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conspire. transmediale.08

Gestern wurde die transmediale.08, Festival für Kunst und Digitale Kultur in Berlin eröffnet. Unter dem Logo „conspire“ finden im Haus der Kulturen und an externen Orten sechs Tage lang Vorträge, Performances, Filmaufführungen und Ausstellungen statt. Die Wahl des Schwerpunktes erläutern die Organisatoren so: „Unter dem Einfluss allgegenwärtiger Bedrohungsszenarien weicht der selbstverständliche Anspruch auf freiheitliche Grundrechte mehr und mehr dem Bedürfnis nach Sicherheit. Das verschwörerische und spekulative Moment erscheint hierbei als dominierende kulturelle Kategorie des digitalen Zeitalters. Das Internet – und mit ihm unsere Vorstellung von Echtzeit-Kommunikation, ständiger Erreichbarkeit und Mobilität – entpuppt sich als ein gewaltiges, alles umspannendes Mysterium, das in einem kaum wahrnehmbaren Rauschen, rätselhaften Botschaften und einem intensiven Drang zur Introspektion zum Ausdruckt kommt. Ist unser Instinkt für Wahrheit und Offenheit in Gefahr, von dem Spektakel einer diffusen Bedrohung betäubt zu werden?

Mit dem Aufruf zum „CONSPIRE“ wendet sich die transmediale.08 an all die interdisziplinären Forscher, Medienagenten und Tarnkappen-Strategen, die sich diesen unausgesprochenen Verhaltensregeln entziehen und die verborgenen Kodes herausfordern, unterwandern und verfremden, die so sehr in unserer Welt verwurzelt sind. Indem sich die transmediale.08 dem Wesen, der Struktur und Atmosphäre dessen widmet, was wir gemeinhin als Verschwörung begreifen, möchte das Festival die oberflächliche Rhetorik der post-9/11 Hysterie überwinden.“

Am Mittwoch fand eine Veranstaltung zum „CHILEAN NETWORK“ statt, u.a. mit Fernando Flores aus Chile, er war Wirtschaftsminister und Generalsekretär unter Allende und hatte damals das nationale Computernetzwerk-Projekt „Cybersyn“ initiiert. Die Beziehung zwischen Technologie, Politik und Kultur in der Konstruktion des „Cybersyn“ reflektieren die Geschichte des sozialistischen Wandels im im Chile der frühen 70er Jahre und unterschied sich stark von den Ursprüngen des „ARPANETS“ des U.S. Verteidigungsministeriums, das zu einem dezentralen Kommunikationsnetzwerk aufgebaut wurde. Die Gestaltung des „Cybersyn“ enthielt einige der ethischen, kulturellen und partizipatorischen Überlegungen, die das sozialistische Experiment Chile charakterisierten. Am 11. September 1973 gerieten diese zwei diametral entgegengesetzten Netzwerke miteinander in Konflikt.
Am Donnerstag findet ab 13:00 eine Veranstaltung mit dem Titel „Embeding fear. The internet and the spectacle of hightened alert. Der offene Charakter des Internets macht es nicht nur zum weltweit mächtigsten Werkzeug zur Erzeugung konspirativer Narrative, sondern befördert zugleich die Kreation der wohl größten internationalen Plattform für die Entwicklung und Verbreitung politischer, militärischer und unternehmerischer Propaganda. Jede Gruppe mit Zugang zum Netz kann mit jeder beliebigen realen oder fiktiven Aktion an die Öffentlichkeit treten. Welche Gefahren entstehen für Kultur und Identität, wenn die Freiheit von Zugang und Kommunikation in Konflikt mit einem unscharf definierten, doch allgegenwärtigen und zu großen teilen online ausgefochtenen „war of terror“ gerät?
Darüber streiten: Loretta Napoleoni aus New York, sie arbeitet zum Thema der Finanzierung von Terrornetzwerken und spürt Netzwerkstrukturen auf, analysiert und rekonstruiert sie.
Naeem Mohaiemen, arbeitet als Künstler und Autor in Dhaka und New York zu Sicherheitswahn als Reaktion auf terroristische Bedrohung, gescheiterte Revolutionsbewegungen und den Umschwung von der Utopie zur Dystopie.
Yassin Musharbash aus Berlin, arbeitet als Journalist, Arabist und Autor, er ist Redakteur von „Spiegel online“ und beschäftigt sich mit der Strukturänderung von al-Qaida im und durch das Internet.
Am Abend gibt es ein Konzert der mit dem transmediale Award 2008 nominierten Japaner Naoyuki, Keisuke Oki, Minoru Sato. Unter dem Titel „Valve / Membrance“ werden eine Reihe elektronischer und nicht-elektronischer Musikstücke mit Ventilinstrumenten traditioneller japanischer und chzinesischer Herkunft aufgeführt.

natter | 30.01.08 19:04 | Permalink