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Nach dem Abzug der Soldaten geht die Besatzung weiter

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Polnischer Premier Kazimierz Marcinkiewicz beim traditionellen Oblatten-Teilen im Irak - Der Friedensgruss gilt leider nicht der Irakischen Bevölkerung (c) JERZY UNDRO/PAP

Premierminister Kazimierz Marcinkiewicz, der gestern im irakischen Ad-Diwani -dort stationierte- polnische Soldaten besuchte, erklärte er werde am Dienstag nach Weihnachten endgültig über den weiteren Verbleib oder Abzug des polnischen Militärs aus dem Irak entscheiden. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich nunmehr bereits die 6. Truppen-Ablösung auf einen Einsatz im Irak vorbereitet. Die 12. Division und die 25. Brigade werden auf die Besetzung des Iraks auf dem Truppenübungsplatz in Węgrzyn vorbereitet. Im Januar 2006 sollen dann ausgewählte Einheiten die sechse Edition der Ausbildung "Eufrat" abschliessen. Der sechste völkerrechts- und verfassungswidrigen Einsatz kann dann beginnen und soll von Februar bis Juni 2006 stattfinden.

Bereits Monate zuvor kündigte der (damalige) polnische Verteidigungsminister Jerzy Szmajdziński an, die polnischen Truppen bis Ende 2005 und damit bis zum Ende des „UN-Mandats“ (Resolution 1483 legitimiert nicht den Irak-Krieg selbst, nimmt aber die tatsächliche Besetzung des Iraks zum Anlass die Besatzer an die Einhaltung der Genfer Abkommen und die Haager Landkriegsordung zu erinnern*) aus dem Irak abzuziehen . Nach den Wahlen beginne eine neue Phase für das ausländische Militär, dessen Aufgabe der Minister verstärkt in der Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte sieht. „In dieser Phase kann es zu einer weiteren Verringerung der Truppenpräsenz kommen, die durch zivile Kräfte ersetzt wird.“ Seit Oktober 2003 sind im Irak rund 2500 polnische Soldaten stationiert.

Doch auch wenn es zu einem Abzug der ausländischen militärischen Besatzer kommt, auch wenn erste "freie Parlamentswahlen" durchgeführt wurden kann man nicht von der Widererlangung der vollständigen Souveränität des Iraks sprechen. Die irakische Wirtschaft wurde durch die Besatzungsmächte (die US-Amerikanische Besatzungsmacht und ihre Verbündeten, namentlich die Republik Polen und Gross Britanien) regelrecht ausgeplündert. Diese systematisch betriebene Wirtschaft-Plünderung wurde in quasi-rechtliche Rahmen gegossen und vertraglich auf mehrere Jahre abgesichert.

Damit versucht die zivile Besatzungsverwaltung (Coalition Provisional Authority) über die offenkundige Illegalität ihrer Maßnahmen hinwegzutäuschen. Die Wirtschaftskolonialisierung nach der eigentlichen Besatzung kann so durch ausländische Konzerne, die entscheidende Dienstleistungen und Wirtschaftzweige des Landes kontrollieren weiter fortbestehen.

Bewaffnete Konflikte stellen von ihrer Natur aus eine gravierende Verletzung elementarster Menschenrechte dar.
Die begründete Fokussierung der Friedens- und Menschenrechtsbewegung auf die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsnormen gegenüber Staaten erlaubt es dabei oft nicht in angemessener Weise auch Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu verfolgen und ihren Einfluss auf die Durchsetzung der Menschenrechte zu analysieren. Derzeit erarbeitet eine Internationale Gruppe Kritischer JuristInnen an der Europa Universität Viadrina ein juristisches Gutachten zu den Verletetzungen des humanitären Völkerrechts im Irak. Sie sollen Anfang kommenden Jahres abgschlossen sein. Die Arbeiten werden u.a. durch die britische Journalistinn Naomi Klein unterstützt.

Die ausgeprägte Praxis der offenkundigen Missachtung des humanitären Völkerrechts beurkundet – insbesondere in den letzten 15 Jahren - eine folgenschwere Schwäche der bestehenden völkerrechtlichen Normierungen. Kriegsverbrechen die bei der Besetzung fremden Staatsgebietes verübt worden sind, haben aber einen unmittelbaren Einfluss auf elementare Regeln und Prinzipien des Völkerrechts wie das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die souveräne Gleichheit aller Staaten. Die Folgen sind umso gravierender als gegenwärtige wirtschaftliche Globalisierungsprozesse parallel mit der zunehmenden Gewaltanwendung demokratisch legitimierter Industrie-Staaten zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Interessen einhergehen.

Anmerkungen:
*Damit unterstützt die UNO die US-geführte Übergangsverwaltung im Irak bis zur Einsetzung einer demokratisch gewählten Regierung und die Aufhebung der Sanktionen, mit Ausnahme des Waffenembargos. Der Sicherheitsrat wird sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut mit dem Mandat der Überwachungs-, Verifikations- und Inspektionskommission der Vereinten Nationen (UNMOVIC) sowie der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) im Irak befassen. Siehe dazu: AG Friedensforschung an der Uni Kassel

Weitere Infos:

Naomi Klein - Iraq is not America's to sell

Internationale Arbeitsgruppe Kritischer JuristInnen
http://www.peaceresearch.com/

Michal Stachura | 22.12.05 15:24 | Permalink

Kommentare

Frage: Wie hat er sich denn entschieden und wann wurde die Enscheidung umgesetzt?:

Premierminister Kazimierz Marcinkiewicz, der gestern im irakischen Ad-Diwani -dort stationierte- polnische Soldaten besuchte, erklärte er werde am Dienstag nach Weihnachten endgültig über den weiteren Verbleib oder Abzug des polnischen Militärs aus dem Irak entscheiden. Gleichzeitig wurde bekannt, dass sich nunmehr bereits die 6. Truppen-Ablösung auf einen Einsatz im Irak vorbereitet. Die 12. Division und die 25. Brigade werden auf die Besetzung des Iraks auf dem Truppenübungsplatz in Węgrzyn vorbereitet. Im Januar 2006 sollen dann ausgewählte Einheiten die sechse Edition der Ausbildung "Eufrat" abschliessen. Der sechste völkerrechts- und verfassungswidrigen Einsatz kann dann beginnen und soll von Februar bis Juni 2006 stattfinden.

Verfasst von: Helmar | 03.09.07 01:53

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