleramtes, und dem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble trug der DDR-Unterhändler und Leiter des Bereiches Kommerzielle Koordinierung Alexander Schalck - Golodkowski am 6. November Vorstellungen über die weitere wirtschaftliche Zusammenarbeit vor. Es ging wesentlich um neue Kredite in Höhe von insgesamt 10 bis 15 Mrd. DM. Schalck stützte sich dabei auf eine "Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen", die Planungschef Gerhard Schürer, Außenhandelsminister Gerhard Beil, Finanzminister Ernst Höfner, Statistikchef Arno Donda und er selbst zum 30.10.89 für das Politbüro erarbeitet hatten. Darin stellten die Planer fest, daß die sogenannte "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" weder die Zustimmung der Bevölkerung noch den benötigten Leistungszuwachs der DDR-Volkswirtschaft gebracht hatte. Statt dessen war die DDR nachhaltig im Westen verschuldet. Die Planer sahen die Zahlungsunfähigkeit des Landes in wenigen Jahren voraus. Und was dann? Zusammenbruch des Außenhandels, Fehlen lebenswichtiger Importe. Schalck- Golodkowski häufte bereits eine kleine Goldreserve für den nationalen Notstand an. Die Analyse hielt die soziale und ökonomische Lage nur noch unter Nutzung milliardenschwerer Kredithilfen aus dem Westen für beherrschbar. Die Antwort des Bundeskanzlers erfolgte am 8. November im Bundestag: "Wir wollen nicht unhaltbar gewordene Zustände stabilisieren. Aber wir sind zu umfassender Hilfe bereit, wenn eine grundlegende Reform der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der DDR verbindlich festgelegt wird." Für den Westen entfiel die Notwendigkeit zur Stützung der DDR- Politbürokratie in dem Moment, da man den ganzen Laden übernehmen konnte.

Die Blaupause zum Anschluß der DDR lieferte das Bundesministerium der Finanzen, das seit Mitte Dezember ’89 mit konkreten Planungen zur Neuregelung der deutsch - deutschen Währungsbeziehungen befaßt war. Zuständig waren dort, nach dem Wechsel von Hans Tietmeyer ins Direktorium der Bundesbank zum 1. Januar 1990, der soeben auf den Posten Tietmeyers aufgestiegene neue Staatssekretär Horst Köhler, der neue Leiter der Abteilung "Geld und Kredit" Gert Haller sowie der Referatsleiter "Nationale Währungsfragen" Thilo Sarrazin - bis auf Haller allesamt bis heute in der deutschen Politik prominent aktiv. Expertentreffen während Kohls DDR- Besuch bestärkten die Bonner Beamten in ihrer Überzeugung, die Entwicklung von der DDR sei nicht mehr zu kontrollieren. Die wirtschaftliche Krise und die unausweichlichen sozialen Konflikte im Übergang zur Marktwirtschaft könnten nur von einer gesamtdeutschen Regierung beherrscht werden. Investitionen zum Umbau der Wirtschaft setzten Rechtssicherheit und Gewinnchancen voraus. Die Abwanderung von Arbeitskräften aufgrund des erheblichen Lohngefälles zwischen Ost und West sahen die Experten als ein unlösbares Problem einer eigenständigen DDR.

