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Von Sisyphos

Die griechische Mythologie ist voller Geschichten und Bilder. Eine ist die von Sisyphos, der unentwegt einen Marmorbrocken den Berg hinaufrollen muß, weil ihm stets, fast am Ziel, dieser wieder herunterrollt.
Eine Arbeit, die großer Anstrengung bedarf und doch niemals erledigt sein wird, nennen wir heute eine „Sisyphus-Arbeit“. Der Duden spricht resignativ von „vergeblicher Arbeit“. So jedenfalls scheint es mit dem Antisemitismus zu sein, der einfach nicht vergehen will und auch in der Linken seine AnhängerInnen hat. In mir entsteht ein: „Jetzt geht das schon wieder los ...“ , „Zum Hundertsten Mal ...“ und „Zurück auf Start!“. Diese Auseinandersetzung ist Arbeit, eine Anstrengung, die doch geleistet werden muß.
Das wird wieder mal deutlich, wenn wir die aktuelle Auseinandersetzung um ein Papier der stellvertretenden Parteivorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Katja Kipping von der Linkspartei.PDS verfolgen. Sie hat am 05. Oktober 2006 einen Text veröffentlicht, der innerhalb ihrer Partei zu einer Debatte führen soll, aber auch außerhalb schon wieder die üblichen Reflexe auslöst.

Da sind die Antideutschen, die ein gutes Beispiel für des Menschen Schwierigkeit im Umgang mit Komplexität sind. Ivo Bozic glaubt in der Jungle World Nr. 43 vom 25.10.2006 tatsächlich, daß eine kritische Auseinandersetzung mit „Antizionismus“ und „Antiimperialismus“ der Linken „... in der Partei offenbar nicht zu machen (ist) ohne eine penetrante Abgrenzung gegenüber „Antideutschen“ und eine jedem einzelnen Absatz aufgepfropfte Relativierung der eigenen Kritik.“ (http://www.jungle-world.com/seiten/2006/43/8709.php). Die Abgrenzung, so meine ich, hat gar keine Penetranz. Jedoch schließt sich „antideutsche“ Ideologie und der Versuch einer differenzierenden Sicht nun einmal aus.
Eine andere Reflexzone ist die Zeitung junge welt, die ja eine ganz eigene lange antizionistische Geschichte hat. Da kann Jürgen Elsässer bis heute gar keine Belege für einen Antisemitismus des „späten Stalinismus“ sehen (junge welt von Freitag, den 03. November 2006, hier kein Link gesetzt, da Artikel nach kurzer Zeit ins Bezahl-Archiv der Zeitung wandert). Den Text wischt er weg, in dem er ihn als Präsentation der “goldenen Mitte“ „jenseits von Antizionismus und antideutschen Zuspitzungen“ diffamiert. Das ist natürlich Unfug, weil es nicht um eine Mitte zwischen diesen zwei Ideologien geht.
Kippings Text enthält für die, die sich schon länger umfassend und differenziert mit dem Thema auseinandersetzen nichts Neues. Für einen Großteil sich Links Gerierender mag das anders sein. So wird manch eine oder manch einer das erstemal lesen, daß es eine zionistische Linke, ja zionistische Kommunisten gegeben hat. Kipping skizziert in kürzester Kürze einen historischen „Exkurs zur Zionistischen Linken“. Was macht die junge welt am heutigen Montag, den 06. November 2006 draus?: „Katja Kipping, immerhin stellvertretende Vorsitzende der Partei, (hat) einen „linken Zionismus“ ... gefordert“. Eine solche Forderung enthält der Text natürlich nicht. In der Lüge können wir nur das Bestreben des Festhaltens an Feindbildern erkennen. Ich empfehle deshalb hier den Originaltext zur Lektüre: http://www.katja-kipping.de/nahost.htm.

david | 06.11.06 22:58 | Permalink