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Im Bild zu sehen: Stefan Latzel (Mr. Bean) und rechts daneben, die sog. "Autonomen Nationalisten" aus Berlin
Wie schon in den letzten Jahren zum Jahrestag des Pogroms der Nazis gegen Juden, veranstalteten Görlitzer Neonazis, die der NPD zuzurechnen sind, eine Aktion auf dem Görlitzer Postplatz. Mindestens 10 Neonazis, versammelten sich mit einem Transparent mit der Aufschrift „WIDERSTAND – DAMALS WIE HEUTE“ und einer Schwarz-Weiß-Roten Fahne vor dem Gerichtsgebäude.
Die Stadt Görlitz, die sich zusammen mit der polnischen Partnerstadt Zgorzelec - auf der anderen Seite der Neisse - um den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2010 bewirbt, erteilte eine Genehmigung für diese Nazi-Demo. Das pikante dabei ist, dass die Demo auch eine antipolnische Stossrichtung hatte: Polen wurden zum Verlassen von Görlitz, der letzten schlesischen Bastion im wiedervereingten Deutschland aufgefordert. Gedacht wurde auch an die Verschiebung der Staatsgrenzen und den Anschluss des Westens Polens zu Deutschland, zu dem es aber an dem Tag wegen schlechtem Wetter nicht mehr gekommen ist. Aber bis 2010 ist ja auch noch bisschen Zeit. Insbesondere wenn in Polen die Nazis auch mitspielen würden.
Auf der polnischen Seite in Zgorzelec fühlt man sich jedoch zunächst durch die Genehmigung der Demo durch die Stadt Görlitz öffentlich in seiner Daseinsberechtigung in Frage gestellt. Ausgerechnet Stanisław Głowacki, ein rechtes Rats-Mitglied der Stadt Zgorzelec (Club der Verständigung der Rechten) richtete jetzt ein Protestbrief an den Oberbürgermeister von Görlitz Joachim Paulick:
"Am 25.11.2005 ist im Club der Verständigung der Rechten, zu meinen Händen, der Entwurf einer gemeinsamen Erklärung des Stadtparlamentes von Görlitz und des Stadtrates von Zgorzelec eingegangen. (...) Die dort erklärte Haltung verurteilt in keiner Weise die antipolnische Demonstration der NDP vom 02.10.2005 direkt an der Altstadtbrücke in Görlitz. Die Stellungnahme ist zu allgemein und damit nicht akzeptabel (beide Entwürfe in der Anlage). Ich möchte daran erinnern, dass diese leider legale Demonstration unter antipolnischen Mottos stattfand:
- Polen sollten aus Görlitz verschwinden entsprechend dem Motto "Deutschland den Deutschen" (einer von ihnen, Mariusz Klonowski [polnischer "Wirtschaftsberater" und Heiratsvermittler der in Görlitz lebt, hat in einem Interview für die rechts-konservative "Rzeczpospolita" die deutsche Zeitschrift der Vertriebenen "Unser Schlesien" aufgrund ihrer revisionistischen Haltung gegnüber Polen kritisier.t ! DISCLAIMER: Die Verlinkung mit der Zeitschrift erfolgt nur unter ausdrücklichem Vorbehalt, um zu zeigen wie der Fall in der rechten Szene diskutiert wurde !] wurde namentlich genannt).
- Verschiebung der Staatsgrenzen und Anschluss des Westens Polens an Deutschland.
Als Antwort auf diese für Polen und die polnische Bevölkerung feindliche Demonstration hat der Stadtrat von Zgorzelec am 07.11.2005 einen Beschluss gefasst, der die Forderungen der NPD-nahen Nazis scharf verurteilt."
Bild: Vorsicht: polnischer Faschismus
Głowackis Kandidatur für die Rats-Wahlen wurde dabei interesanterweise selbst durch eine rechtsextreme Partei - die Liga Polskich Rodzin [Liga der Polnsichen Familien] unterstützt.