Zum 15. Januar 1990 formulierten die Experten des Finanzministeriums "Zehn Punkte auf dem Weg zu einer deutsch - deutschen Währungsunion". Während darin die Währungsunion noch als zwar baldiger, doch letzter Reformschritt auf dem Wege "zur Einheit Deutschlands" bezeichnet wurde, führten die internen Diskussionen bald zu einer weit radikaleren Vorstellung: der stichtagsbezogenen Einführung der DM. Auf einer Klausurtagung des Ministeriums am 30. Januar standen die Eckpunkte des Konzeptes fest: Statt eines mittelfristigen, schrittweisen Prozesses die baldige und schlagartige Einführung der D- Mark in der DDR, gleichzeitige Herstellung der rechtlichen Voraussetzungen marktwirtschaftlicher Beziehungen (freie Preisbildung und Abbau von Subventionen, Gewerbefreiheit usw.), die Aufgabe der (wirtschafts)politischen Eigenständigkeit der DDR und ein Staatsvertrag über die Wirtschafts- und Währungsunion als "ein erster Schritt zur Herstellung der staatlichen Einheit nach Artikel 23 des Grundgesetzes". So sollte verhindert werden, daß die DDR die DM bekommen, aber vielleicht ein wenig Planwirtschaft behalten könne. Seine Position veröffentlichte das Bonner Finanzministerium am 2. Februar. Am 6. Februar erhob der Bundeskanzler das "Angebot der DM" zur offiziellen Regierungspolitik. "Die Währungsunion" war dann das ganze Wahlprogramm der "Allianz für Deutschland", die Helmut Kohl am Tag zuvor aus der Taufe gehoben hatte. Am 8. Februar legte das Finanzministerium ein ausbalanciertes Gerüst für vertragliche Regelungen mit der DDR vor. Weder die Modrow- Regierung noch die Reste der Opposition hatten dem etwas entgegen zu setzen. Die freien Wahlen vom März 1990 konnten nur noch zwischen verschiedenen Varianten der Selbstaufgabe der DDR entscheiden, eine Selbstaufgabe, die aus der lange gewachsenen Enttäuschung über die Möglichkeiten des "real existierenden Sozialismus" entstand.

Karl-Heinz Roth hat zurecht auf die Vorarbeiten westdeutscher Anschlußplaner aus den 50er Jahren verwiesen. Sie hatten bereits die eine Einführung der bundesdeutschen Geld- und Marktverfassung durch eine handlungsfähige gesamtdeutsche Regierung als Kernstück der "Wiedervereinigung" konzipiert. Allerdings waren diese Planungen nicht fortgeschrieben worden und mußten in zwei Punkt wesentlich modifiziert werden. Erstens galt es, die Herstellung einer Wirtschaftsverfassung für eine Übergangszeit mit der Fortexistenz der DDR zu vereinbaren, bis die außenpolitischen Fragen des Anschlusses sämtlich gelöst waren. Zweitens waren die Planer der 50er Jahre von einer weitgehenden Reprivatisierung der DDR-Wirtschaft ausgegangen. Dafür gab es aber 1990 keine Nachfrage, weder Siemens noch die BASF wollten die alten Betriebsstätten zurück. Abgesehen von kleineren Ausnahmen galt in Bezug auf das Eigentum an Produktionsmitteln der Grundsatz "Rückgabe vor Entschädigung" nicht. Aus dieser Besonderheit entwickelten sich wenig später Auftrag und Struktur der Treuhandanstalt.

Trotz aller Vorarbeiten blieb der Anschluß über eine Währungsunion in der Bundesrepublik umstritten. Viele Experten fürchteten die Folgekosten. In der Bundesbank besaßen die Anhänger eines raschen Anschlusses keine Mehrheit. Da sie jedoch das Ziel der Anschlußpolitik teilten, konnten sie sich weder dem Verlangen nach Nutzung der günstigen Gelegenheit noch der Drohung mit den nicht minder unabsehbaren Folgen einer fortgesetzten Selbständigkeit des zweiten deutschen Staates entziehen. Auf der politischen Ebene demonstrierte die Berufung von Hans Tietmeyer zum Sonderbeauftragten des Bundeskanzlers für Fragen der Währungsunion am 2. Mai auch öffentlich den direkten Durchgriff der Bundesregierung auf die Regelung der finanziellen Aspekte. Der erst Anfang 1990 ins Direktorium der Bundesbank aufgestiegene Tietmeyer war schon im März 1990 wieder nach Bonn zurückgekehrt, um dort die Führung der bundesdeutschen Delegation in den währungspolitischen Verhandlungen mit der DDR zu übernehmen. Die Bundesbank mußte im ganzen Prozeß immer wieder pflichtschuldig beteuern, rechtzeitig über den Verhandlungsverlauf informiert zu sein - was politisch geboten war, aber nicht der Wahrheit entsprach. Von der viel diskutierten Unabhängigkeit der Bundesbank war 1990 wenig zu sehen.


