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Kaviar und Champagner für Journalisten in Heiligendamm

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Gerade hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Eilanträge gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern über die Kundgebungen in der Verbotszone der Allgemeinverfügung abgelehnt. Eine Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde als solche steht noch aus.

Mit der Entscheidung versäumten die Richter eine gute Gelegeheit ein für die demokratische Meinungsbildung wichtiges Element aufzuzeigen. Was nützt denn eine Demo, die durfch Polizei so abgegrenzt wird, dass eine öffentlichkeit gar nicht gewährleistet werden kann? Die Richter verkannten, wie wichtig für die DemonstrationsteilnehmerInnen die Entfernung zum Flughafen ist und warum der Protest gegen Militarisierung und Krieg in Hör- und Sichtweite der Adressaten stattfinden muss.

Damit können die Mörder und Kriegstreiber des G8-Treffens in Heiligendamm ungestört weitere Kriege vorbereiten und als „Engagement für die Welt“ verkaufen. Die Polizei sorgt mit Repressionen für eine ruhige Szenerie und die Marginalisierung von Protest. Dies ist natürlich nur möglich, wenn alle Darsteller nach einem bestimmten Plan mitspielen. Wenn die Polizei wahlos knüppelt, könnte es ja auch Kritiker geben. Deshalb muss bei der Besetzung der Hauptrollen gräßte sorgfalt beachtet werden. Radikale Kritiker müssen als Gewalttäter auftreten. In der Praxis geht das ja bereits dadurch, dass man kritischen JournalistInnen die Akkreditierung verweigert. Diese somit an wichtige Infos nicht mehr rankommen und in der „Medien Szene“ nichts zu sagen haben.

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Nach mehreren Durchsuchungen und Check inklusive Geruchsüberprüfung darf man in die "Molli", eine Schmalspurbahn steigen und vom Press-Center nach Heiligendamm fahren.

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Die selektiven Mediendarstellung und maßlose Übertreibung einiger gewaltsamer Auseinandersetzungen am Rande der bisherigen Protestaktionen gibt dem repressiven Polizeiapparat, dem Staat und seinem menschenrechtswidrigem Sicherheitskonzept einen Anstrich von Plausibilität.

Aber diese Konstruktion funktioniert nur, wenn man auch Unterstützung von vermeintlichen GegenerInenn bekommt, die die Rerpressionen legitiomieren. Attac spielt seine Rolle in diesem Spektakel hervorragend.
Erst gestern wurde auf dem großen Plenum im Camp Rostock von dem Brandeburger Barrio der Antrag gestellt, dass sich Attac von seinen Presseerklärungen distanzieren soll oder das Camp verlassen soll.

Attac hat in letzter Zeit immer wieder in Interviews und Presseerklärungen von „Gewalttätern“ gesprochen und ihnen die Solidarität abgesprochen. In einem NDR Beitrag plauderten sie sogar über die interne Verteidigungsstruktur des Camps bei einem evtuellen Angriff der Nazis oder eienr Räumung durch die Polizei.


Die reudige Berichterstattung der offiziellen Medien zum G8-Gipfel legt Zeugnis ab über die Verfassung dieser Gesellschaft und den Zustand der Demokratie. Doch wie werden die entsprechenden Bilder und Stereotype produziert? Wie kommt es, dass trotz der Existenz einer kritischen Gegenöffentlichkeit die offizielle Berichterstattung die Macht hat die Wirklichkeit zu konstruieren?

Gestern sprach ich während einer brutalen Polizeiaktion in Rostock-Lichtenhagen mit einem Kameraman von SpiegelONLINE: „Warum hast Du so eine Scheisse über den völlig überzogenen Angriff der Polizei auf die Abschlusskundgebung am Samstag gebracht?“ Der überraschte Journalist schaute mich mit seiner Kollegin an und war sprachlos, dass jemand an seinen Fähigkeiten zweifelte. Eine Antwort blieb aus.

So verwunderte mich kaum als ich am Abend im Indymedia Center im Camp Rostock erneut einen wirklichkeitsfernen Bericht über den Angriff der Polizei auf die Kundgebung am Sonnenblumen-Block sehen musste.

Wie wird diese Gedankenlosigkeit eigentlich produziert? Wie schaffen es die JournalistInenn so blind gegenüber der Gewalt zu sein, die von diesem Staat ausgeht? Warum schaffen sie es nicht trotz vor Ort seins die Zusammenhänge der Gewalt aufzudecken? Warum helfen sie mit ein neues Genua heraufzubeschwören?

Die Antwort ist erschreckend einfach. Ein Blick in das Pressecenter des Bundespresseamtes in Kühlungborn gibt Auskunft.

Die Journalisten flanieren am Strand. Schwingen ihre Akkreditierungs-Badges in der Luft und fahren zwischen Stacheldraht mit der „Molli“ nach Heiligendamm zum Press-Event. Doch dieses ist nur eine Farce journalistischer Arbeit, den fragen dürfen nicht gestellt werden, es sind vielmehr Foto-Termine. Es ist eine andere Welt. Kein Protest. Keine Spur von Gewalt?

Eine Dame serviert Würstchen, etwas weiter bedienen sich die Herren und Damen mit Champagner der Ihnen gratis zur Verfügung gestellt wird. Wer den Tag süß anfangen möchte greift zur Eistruhe oder Konfekt. Selbstverständlich sind Telefon, Drucker, Fax und Internet gratis. Die kleinen Extras die den G8 so schön machen sollen

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Natürlich darf dabei auch die Zivilgesellschaft nicht zu kurz kommen. Diese wird überraschenderweise nur im Singular vertreten. D. h. Attac darf an den Tisch und hat ein eigenes Büro.

Da verwundert es kaum, dass die von Chmpagner beschwipsten „Blubberalisierungsgegner“ sich alle fünf Minuten von Gewalt distanzieren müssen. Mit einer kritsichen Sozialen Bewegung haben diese nichts zu tun.

Michal Stachura | 06.06.07 01:13 | Permalink

Kommentare

hey michal, großartiger beitrag! mach weiter und pass auf dich auf.

Verfasst von: a.s.h. | 06.06.07 02:41

das ist doch mal investigativer journalismus.

kontrolliert die kontrolleure!

Verfasst von: peter pan | 06.06.07 11:12

besonders gefällt mir das zweite bild von oben. thx! und halt durch.

Verfasst von: a | 06.06.07 11:16

Gratulation! SPIEGEL ONLINE kommt mit der Story erst 24h nach dem OST:BLOG.

http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,18932,00.html

Verfasst von: stefan aust | 10.06.07 00:55

super Bericht....Danke für den Einsatz!

Verfasst von: L. | 10.06.07 15:50

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