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Naziaufmarsch in Halbe

[Aufruf des Bündnis „Kein Naziaufmarsch in Halbe“]
Zum ersten Mal nach über zehn Jahren verbotsbedingter Pause marschierten am 15. November 2003 militante Alt- und Neonazis unter Führung des Hamburger Nazi-Kaders Christian Worch am "Volkstrauertag" zum "Heldengedenken" in Halbe bei Berlin. Auch 2004 mobilisieren der "Freundeskreis Halbe" und das "Ehrenkomitee 8. Mai" unter dem Motto "Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten!" für den 13. November in nationalsozialistischer Tradition in den Dahme-Spree-Kreis.

Der Kessel von Halbe

Im April 1945 bildeten Panzereinheiten der Roten Armee einen Kessel um die Reste der geschlagenen 9. Armee des Generals Busse, der das Kapitulationsangebot ablehnte. Der Durchhaltewille von Wehrmachtsverbänden, SS-Einheiten, Volkssturm und Hitlerjugend hinterließ kurz vor Kriegsende ein Schlachtfeld mit mehreren 10 000 toten Soldaten und Zivilisten.

Der Waldfriedhof in Halbe

Im Jahre 1951 wurde der Walfriedhof durch die Bemühungen des Pfarrers Ernst Teichmann eingerichtet. Über 23.000 Soldaten, von denen 8.000 namentlich bekannt sind, wurden in den Folgejahren aus den umgebenden Wäldern umgebettet. Hier liegen die "Helden" der alten und neuen Nazis begraben - die "tapferen" Wehrmachtssoldaten und Angehörige der Waffen-SS.

Neben den Tätern liegen im Gräberfeldern X in den Reihen 17 und 18 auch 57 Deserteure bzw. Wehrmachtsjustizopfer, verurteilte und hingerichtete Soldaten, die erst 1956 vom Soldatenfriedhof Dallgow-Döberitz umgebettet wurden. 37 sowjetische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die ebenfalls auf dem Waldfriedhof im Gräberfeld XI ihre letzte Ruhe fanden, kamen aus den umliegenden Gemeinden und Zwangsarbeiterlagern und starben an den Folgen von Hunger und Entkräftung.

Seit 1. Januar 2002 verwaltet der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge den Waldfriedhof in Halbe.

Halbe als Nazi-Wallfahrtsort

Schon vor 1989 war der Friedhof eine Kultstätte der Neonaziszene der DDR, die in den Wäldern rund um Halbe nach Waffen und andere Militaria-Gegenständen grub. 1990 und 1991 fanden dort am "Volkstrauertag" Aufmärsche statt, bei denen Nazis aus dem gesamten braunen Spektrum uniformiert und mit Fackeln über den Friedhof marschierten. Damals erschienen alle, die in der Naziszene Rang und Namen hatten: FAP, Wiking-Jugend, Nationalistische Front (NF), Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG), Junge Nationaldemokraten (JN), Vandalen...

Opfermythos und Geschichtsrevisionismus

Nach den Verboten einiger neofaschistischer Organisationen Mitte der 1990er Jahre haben überwiegend das Kameradschaftsspektrum oder auch "Freie Nationalisten" die Mobilisierung nach Halbe übernommen. Dabei haben diese Aufmärsche haben für die neofaschistische Szene identitätsstiftende Wirkung. Die offen geschichtsrevisionistische Ausrichtung und positive Bezugnahme auf die Verbrechen der Wehrmacht und der SS bzw. Waffen-SS ermöglichen eine organisationsübergreifende und europaweite Mobilisierung und einen Brückenschlag zwischen Alt- und Neonazis. Dies ist in jüngster Vergangenheit auch bei den Aufmärschen gegen die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht - Vernichtungskrieg 1939-45" sowie bei den "Hess-Gedenkmärschen" im bayrischen Wunsiedel zu beobachten.

Wir fordern ein Verbot des Nazi-Aufmarsches

Nachdem in den 1990er Jahren ein Verbot des Naziaufmarsches von den Behörden mit dem brandenburgischen Feiertagsgesetz begründet wurde, haben seit 2003 die Nazis den Samstag vor dem "Volkstrauertag" in Halbe mit ihren Aufmärschen besetzt. Im vergangenen Jahr wurde das Gedenken an die ebenfalls auf dem Waldfriedhof begrabenen NS-Opfer vom Amt Schenkenländchen untersagt. Nötig ist jedoch neben einer juristischen auch die politische Auseinandersetzung mit NS-Verbrechen und -Verbrechern. Eine Gedenkveranstaltung für die sowjetischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und NS-Militärjustizopfer ist hier ein würdiger Beitrag. Zweifellos sind Aufmärsche, die unter positiver Bezugnahme auf nationalsozialistische Ideologie stattfinden, nicht mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vereinbar.

Am Samstag, den 13. November 2004 seid ihr aufgerufen z u11 Uhr zur Kundgebung nach Halbe am Goetheplatz/Kirchstraße (fast direkt am Bahnübergang) zu kommen.

Kontakt:
Bündnis „Kein Naziaufmarsch in Halbe“ Cottbusser Str. 53 B 15 711 Königs Wusterhausen
Dahme.spreewald@pds-brandenburg.de
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Hier einige Links mit Hintergrundinformationen

Deserteursdenkmalsinitiative für Halbe www.deserteurdenkmal-halbe.de

Broschüre zu den Aktivitäten von 2003
http://redaction.antifa.net/whalbe/index.php?option=com_docman&task=doc
click&bid=1

Interview mit Ludwig Baumann und anderes
Antifa-Gedenken unter unwürdigen Bedingungen 2002- Naziaufmarsch fand nicht statt http://www.inforiot.de/thema/halbe.php


Weiteres:

9. Mai Halbe Kesseltour 2004
http://de.indymedia.org//2004/05/83486.shtml

Halbe: Antifaschstische Kaffeefahrt
http://de.indymedia.org//2004/05/83021.shtml

Achtung! Zur Info: Nazimobilisierungsseite http://www.widerstandnord.com/halbe/

A.S.H. | 14.10.04 14:33 | Permalink