Nichts geschenkt

Selbst in der Frage der Umstellungsmodalitäten, des Umtauschkurses für laufende Zahlungen (Löhne, Renten, Mieten) und der Umstellung der Bestände, der Guthaben und Verbindlichkeiten, hatte die Bundesbank nicht viel mitzureden. Entgegen ihren Planungen wurden die laufenden Zahlungen nach dem Kurs 1:1 umgestellt um damit der Vorstellungen vieler DDR-Bürger von innerdeutscher Gleichberechtigung zu genügen. Zugleich galt dieser Umtauschkurs dem Finanzministerium als ungefährlich, da die entsprechenden Einkommen sich auf etwa 40 Prozent des Westniveaus beliefen, was der angenommenen Produktivität der DDR-Wirtschaft etwa entsprach.

Komplizierter wurde die Umstellung des DDR-Kreditwesens. Die Auslandsverschuldung der DDR gegenüber dem Westen in Höhe von 20 Milliarden DM spielte dabei keine Rolle: Was für die Nominalsozialisten tödlich war, belief sich für die Bundesregierung nur auf ein Kostenpunkt unter mehreren, noch nicht einmal den größten. Problematisch war die "innere Verschuldung" von DDR- Wirtschaft und Staat gegenüber dem Kreditsystem, letztlich gegenüber den Sparern – die sogenannten Altschulden. Der Löwenanteil der Einlagen in Höhe von 182,1 Mrd. Mark von wurde von privaten Haushalten bei den Sparkassen gehalten, die aber nur als Sammelstellen dienten und die empfangenen Mittel der Staatsbank der DDR zu Verfügung stellten. Die Staatsbank gab wiederum mit diesen Mitteln Kredite an die Volkswirtschaft aus. Über die Werthaltigkeit dieser Altkredite haben sich die Westbanken keinerlei Illusionen gemacht: außerhalb der Wohnungswirtschaft galten sie als weitgehend uneinbringbar. Deshalb haben Deutsche und Dresdener Bank auch keine Altkredite übernommen, sondern in ihren später aufgekauften Joint-ventures nur die "Geschäftbesorgung" erledigt. Die "Altkredite" bleiben vielmehr hübsch in den Bücher der Deutschen Kreditbank AG, einer Ausgründung aus der DDR- Staatsbank. Dort wurden Wertberichtigungen in Milliardenhöhe fällig, bevor sie 1995 an die BayernLB verkauft wurde.

Die vermeintlich mit der Umstellung geschaffene Kaufkraft der DDR- Bevölkerung bestand im wesentlichen im Anspruch auf Lohnzahlung an Betriebe und in Sparanlagen, die auf dem Umweg über die Staatsbank in eben diese Betriebe investiert worden waren. Darum bildete die finanzielle Situation der DDR- Betriebe den Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreichen Anschlusses. Die sozialistischen Betriebe hatten aber kaum Geldvermögen und sollten auch keins haben, weil sie so besser von der Partei- und Staatsführung kontrolliert werden konnten. Allein deshalb mußten sie nach einer Währungsunion sofort in Liquiditätsprobleme geraten. Wären nun sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten 1:1 umgetauscht worden, hätten die DDR- Betriebe vom Tag der Umstellung an für gewaltige Schulden gerade stehen müssen, deren Bedienung zugleich die einzige Deckung für die Geldvermögen der Privaten darstellte. Wären andererseits die Altschulden komplett gestrichen worden, hätten auch die Sparguthaben der Bevölkerung - weil ohne Deckung - gestrichen werden müssen: Sicher ein harter Schlag gegen die Freude auf die deutsche Einheit. Um die Schuldenlast der Betriebe zumindest zu verringern, wurden die Verbindlichkeiten der Betriebe und Einrichtungen mit einem Umtausch 2:1 auf die Hälfte verringert. Gleichzeitig wurde nur ein Teil der Sparguthaben 1:1 umgestellt. Die Forderungen der Banken verminderten sich damit stärker als ihre Verpflichtungen, die entstehende Differenz von etwa 25 Mrd. DM übernahm der Staat: Nur an dieser Stelle war die Währungsunion ein Geschenk. Für alles andere mußte bezahlt werden.

