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Schweigen über die Versenkung der Cap Arcona mit 8000 KZ Häftlingen

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Die "Cap Arcona" - Mit Häftlingen des KZ Neuengamme an Bord von britischen Kampfflugzeugen am 3. Mai 1945 versenkt. Archiv: DHM, Berlin

Mit dem Zweiten sieht man besser. Allerdings nicht wenn man auf dem rechten Auge völlig blind ist wie das bundesdeutsche Geschichtsbewusstsein. Und so bekommt in seltsamer Eintracht das deutsche Bildungsbürgertum aus dem Bioladen im Bötzowkiez bis zum Bild-Leser in Oberbayern ein Leckerli, damit es sich auch mal als Opfer des Krieges fühlen kann. Nach dem Dresden-Inferno nun das arme Kriegsschiff Gustloff das es beheulen kann. Das dieses jähe Kriegsende allerdings nur ein Element im völkischen Autodafé der folgsamen Deutschen war, will heute keiner was wissen.

Wenige Monate nach der Gustloff, am 3. Mai 1945 wurde ein anderes Schiff, die Cap Arcona, das ebenfalls der Hamburg-Südamerika-Linie gehörte aus der Luft von britischen Einheiten bombardiert. Die Logik der SS war in diesem Fall allerdings nicht mehr wie bei der Gustloff das „reine deutsche Blut“ vor den „asiatischen Horden“ zu schützen und durch einen inszenierten Massen-Selbstmord mit nach Walhalla zu nehmen. Die Verlegung von Tausenden von Flüchtlingen, darunter zahlreichen Franzosen und Polen auf die Cap Arcona war von Anfang an auf einen Massenmord von Menschen -die zu "Untermenschen" degradiert wurden- ausgerichtet.

Nahezu 8000 KZ Häftlinge sollten auf dem Geisterschiff, welcher in der Lübecker Bucht lag verhungern bzw. gezielt der Royal Air Force als Kriegsobjekt präsentiert werden. Nur sehr wenige Häftlinge haben das Bombardement überlebt, noch weniger waren stark genug um durch das kalte Wasser bis zum Ufer zu gelangen. Unter ihnen der Schauspieler Erwin Geschonneck.

Historiker meinen die in ihren Folgen verheerende Wahl des Kriegsschiffes Gustloff als Transporter von „Deutschen Flüchtlingen“ aus Ostpreußen sei überstürzt und schlecht vorbereitet gewesen. So war die Gustloff nicht als Lazarettschiff gekennzeichnet, hatte mehr als 1500 Soldaten an Bord und war bewaffnet. Die Gustloff wurde bereits in den 30er Jahren als Truppentransporter der Legion Condor eingesetzt um den Putsch General Francos im Spanischen Bürgerkrieg zu unterstützen. Während des gesamten II. Weltkrieges bis zu seiner Versenkung diente das Kriegsschiff der 2. U-Boot-Lehrdivision in dem okkupierten polnischen Gdynia (Gdingen). Im Fall der Gustloff ist es unerheblich, ob es nun ein Fehler oder allein Berechnung und gehorsame Erfüllung der Befehle Hitlers war, nach welchem es kein danach geben wird und somit alle als Schicksalsgemeinschaft mit dem Reich untergehen müssen.

Im Gegensatz dazu wurde die Cap Arcona ohne Zweifell vorsätzlich als Kriegsschiff ausgewählt um die Ermordung von KZ Häftlingen aus dem Lager Neuengamme kurz vor Kriegsende zu beschleunigen. Im Gegensatz zur beheulten Gustloff waren auf der Cap Arcona keine Nazis sondern deren Opfer.

Michal Stachura | 09.03.08 11:33 | Permalink