« Wir sind alle verdächtig | Hauptseite | Schleyers „unverständlicher Tod“ und die deutsche Geschichte »
Freitag, 23. November 2007, 17 Uhr
Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin,
Raum 3094 (Hauptgebäude, Seitenflügel, 3. OG)
Das Problem rechtswidriger Gewaltanwendung durch Polizeibeamte ist immer wieder Thema öffentlicher Dis-
kussionen, wie zuletzt im Zusammenhang mit den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm. Dabei
werden derartige Vorkommnisse zumeist als Ausnahme behandelt, obwohl es deutliche Hinweise darauf gibt,
dass es sich um ein strukturelles Problem handelt. Hierfür sprechen nicht zuletzt die zahlreichen Berichte von
Betroffenen, denen zufolge polizeiliche Übergriffe eher Alltag als Ausnahme sind. Zugleich werden die
Befugnisse der Polizei zunehmend ausgeweitet, die Beamten immer umfassender ausgerüstet und schwinden
die Grenzen zwischen Polizei und Militär.
Als besonders problematisch erweist sich, dass eine effektive, unabhängige Kontrolle und Aufarbeitung polizei-
lichen Fehlverhaltens kaum erfolgt. Da eine besondere externe Instanz diesbezüglich nicht vorgesehen ist,
findet eine Bearbeitung solcher Fälle bislang nur intern v. a. im Rahmen von Disziplinarverfahren sowie durch
die Strafverfolgungsbehörden statt. Beide Kontrollinstanzen sehen sich jedoch angesichts ihrer Nähe zu den
Beschuldigten dem Vorwurf mangelnder Objektivität ausgesetzt.
Nachdem das Problem in den vergangenen Jahrzehnten durch Polizei und Verwaltung vor allem ignoriert oder
abgestritten wurde, zeigen sich nun teilweise vorsichtige Tendenzen in eine andere Richtung. Hierfür stehen
ein langsam zunehmendes Problembewusstsein wie auch vereinzelte Gegenmaßnahmen, wie etwa Projekte
für eine Menschenrechtsbildung bei der Polizei. Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen fordern darüber
hinaus seit Jahren verschiedene weitergehende Maßnahmen, wie z. B. eine Kennzeichnungspflicht für
Polizeibeamte oder eine differenzierte statistische Erfassung einschlägiger Vorfälle, um so fundierte Aussagen
über Umfang und Struktur des Problems möglich zu machen.
Vor diesem Hintergrund sind in besonderem Maße eine öffentliche und wissenschaftliche Auseinandersetzung
sowie eine unabhängige Arbeit von Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen gefragt. Zu diesem Zweck
wollen wir mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Politik sowie von Menschen- und Bürgerrechts-
organisationen über das Ausmaß des Problems und mögliche Gegenstrategien diskutieren.
17.00: Struktur und Umfang rechtswidriger Gewalt durch Polizeibeamte
Prof. Dr. Thomas Feltes, Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Kriminologie und Polizeiwissenschaft
Polizeigewalt im internationalen Kontext: Empirische Befunde und kriminalpolitische Konsequenzen
Martin Herrnkind, Kriminologe, amnesty international
Polizei-interner Umgang mit Übergriffen
Alain Mundt, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV)
Polizeiliche Übergriffe am Beispiel der Proteste gegen den G8-Gipfel
18.00: Zur Strafverfolgung von polizeilichen Übergriffen
Tobias Singelnstein, Freie Universität Berlin
Zur strafjustiziellen Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte
Karen Ullmann, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV)
Strafverfahren gegen Polizeibeamte in der Praxis
19.00: Gegenstrategien
Falk Menzner, amnesty international
Forderungen von amnesty international
Bernhard Schäfer, Deutsches Institut für Menschenrechte (angefragt)
Das Zusatzprotokoll zur UN-Antifolterkonvention in Deutschland
Judith Demba, Büro Tobias Pflüger (MdEP)
19.30: Diskussion mit dem Publikum
Moderation: Heike Kleffner
Veranstalter: amnesty international (ai) , Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV) und Arbeitskreis kritischer Juristen und Juristinnen (akj)
A.S.H. | 16.10.07 16:27 | Permalink
Kommentare
enorm wichtige Veranstaltung, zu der man vielleicht doch auch Verterter der Polizeigewerkschaft einladen sollte!
Verfasst von: anselm weidner | 16.11.07 11:26