Angesichts der völligen Öffnung gegenüber dem Weltmarkt, der Auflösung der bisherigen Kooperationszusammenhänge und der geringen Finanzvermögen benötigten die Betriebe praktisch sofort neue Kredite zur Begleichung der laufenden Kosten. In der Treuhand begannen Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater im Auftrag des Bundesfinanzministeriums, der sogenannte Leitungsausschuß, stillzulegende Unternehmen auszusortieren. Zwar lag das prinzipielle Urteil über die DDR- Nationalökonomie bereits fest: Konkurs. Aber es wurde, wie in jeder normalen Konkursmasse, noch jede Menge verwertbarer Reichtum vermutet, den es aus dem Rest herauszuschälen galt. So wurden z.B. die Autarkieproduktionen der DDR durch den ökonomischen Anschluß sinnlos, ihre Einstellung war beschlossen. Die Effektivität der Nahrungsgüter- und Baustoffindustrie war unzureichend, ihre Rationalisierung unerläßlich. Daneben gab es jedoch interessantere Betriebe, so im Maschinenbau, in der Energieproduktion und auch der chemischen Industrie (Petrolchemisches Kombinat Schwedt), die sehr wohl voll weiter produzierten, zum Teil aufgrund von Exportaufträgen für Osteuropa. An dieser Stelle standen die deutschen Großbanken bereit: Sie stellten bei entsprechenden Bürgschaften der Treuhandanstalt oder nach eingehender eigener Prüfung die neuen Kredite zu Marktkonditionen bereit. Desinteresse an den einen und Interesse an anderen Produktionen waren zwei Seiten einer Medaille, der Umstellung auf die Zielgröße Profit. Die Arbeitslosigkeit im Anschlußgebiet stieg bis Ende 1990 auf fast 600 000, bei zusätzlich 1,7 Millionen Kurzarbeitern. Bei Protesten gegen Betriebsschließungen, Entlassungen und das West-Ost-Lohngefälle standen die Beschäftigten der Treuhand-Betriebe vor dem Dilemma, daß sie ihre eigene Entscheidung für den kapitalistischen Westen nicht kritisieren, geschweige denn zurücknehmen konnten. Die Sache war gelaufen, jeder mußte sehen, wo er blieb.


Nutzen und Nachteil der Einheit

Neben naiven oder geheuchelten Hoffnungen auf ein neues Wirtschaftswunder hatte es sehr realistische Warnungen vor den Kosten der Einheit gegeben. Die Zurichtung des Ostens für Geschäfte selbst und die Ernährung der industriellen Reservearmee dort war kein lohnendes Geschäft. Deshalb hielt sich das private Kapital vorsichtig zurück und achtete darauf, daß die Lasten möglichst beim Staat hängenblieben. Aber auch der Staat kann nicht aus dem Nichts die Mittel für den Anschluß hervorzaubern. Neben Steuererhöhungen und erhöhten Sozialabgaben war eine massive Ausweitung der bundesdeutschen Staatsverschuldung nötig – so massiv, daß selbst die erheblichen Gewinne der bundesdeutschen Privateigentümer nicht mehr zur Finanzierung ausreichten. Mit den hohen Lieferungen in das Anschlußgebiet und erhöhten Importen angesichts des Vereinigungsbooms im Westen ging der Überschuß in der Handelsbilanz deutlich zurück. Die Leistungsbilanz, in die neben dem Warenaußenhandel auch die Außenhandelsgeschäfte des Dienstleistungssektors sowie Einkommensübertragungen eingehen, fiel schon 1991 negativ aus: Die Bundesrepublik mußte sich zunehmend im Ausland verschulden. Der Saldo von Auslandsvermögen und Auslandsverschuldung fiel bis 1998 massiv. Der mit den deutschen Kapitalexporten der achtziger Jahre aufgebaute Einfluß mußte komplett bei der Finanzierung des Anschlusses eingesetzt werden.

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Anfang der neunziger Jahre war es alles andere als ausgemacht, daß die Bundesrepublik zugleich die DDR integrieren und ihren Platz auf den Weltmärkten würde verteidigen können.


