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Unhaltbare Grundrechteingriffe im Zusammenhang mit 129a Verfahren

Anwaltlicher Notdienst des RAV kritisiert unhaltbare Grundrechteingriffe im Zusammenhang mit 129a Verfahren

Bei der Fahndung nach so genannten militanten Globalisierungsgegnern führt das Hamburger Landeskriminalamt (LKA) zur Zeit umfangreiche Briefkontrollen durch. Ganze Stadtteile sind dabei von „Vorfeldermittlungen“ betroffen. An der Universität Hamburg versuchten Polizeibeamten einen Professor über vermeintliche G8 GegnerInnen zu befragen.

Im Briefzentrum Hamburg-Mitte kontrollieren, einem Bericht der tageszeitung (taz) vom 25.05.07 zufolge, derzeit ca. ein Dutzend Beamte des LKA Hamburg unter Federführung des BKA die Postsendungen mehrerer Zustellungsbezirke - vor allem diejenigen der Stadtteile Altona, St. Pauli, Eimsbüttel sowie des Schanzen- und des Karoviertels. In diesem Rahmen werden, dem Bericht nach, verdächtig erscheinende Postsendungen abgefangen und geöffnet. Auch einzelne Postkastenentleerer seien vom LKA genötigt worden Briefe kontrollieren und beschlagnahmen zu lassen. Ziel der Aktion ist scheinbar mögliche Bekennerbriefe an die Medien frühzeitig abzufangen. Die Ermittlungen stehen in Zusammenhang mit den ca. 60 Hausdurchsuchungen aufgrund des §129a Strafgesetzbuch.

Der anwaltliche Notdienst des RAV kritisiert das die Grundrechte einer Vielzahl von Menschen durch das Bundeskriminalamt (BKA) und das LKA Hamburg immer weitergehend missachtet werden, um gegen G8 GegnerInnen vorzugehen. Um soziale Bewegungen zu kriminalisieren wird §129a aufgrund seiner weitgehend Auslegungsmöglichkeiten genutzt. Ca. 97% aller Verfahren werden nach erheblichen Datenerhebungen ohne Prozess eingestellt. Im Fall der Postkontrollen ist er allerdings nicht anwendbar.

Rechtsanwalt Sönke Hilbrans sagt dazu: "Welche Opfer sollen die Bürgerinnen und Bürger ganzer Stadteile für das Gipfeltreffen noch bringen? Nicht nur durch die Entnahme von Geruchsproben, sondern jetzt auch bei der Postkontrolle greifen manche Sicherheitsbehörden immer unverblümter zu Stasi- Methoden. Es gibt offenbar Minister und Polizisten, denen das Maß für rechtsstaatlich angemessenes Handeln abhanden gekommen ist. Wenn die Justiz sie nicht endlich aufhält, ist das Land auf dem Weg in eine andere Republik."
Auch an der Universität Hamburg wurden Polizeibeamte im Zusammenhang mit den Gipfelprotesten aktiv. In der Pause einer Vorlesung über „Angst als sozialdisziplinierende Maßnahme“ versuchten zwei PolizistInnen einen Lehrenden der Universität Hamburg dazu zu bewegen, ihnen pauschal und ohne Benennung weiterer Gründe die Namen vermeintlicher G8 GegnerInnen zu nennen. Der Professor wies dies entschieden zurück und bat die BeamtInnen das Gebäude wieder zu verlassen. „Der Versuch Lehrende dazu zu bewegen StudentInnen zu denunzieren, die politisch aktiv sind, ist meiner Ansicht nach ein Skandal. Hier wird sowohl das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) als auch die Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3) massiv beeinträchtigt. Offensichtlich reicht bereits eine globalisierungskritische Äußerung in einer Vorlesung um in den Fokus der Polizei zu geraten. Ein solches Vorgehen ist inakzeptabel“ kommentiert Britta Eder, Vorstandsmitglied im RAV diese Vorgehen.
Der anwaltliche Notdienst des RAV betrachtet mit großer Sorge das Globalisierungsgegner unter einen Generalverdacht und somit kriminalisiert werden. Das Grundrecht auf demokratische Proteste soll so anscheinend delegitimiert werden. Die Menschen werden im Falle politischer Aktivität seitens der Polizeibehörden zu Feinden erklärt. Die Anwendung von Feindstrafrecht sollte jedoch kein Mittel rechtlicher Praxis in demokratischen Staaten sein.

Michal Stachura | 25.05.07 15:05 | Permalink