« Brasiliens populäre Gangsta-Rapper propagieren sadistische Gewalt und die nationalen Verbrecherorganisationen | Hauptseite | Bundestag veröffentlicht "Schäferbericht" »

Der Papst kommt oder alles Heilige in Krakau

PapstInWarschau.jpg
Benedikt auf dem Weg vom Flughafen Fot. LASZLO BALOGH REUTERS

- Erlebnisbericht von A. Schwarzenbach aus Krakau -

Jeden Morgen Punkt sieben Uhr werde ich vom katholischen Gesang von Radio Maria geweckt. Inzwischen kenn ich die Litanei auswendig. Und jeden Morgen versuch ich mich nicht aufzuregen und Verständnis für meine Nachbarn unter mir aufzubringen, denen anscheinend die Morgenmesse über Radio Maria viel bedeutet. Ich versuche nicht daran zu denken, dass Radio Maria, das Synonym für Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus, Patriarchismus und Homophobie ist, bestehend aus einem (leider) sehr großen Haufen katholischer FundamentalistenInnen.

Krakau ist ganz aus dem Häuschen. Der Papst kommt auf Besuch! Heute landet sein Flugzeug auf dem Flughafen „Jan Pawel II“, der nach dem Vorgänger von Benedikt XVI benannt ist: Seit Tagen wird die Stadt einer systematischen Bearbeitung unterzogen: Jede Hauswand in der Stadt ist frisch gestrichen, jedes Graffiti abgekratzt, alle „Schandflecken“ sind verschwunden. Die Antisemitischen Schmierereien von denen die polnsichen Städte sonst voll sind, scheinen plötzlich aus rein ästhetischen Gründen jemanden gestört zu haben. Die Bauarbeiter auf dem Rynek Główny (Marktplatz) haben die letzten Wochen Tag und Nacht gearbeitet, damit der Marktplatz zur rechten Zeit fertig ist und die Stadt ihre höchste Autorität auch gebührend empfangen kann. Die Farben päpstlichen „coat of arms“ weiß-gelb, weiß-blau und weiß-rot dominieren das Stadtbild. Kinder und Erwachsene laufen gleichermaßen mit Vatikansfahnen in der einen Hand und der polnischen Fahne in der anderen Hand durch die Strassen.

8288_4_full.jpg
Beleidigt den Heiligen Vater

Rasenflächen werden ausgelegt, wo sonst normale Strassen sind, Denkmäler werden geputzt, sogar das Sprachenzentrum der Jagellonien Universität streicht in diesen Tagen ihren Zaun frisch an. Während der Tage des Papstaufenthaltes sind Tampon-, Damenbinden-, Toilettenpapier-, und alle sonstigen „beleidigenden“ Werbungen verboten. Die Läden dürfen drei Tage lang keinen Alkohol verkaufen. Anstelle der Kondome, stehen Taschentücher in den Regalen.

Von jeder Plakatliftsäule lächelt uns der ehrwürdige Vater an.

Die Zeitungen sind voll mit Hinweisen zum genauen Programm des Papstbesuches. Straßenbahnen und Busse verkehren auf anderen Routen. Die Stadt ist drei Tage lang von der Außenwelt abgeschnitten, da wegen Sicherheitsvorkehrungen fast alle Strassen gesperrt werden.

Nicht sicher ist man sich darüber, ob heute Freitag gearbeitet werden soll oder nicht. Am Montag dieser Woche gab die Stadtregierung bekannt, dass der Freitag Schul- und Arbeitsfrei sein soll, am Mittwochabend entschied man sich um und empfahl den öffentlichen Institutionen und Schulen normal zu arbeiten. Schlussendlich wusste niemand so genau, was jetzt angesagt ist und jeder Lehrer jeder Beamter hat wohl gestern selber entschieden, ob er heute zur Arbeit gehen will.

Dieses hin- und her geht selbst einigen Krakauerinnen zu weit, „nicht einmal als unser Papst (gemeint ist Jan Pawel II) auf Besuch kam, gab es schulfrei, ich weiß nicht was dieses Theater soll“ meinte eine Lehrerin am Sprachenzentrum der Universität.