Das Modell Tietmeyer

Billig war die Auflösung der DDR und ihre Eingliederung in die bundesdeutsche Nationalökonomie nicht. Aber wenn es um große Investitionen in die Zukunft geht, ist Kapital selten kleinlich. Es galt viel zu gewinnen: die volle Souveränität, eine historisch einmalige industrielle Reservearmee, einen privilegierten Zugang nach Osteuropa. Dafür und für die Ausweitung des Einflusses in Westeuropa besaß die Bundesregierung nun auch eine eingespielte Truppe, die immerhin schon eine Währungsunion geleitet hatte.

Ihr Kopf war Hans Tietmeyer, der bereits 1970, noch als Ministerialrat, an den Planungen für eine europäische Währungsunion teilgenommen, der 1982 für FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff das Ende sozialliberalen Koalition begründet und die Bundesrepublik in den Verhandlungen über den montetären Anschluß der DDR vertreten hatte. Er sollte 1993 bis 1999 als Bundesbankpräsident für die konsequente Umsetzung des neoliberalen Projekts von Maastricht sorgen und ist heute Kuratoriumsvorsitzender des rechtsliberalen Think Tanks des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrate der Baseler Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Tietmeyer konnte sich im Finanzministerium auf seine alte Mannschaft unter Staatssekretär Horst Köhler stützen. Der spätere IWF-Chef und heutige Bundespräsidenten war dort gleichermaßen für die deutsche wie die europäische Währungsunion zuständig. Im Kanzleramt besetzte Jürgen Stark die Schnittstelle als Leiter der Abteilung "Geld, Währung, Finanzmärkte". Wie Köhler und zuvor auch Tietmeyer sollte Stark noch unter dem Kanzler Helmut Kohl als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium dienen. Heute ist er das deutsche Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank. Allein Thilo Sarrazin, 1989/90 Referatsleiter "Nationale Währungsfragen" im Finanzministerium, dann bis Frühjahr 1991 für die Treuhand zuständig, hat es seither nur bis zum Berliner Finanzsenator gebracht.

Auf kurze Sicht war die Bundesrepublik nach dem Anschluß der DDR auf eine engere Zusammenarbeit mit ihren westeuropäischen Partnern angewiesen. Mittelfristig aber war eine Stärkung der deutschen Wirtschaft durch die Erschließung der osteuropäischen Märkte, langfristig auch eine Stärkung des deutschen Produktionspotentials durch die kapitalistische Integration der DDR zu erwarten. Deshalb drängte die französische Regierung auf eine rasche Einigung, während die bundesdeutschen Verhandler aus dem Finanzministerium und der Bundesbank keine Abstriche an ihren Forderungen zuließen: Es sollte sich das freie Spiel der wirtschaftlichen Macht ungestört entfalten können. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft sprach wenig gegen eine Aufgabe der DM, wenn sie im Tausch dafür den Euro in die Hand bekommen würde


Zielstellung: Hartes Geld

Was aber ist ein Euro? Wenn man der Wirtschaftspresse trauen könnte, dann wäre die Geldschöpfung eines der letzten Wunder in unserer durchrationalisierten Welt, eine Schöpfung aus dem Nichts. Tatsächlich machen die Zentralbanken etwas, was nicht jeder kann, sie machen Geschäfte mit ihren eigenen Zahlungsversprechen. Diese werden korrekt unter den Passiva ihrer Bilanz verbucht und machen dort den Löwenanteil aus, der Banknotenumlauf. Das Geschäft besteht darin, daß eine Zentralbank ihr Geld nicht verschenkt, sondern es für eine beschränkte Zeit gegen zinstragende Wertpapiere austauscht und derweil die Zinsen einstreicht. Auch wenn also Euros und Dollars auf Papier gedruckt werden: Sie sind kein Papiergeld, sondern beruhen auf Kredit. Und Kredit beruht hier wie überall nicht auf Glauben, sondern auf Sicherheiten, die Gewinn bringen. Dagegen bringen die Euros und Dollars in der Kasse gar keinen Gewinn: Banknoten sind ein zinsloser Kredit an die Zentralbank. Kommerzielle Banken müssen deshalb durch viele staatliche Vorschriften und Kontrollen dazu gezwungen werden, überhaupt gewisse Mindestreserve an Geld zu halten. Wieviel Zentralbankgeld darüber hinaus im Umlauf ist, das entscheidet nicht die Zentralbank, sondern die Bankenwelt je nach Geschäftslage.