Diese setzt sich "Daheim" genauso wie ihre Deutschen Nazi-Kollegen für ein "Polen nur für Polen" ein. Der polnische Politikwissenschaftler Rafal Pankowski vom Verein "Niemals Wieder" beobachtet die LPR seit mehreren Jahren: "Sie knüpft unmittelbar an eine bestimmte Strömung in der Tradition der Narodowa Demokracja (ND) [Ultranationalistischen Partei von Roman Dmowski] an. Es ist der Ruch Młodych [Bewegung der Jungen] innerhalb des Obóz Wielkiej Polski [Lager des Grossen Polens], dessen Hauptideologe in den 30er Jahren Jędrzej Giertych [der Grossvater von Roman Giertych, dem heutigen LPR-Fraktionsvorsitzenden] gewesen ist. Es handelte sich dabei, selbst für die 30er Jahre und die ND um eine radikale, antisemitische und antidemokratische Bewegung. Sie sympathisierte offen mit dem Faschismus. Jędrzej Giertych schrieb: 'Wir sind eine dieser Bewegungen, die - wie der italienische Faschismus, der Hitlerismus in Deutschland, das Salazar-Lager in Portugal, der Carlismus und Falangismus in Spanien - das alte freimaurerisch-plutokratisch-sozialistisch-jüdische System zum Einstürzen bringen und eine neue nationale Ordnung errichten werden' (J. Giertych “O wyjście z kryzysu" [Für ein Weg aus der Krise], Warszawa 1938, Seite 31)"
Die Ideologie ist dieselbe, nur das nationale Schutzgut wird umdefiniert. Eine Kopie des Protest-Briefes von Głowacki ging wohl auch deswegen an den LPR-Europaabgeordneten Sylwester Chruszcz.
Erst vor einigen Monaten berichtete die taz, dass dessen Büro in Bautzen überfallen und verwüstet wurde. Der 33 Jährige polnische Rechtsextremist Chruszcz hat sich bislang erfolgreich als Vertreter der Sorbischen Minderheit profilieren können. Versäumt wurde es jedoch, seine Aktivitäten für die slavische Minderheit in einem anderen Kontext zu durchleuchten. 1995 inititierte Chruszcz das Entstehen der Stettiner Abteilung der Młodzież Wszechpolska [Allpolnische Jugend] , einer gleichnamigen faschistischen Organisation aus der Vorkriegszeit. Ein Jahr später wurde er Mitglied des antisemitischen und rechtsextremen Stronnictwo Narodowe (SN). Seit 2001 ist er Mitglied des Führungsrates dieser Partei.
Nach Angaben des ostsachseninfos war die deutsche Nazi-Demo nicht die erste Aktion dieser Art. Schon am 17. 8. 2005 und am 17. 6. 2005 stellten die Neonazis ihre braune Gesinnung auf dem Postplatz öffentlich zur Schau. Am 17. 8. 2005 gedachten die Neonazis des Tods von Hitler-Stellvetreter Rudolf Heß. Am 17. 6. 2005 beteiligten sich diese Neonazis aktiv an der von der CDU abgehaltenen Kundgebung für die Opfer des sog. „Volksaufstands“ in der ehemaligen DDR. Der gleiche Personenkreis beteiligte sich auch am 2. 10. 2005, bei einem erneuten Aufmarsch der Neonazis mit einer Kundgebung am Neißeufer. Diese Aktivitäten haben alle das Ziel, den Nationalsozialismus zu verherrlichen!
Alle Angaben in eckigen Klammern "[ ]" sind Anmerkungen von M.S.
Weiterführede Links und Quellen:
"Krajobraz brunatnieje"
Interview mit Rafał Pankowski im Tygodnik Powszechny 9 (2851), 29 Februar 2004, S. 8
http://www.ostsachseninfos.de.vu/
http://www.dasversteckspiel.de
Europäische Kulturhauptstadt 2010 - Görlitz bleibt im Rennen
Michal Stachura | 29.11.05 09:42 | Permalink