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Brasiliens Bischof Kräutler: Viele Hintermänner der Ermordung von Dorothy Stang noch frei

--von Klaus Hart, Sao Paulo--

Ein Jahr nach der Ermordung der nordamerikanischen Urwaldmissionarin Dorothy Stang hat Brasiliens Bischof Erwin Kräutler ein Komplott zum Schutz von Auftraggebern der Tat angeprangert. Während einer Gedenkmesse in Anapu, dem nordbrasilianischen Wirkungsort der Missionarin, sagte Kräutler, die Zentralregierung in Brasilia und die Regierung des Amazonasteilstaates Parà wollten die Ermittlungen stoppen, obwohl längst nicht alle Mittäter identifiziert seien. Ein Konsortium aus Bodenspekulanten und Holzfirmen habe den Mord bis in die kleinsten Details geplant. "Warum wurden nicht jene von der Polizei vernommmen, die Dorothy Stangs Tod mit Feuerwerk, Festen und Saufgelagen feierten?", fragte der Bischof. Die Verurteilung der beiden Mordschützen sowie der bevorstehende Prozeß gegen drei Auftraggeber wirkten wie ein Rauchvorhang und sollten die Öffentlichkeit beruhigen. Unternehmer und hohe Politiker, die ebenfalls verwickelt seien, blieben indessen unbehelligt. Entsprechende Ermittlungen müßten sofort beginnen. Gerechtigkeit sei nur scheinbar hergestellt worden. Kräutler erinnerte daran, daß nach dem Mord an Dorothy Stang zahlreiche ihrer Mitstreiter Morddrohungen erhalten haben. Der Bischof selbst steht ebenfalls auf einer Todesliste. Staatschef Luis Inacio Lula da Silva warf er vor, den Graben zwischen den Wohlhabenden und jenen vertieft zu haben, die vergeblich für ein besseres Leben kämpften. Über Lula herrsche Enttäuschung, weil er weder der Agrarreform Priorität gebe noch für die versprochene Gerechtigkeit in den Landregionen sorge. Brasiliens Justiz dürfe reiche Kriminelle nicht länger schonen. Zwar sei der Justizapparat gemäß Verfassung unabhängig, richte sich indessen in der Praxis nach der Regierung.
Aktivisten von Greenpeace Brasilien haben nahe dem Grab von Dorothy Stang in Anapu 820 Holzkreuze in die Erde gesetzt, um an jene zu erinnern, die in den letzten drei Jahrzehnten bei Landkonflikten ermordet wurden oder Morddrohungen erhielten.
Dorothy Stang hatte sich für Umweltprojekte im Regenwald sowie für die Interessen von Landlosenfamilien eingesetzt. Trotz zahlreicher ernstgemeinter Morddrohungen war ihr kein Polizeischutz gewährt worden.

Klaus | 14.02.06 16:04 | Permalink