Der wirtschaftliche Erfolg einer Währung entscheidet sich daran, zu welchen Preisen produzierte Güter und Dienstleistungen auf dem Markt umgesetzt werden und wieviel davon als Gewinn nach Abzug der Kosten übrigbleibt. Privateigentümer sind dabei sehr eigen: Wenn sie Zweifel an der Qualität eines Geldes haben, dann verlangen sie davon deutlich mehr für die gleiche Ware. An der Freiheit des Privateigentums hat jede noch so unabhängige Zentralbank ihre Schranke. Die viel gerühmte Unabhängigkeit der EZB besteht denn auch nur darin, diese Freiheit des Privateigentums vor politischen Zumutungen zu schützen: Von Anfang an wurde eine Finanzierung staatlicher Defizite durch das Europäische System der Zentralbanken komplett ausgeschlossen, ebenso die Haftung der Mitgliedsländer der Währungsunion für die Staatsschulden eines Teilnehmerlandes. Neben Beschränkungen für die Schwankungen der Wechselkurse im EWS und einer Orientierung der Preissteigerung und der langfristigen Zinsen an den drei monetär stabilsten Ländern sollten die Staatsfinanzen der Teilnehmerländer als Voraussetzung des Eintritts in die Währungsunion bestimmte Grenzen nicht überschreiten: die Neuverschuldung sollte unter 3% des BIP; der Schuldenstand unter 60 % des BIP liegen. Als diese Bedingungen in Maastricht unterschrieben wurden, schienen sie ohne große Probleme erreichbar zu sein.


Nationale Aufgaben ...

Die ungelösten Widersprüche des neuen Europa traten aber schon wenige Tage nach der Unterzeichnung des Vertrages am 7. Februar 1992 zu tage, als die Bundesrepublik mit der diplomatischen Anerkennung Sloweniens und Kroatiens vorpreschte. Und keine acht Monate später brachte schließlich mitten in der Wirtschaftskrise von 1992 ausgerechnet die DM das Europäische Währungssystem (EWS) ins Wanken. Die Bundesbank hatte angesichts des Vereinigungsbooms und steigender Preise die Leitzinsen deutlich erhöht: Sie steigen von sechs Prozent im Jahr 1990 im Lauf des Jahres 1991 auf acht Prozent, so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Am 17. Juli 1992 legte die Bundesbank nocheinmal nach: auf 8 ¾ Prozent. Zur Finanzierung der Defizite im Außenhandel und in den öffentlichen Haushalten floß Leihkapital nach Deutschland, das dort attraktive Anlagemöglichkeiten fand. Damit gerieten die westeuropäischen Partner unter Druck, die bisher auf Kapitalimporte hatten setzen können.

Am 17. September 1992 schieden Großbritannien und Italien praktisch aus dem EWS aus. Selbst Frankreich konnte im Sommer 1993 nur in einer Notoperation im Währungsverbund mit der DM gehalten werden. Die stabilen Wechselkurse, mit denen auf dem europäischen Binnenmarkt der Währungsspekulation eine Schnippchen geschlagen werden sollte, hatten dem Druck der Spekulanten nicht standgehalten. Die Perspektive einer einheitlichen Währung, die den dauerhaften Zusammenhalt des europäischen Binnenmarktes garantieren könnte, war in Frage gestellt. Doch nur Großbritannien mit seinem chronischen Defizit der Leistungsbilanz und der Sonderstellung der Londoner City war dauerhaft für die Maastrichtpläne verloren.