Kondome.jpg
Die kleinen Gummidinger sind für Paar Tage Tabu - Konsequenzen ... so ähnlich wie beim Stromausfall in der DDR

Ansonsten scheint sich die Kritik über den Papstrummel sehr in Grenzen zu halten. Es wird zwar ab und zu leise gelächelt über den Aufwand der betrieben wird, aber im Großen und Ganzen ist man doch stolz und schwelgt in freudiger Erwartung. Selbst die sehr kleine Linke Szene in Krakau dürfte wohl nicht viel gegen diesen Brimborium unternehmen (können). Zum einen, sind der Papst und die katholische Kirche in Polen noch größere Tabus, als sonst überall in Europa, zum anderen sind die Sicherheitsvorkehrungen so hoch, dass eine Aktion sehr schwierig sein dürfte. Vor einigen Jahren (1997) scheiterte aus diesen Gründen die gut vorbereitete Anti-Papst-Demo im schlesischen Wrocław. Bereits Monate vor dem Besuch Johannes Paul dem II wurden Dutzende von Menschen um die dortige Federacja Anarchistyczna abgehört. Es gab Anwerbungsversuche und Erpressung seitens der Polizei und UOP. Am Schluss kam es nicht einmal dazu die Transparente auszurollen. Mehrere Hundert Menschen wurden damals in die Wannen gezerrt und einige Kilometer außerhalb der Stadt rausgeschmissen. „Das ist Eure Demokratie“; „Das ist Eure Meinungsfreiheit“ stand am nächsten Tag auf den Wänden Wrocławs.

…und weil der Papst heute kommt, werde ich nicht nur Morgens von sieben bis acht Uhr mit Radio Maria gesegnet, sondern habe den ganzen Tag das Vergnügen dieses heiligen Gesangs.

Michal Stachura | 26.05.06 12:08 | Permalink

Kommentare

Dagegen scheint in Polen noch kein Kraut gewachsen zu sein.

Würde es mal in der Apotheke versuchen mit Ohrstöpsel, aber vermute die wurden mit den Kondomen weggespert damit keiner von den "Schäfchen" beim Horchen was der Hirte sagt nicht schummeln kann :-)))

Halt durch!

Verfasst von: Ohropax | 26.05.06 20:41

am Anfang war nicht das Wort, sondern die eidesstaatliche Versicherung

Verfasst von: unionsbuerger | 28.05.06 08:57

Also ich war auch übers Wochenende in der Ecke - d.h. in Zakopane. Und als ich Samstag Nachtmittag ein paar Bierchen kaufen wollte, wurde ich im Laden von der Verkäuferin angepöbelt - wie kann ich es auch wagen Bier zu kaufen.

Am 27 und am 28.Mai war ja in ganz Polen Alkoholverkaufsverbot wegen der Papst Hysterie. So was bescheuertes !!! Ich habe mir dann aber mein rechtliches Talent zu nutze gemacht und mal die Verordnung durchgelesen.

Getränke mit einem Alkoholpegel von höher als 4,5% dürfen nicht verkauft werden. Tja - da haben aber die polnische Wächter der Unbeflecktheit der Nation gepennt. Pilsner Urquell hat 4,4%. Tja und schon war der Abend gerettet.

Ein guter Tipp für alle zukünftigen potentiellen Opfer von Papstbesuchen im Land wo die Frequenz eines Senders namens Radio MaRyja (für ewig Jungfrau - zawsze dziewica) sogar den Funkverkehr der Bundeswehr stört.

Verfasst von: Peter Koll | 30.05.06 16:51

http://www.fettisch.de/wp/2006/08/16/panzerkardinal-oder-monster-papst/

Jetzt aber mal ehrlich, ist SOWAS denn noch hinnehmbar?!! Ist das was sich Blogger unter freier Meinungsäußerung vorstellen? Du gehörst schließlich auch dazu, und einfach nur wegschauen heißt so einen Schmutz zu unterstützen!
Wenn du als Blogger noch einen Funken Anstand im Leib hast, dann MACH WAS! Meine Kommentare werden bei diesem Schmutzfink einfach gelöscht, ich kann da nichts ausrichten. Aber VIELE können etwas ausrichten! Dieser Gottesverachtende Schmutz darf so nicht stehenbleiben! TUT BITTE ETWAS!!!

Verfasst von: Raphael | 16.08.06 20:09

Kommentar schreiben

-->

(Wenn Du auf dieser Site noch nie kommentiert hast, wird Dein Kommentar eventuell erst zeitverzögert freigeschaltet werden. Danke für Deine Geduld.)



Please enter the security code you see here