OST:BLOG

--von Klaus Hart/Brasilien--

Auf dem Weltsozialforum in der brasilianischen Hafenstadt Porto Alegre haben am Donnerstag Tausende von Teilnehmern erwartungsgemäß gegen den Auftritt des rechtssozialdemokratischen Staatschefs Luis Inacio Lula da Silva protestiert. Seine Rede in einer Schulhalle wurde permanent durch Pfiffe und Buhruhe unterbrochen, bei Tumulten kam es zu mehreren Festnahmen.

Polizeibeamte verhinderten, daß Protestplakate und Spruchbänder hochgehalten wurden. Vor dem Gebäude kam es zu teils heftigen Zusammenstößen mit der Polizei. Auf die Beamten ging ein Flaschenregen nieder. Die Demonstranten verbrannten eine Lula-Puppe, nannten den Staatschef in Sprechchören einen "Verräter" und kritisierten seine Wirtschafts-und Sozialpolitik als neoliberal und volksfeindlich.
An den Protesten beteiligten sich auch brasilianische Studentenorganisationen und Linksparteien, die bereits auf dem Weltsozialforum vor zwei Jahren mit nahezu gleichen Argumenten das Auftreten Lulas verurteilt hatten, da dessen politischer Kurs feststand und für jedermann leicht zu durchschauen war. Den deutschen Lula-Fanclubs, die auch diesmal wieder anreisten, war dies schon aus Gründen der Sprachbarriere offenbar entgangen.
Wegen des harten Vorgehens der Polizei verließen zahlreiche Delegierte empört die Tagungshalle.
Der Besuch des Ex-Gewerkschaftsführers auf dem Weltsozialforum war wegen der befürchteten Protestaktionen von der Regierung und den Sicherheitsbehörden besonders sorgfältig vorgeplant worden: So wurde die Schulhalle, wie durchsickerte, so weit wie möglich mit Kadern von Lulas Arbeiterpartei PT gefüllt, die immer wieder Jubelrufe auf Lula anstimmten. An Tausende verteilte man zuvor Gratis-T-Shirts mit der Aufschrift "Hundertprozentig für Lula". Bei der Anfahrt zur Halle vermied der Regierungstroß den kürzesten Weg, der über das Gelände des Weltsozialforums geführt hätte, und wählte zur Belustigung der brasilianischen Medien einen außerordentlich großen Umweg.
Unmittelbar nach seiner Rede flog Lula zum Weltwirtschaftsgipfel nach Davos ab.