Als Antwort auf die Krise der EU formulierten im Spätsommer 1994 Wolfgang Schäuble, damals Fraktionschef der CDU/CSU im Bundestag, und Karl Lamers, der außenpolitische Sprecher der Fraktion, das Konzept vom Kerneuropa: Eine Koalition der Willigen und Konkurrenzfähigen, die gemeinsam einen handlungsfähigen europäischen Imperialismus anstrebt und die Konvergenzkriterien des Maastricht-Vertrages zu ihrem Feldzeichen erheben konnte – Deutschland, Frankreich, die Beneluxstaaten. Schäuble/Lammers erkannten klar, daß "die Währungsunion der harte Kern der Politischen Union" ist und stellten heraus: "Eine Währungsunion im vorgesehenen Zeitrahmen wird es - in Übereinstimmung mit der im Maastrichter Vertrag enthaltenen Alternative - voraussichtlich zunächst nur in einem kleineren Kreis geben - und im kleineren Kreis wird es sie nur geben, wenn der feste Kern der Fünf dies systematisch und mit starker Entschlossenheit vorbereitet."


... und ihre Lösung

An Entschlossenheit ließen es die Regierungen nicht fehlen. In Frankreich eröffnete die Regierung von Premier Edouard Balladur in der Krise 1992/93 mit der Verlängerung der Lebensarbeitszeit der Beschäftigten des privaten Sektors einen nachhaltigen Angriff auf die Rechte der abhängig Beschäftigten, der im Herbst 1995 im großen Streik des öffentlichen Dienstes nur zeitweilig gestoppt werden konnte. In der Bundesrepublik gab Kanzler Helmut Kohl die Richtung vor: eine Nationalökonomie sei kein "kollektiver Freizeitpark".

Bis Ende 1994 – in weniger als drei Jahren – wurde der größte Teil der DDR-Volkswirtschaft privatisiert. Während das Kapital sich sein Investitionsrisiko im wilden Osten mit Subventionen und Steuererleichterungen bezahlen ließ, mußten die Sozialkassen für den Unterhalt einer industriellen Reservearmee aufkommen, mit der die Gewerkschaften dauerhaft in die Defensive gedrängt wurden. Ihr Versuch, durch Einführung der sozialen Marktwirtschaft im Einvernehmen mit dem Kapital die Entstehung eines "Billiglohnlandes gleich hinter Wolfsburg" (Franz Steinkühler) zu verhindern, war da schon gescheitert. Die Unternehmensverbände der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie hatten am 18. Februar 1993 den geltenden Stufenplan, der bis April 1994 eine Angleichung auf 100 Prozent des Westniveaus vorsah, "außerordentlich gekündigt". Den folgenden Streik in der sächsischen Metall- und Elektroindustrie brach die IG Metall jedoch nach zwei Wochen ab, da eine Einigung erreicht worden sei: Die Entgeltangleichung wurde um mehr als zwei Jahre auf Mitte 1996 gestreckt. Die IG Metall akzeptierte überdies eine Härteklausel, die Abweichungen vom Tarifvertrag zuließ. Selbst in der produktivsten Branche war damit der Status des Ostens als eines Niedriglohngebietes festgeschrieben. Zeitgleich führte VW im Westen mit Einverständnis der IG Metall die vier-Tage-Woche ein – eine Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich, in einem der am besten gewerkschaftlich organisierten Betriebe des Landes. Nach dem Abbruch des IG Metall-Streiks für die 35-Stunden-Woche in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie im Sommer 2003 sollten dann Arbeitszeitverlängerungen in Ost und West auf die Tagesordnung kommen.

Auch die anderen Euro-Anwärter sorgten nach dem deutsch-französischen Vorbild für die
eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse und partizipierten am geringeren Zinsniveau der Stabilitätsgemeinschaft. Mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt erhob die EU 1997 auf deutschen Druck die Maastrichtkriterien von einer einmaligen Aufnahmeprüfung zum Grundgesetz der gemeinsamen Währung. Das "Modell Tietmeyer", das Pierre Bourdieu nicht umsonst nach dem Bundesbankpräsidenten benannt hatte, war etabliert.

