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25 Jahre Solidarność – Mythos und Realität. Perspektiven linker Politik in Polen

Vortrag und anschliessende Diskussion mit Przemysław Wielgosz, Schriftsteller Publizist und Mitherausgeber von "Lewą Nogą" (Warschau).

Veranstaltet durch die Zeitschrift telegraph am 27.08.05 (Samstag) um 19.30 Uhr im Robert-Havemann-Saal, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg

Wielgosz spricht über die Entwicklung von zwei grundsätzlichen logischen Strängen, die sich in Polen nach 1980 und der Bildung der ersten unabhängigen Gewerkschaft "Solidarność" entfaltet haben.
Es handelt sich dabei um die Logik der Restauration, und der Peripherisation. Anhand von Karl Marx Analyse "Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte" skizziert Wielgosz Parallelen und Unterschiede der Arbeiterproteste der späten 70er und 80er in Polen und der Revolution von 1848 in Frankreich.
Die Ausrufung des Kriegszustandes am 13.Dezember 1981 zerstörte die Dynamik der Massenbewegungen und entkoppelte die oppositionellen Eliten der Solidarność von ihrer sozialen Basis. Die Eliten wurden an den Verhandlungstisch politischer Machtspiele zwischen dem Staat, der katholischen Kirche und später auch "ausländischen Verbündeten" gesogen.
Der Kriegszustand veränderte die Logik der revolutionären Arbeiterbewegung in eine Logik der bürgerlichen Revolution.

Die Peripherisation ist dabei der Schlüssel zum Verständnis der Evolution der sozialen Verhältnisse in Polen nach 1989. Das was 1989 geschah war keine Revolution, sondern die Restauration des Kapitalismus. Diese wurde durch die Apatie der Arbeiter und die Demoralisierung der Eliten der Solidarność-Gewerkschaft möglich und lief zusammen mit der neoliberalen Volte im Westen.

Der Zustand der heutigen Demokratie und des öffentlichen Lebens in Polen ist eine Folge des Bruchs der eingangs erwähnten Logik. Auf der gesellschaftlichen Ebene mündet diese in Misstrauen und Abkehr von der Politik, politischen Nihilismus sowie der fehlenden Beteiligung an der Zivilgesellschaft. Die Gegensätze der etablierten Parteien spiegeln nicht mehr tatsächliche Widersprüche innerhalb der polnischen Gesellschaft. Privatisierung, Entpolitisierung, Arbeitslosigkiet und Unsicherheit gehen einher mit der Entsolidarisierung der Arbeitenden und Arbeitslosen und bilden das grösste Hindernis in der Erneuerung einer authentischen Linken in Polen. Zugleich die Hauptantriebskraft für faschistoide Tendenzen.

(Mit freundlicher Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin)

A.S.H. | 25.08.05 12:12 | Permalink