Zum 1. Januar 1999 übernahm die EZB die Ausstattung von 11 Ländern mit Kreditgeld. Zu diesem Tag wurden die Wechselkurse der 11 Währungen untereinander endgültig fixiert und der Euro trat als Buchgeld ins ökonomische Leben, auch wenn er sich im Alltagsgebrauch noch bis 31.12.2001 vertreten lassen mußte. Auf den internationalen Währungsmärkten wurde der Euro als Nachfolger der DM akzeptiert. Zwar mußte die Eurozone bis Ende 2001 eine marktwirtschaftliche Probezeit durchmachen. Doch dann schlug sich der Erfolg auf den Weltmärkten in steigenden Devisenkursen und einem Plus der Leistungsbilanz nieder, wesentlich getragen von den stark zunehmenden deutschen Außenhandelsüberschüssen. Innerhalb weniger Jahre konnte bis Ende 2004 der vereinigungsbedingte Rückschlag in der internationalen Vermögensposition der Bundesrepublik ausgeglichen werden.

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Zwar lag das deutsche Haushaltsdefizit von 2002 bis 2005 über den vorgeschriebenen drei Prozent und gab damit zu einem "Defizitverfahren" Anlaß. Da sich aber dieses Defizit wesentlich aus Steuerkürzungen zugunsten der Unternehmen ergab, bestand zu Zweifeln an der deutschen Treue zum Euro kein Anlaß.

Kritiker, die ein Scheitern und einen Zerfall der Währungsunion prognostiziert hatten, sind widerlegt. Die Eurozone wächst, statt zu schrumpfen und immer neue Länder bemühen sich um die Anschluß an die EU. Das gestiegene Selbstbewußtsein der kerneuropäischen Eliten zeigte sich 2003 in ihrer Weigerung, den USA in den Irak zu folgen, wobei sie sogar mit dem Erzfeind Rußland gemeinsame Sache machten.(Alles andere als Bühnenzauber, jW, 18.03.2003) Die USA konnten dagegen nur einen dünnen Chor ost- und südeuropäischer Verbündeter aufbieten, von denen die auch die letzten inzwischen ihren Frieden mit dem Euro und der darin verkörperten deutsch-französischen Dominanz gemacht haben.


USA: Konsum auf Pump?

Die USA hatten das Vorhaben einer europäischen Währungsunion über Jahre ungläubig verfolgt. Als der Euro 1999 an den Start ging, hatte man in New York andere Sorgen: die Börse befand sich auf der Zielgeraden des Dot.com-Booms. Wie jeder Börsenboom hatte auch dieser Höhenflug kaum etwas mit Unternehmensfinanzierung zu tun: An der Aktienbörse wechseln Eigentumstitel den Besitzer, nur bei Neugründungen oder Kapitalerhöhungen kann überhaupt etwas von den Erlösen in das Unternehmen fließen. Die Investitionen in alte oder neue Technologien finanzieren die Unternehmen in USA wie hierzulande im wesentlichen aus einbehaltenen Gewinnen.

Die massive Ausweitung der privaten Verschuldung entstand nicht im Unternehmenssektor, sondern bei den Privathaushalten: Die einen liehen sich Geld zum Leben, die anderen für die Teilnahme am Börsenspiel. Gegenstück zur wachsenden privaten Verschuldung war das Defizit in der Leistungsbilanz, denn der staatliche Sektor wies von 1998-2000 sogar einen gewissen Überschuß auf.

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Im Frühjahr des Jahres 2000 brach die Spekulation zusammen. Millionen US-Amerikaner hat das ihre Altersversorgung gekostet. Doch die folgende Rezession war vergleichsweise mild und rasch zeigt die Konjunktur wieder nach oben, es findet reale Akkumulation statt. Nur muß inzwischen das Ausland die US-Defizite im privaten wie im staatlichen Sektor finanzieren, da die Privathaushalte im Immobilienbereich das Schuldenmachen fortsetzten und die Bush-Administration Kriege und einiges mehr zu finanzieren hat. (Finanzsystem und wirtschaftliche Entwicklung: Tendenzen in den USA und in Deutschland aus makroökonomischer Perspektive. Till van Treeck, Eckhard Hein und Petra Dünhaupt. IMK in der Hans-Böckler-Stiftung, 2007)

Sebastian Gerhardt | 26.09.08 16:20 | Permalink

Kommentare

Schöner Artikel - mit kleinem Typo:
"Die sozialistischen Betriebe hatten aber Geldvermögen haben, weil sie besser kontrolliert werden konnten"

Verfasst von: Herr Sondermann | 27.09.08 03:29

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