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Ausländer Raus! – Hexenjagd á la polonaise

Polen – das "trojanische Pferd Amerikas" ist seit einem Monat Mitglied der Europäischen Union. In Bezug auf Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zeigt das katholische Land wie im erweiterten Europa mit „ungläubigen Sarazenen“ umgegangen werden soll.
Anstatt positive Werte und Erfahrungen aus der Antisystem-Opposition in die EU miteinzubringen nimmt sie mit dem Irak-Krieg und einer Hexenjagd gegen vermeintliche Islamisten an der Heimatfront demokratische und rechtsstaatliche Werte Europas in Gunatanamo-Haft.

Von Michal Stachura

Vor einer Woche wurde der Jurist Ahmad Ammar, Doktorand an der Juristischen Fakultät der Adam-Mickiewicz Universität in Poznan (Posen), aus Polen auf Antrag des dortigen Wojewoden ausgewiesen. Der Wojeweode berief sich dabei auf eine negative Opinion der Agentur für Innere Sicherheit [Agencja Bezpieczenstwa Wewnetrznego].
Die Agentur hielt es jedoch nicht für angebracht ihre Opinion mit nur einem Wort zu begründen.

Ahmad begab sich deshalb persönlich zur Agentur nach Warschau, um dort mehr zu erfahren. Der zuständige Offizier gab ihm jedoch keine Antwort, „du kannst ja in Berufung gehen“. Der Presse berichtete Ahmad später „der Offizier wollte sich nicht einmal vorstellen“.
Die Entscheidung im Berufungsverfahren vor dem Amt für Repatriation und Ausländer [Urzad do spraw Repatriacji i Cudzoziemcow] konnte Ahmad nicht mehr abwarten – er wurde um Mitternacht nach Jemen abgeschoben.

Inoffiziell: eine Gefährdung für die Sicherheit und Verteidigung Polens
Polnische Medien berichteten unter Angabe des Begriffes „inoffiziell“, dass Ahmad über Kontakte zu Personen verfüge die des Terrorismus verdächtigt werden.
Der parlamentarische Ausschuß für Sicherheitsdienste, stellte bei der Ausweisung, die auf keinen Tatsachen gestützt wurde keine Rechtsverletzung fest.

Der seit 14 Jahren in Polen lebende Jemenit war bis zu seiner Ausweisung Imam der islamischen Gemeinde für die Region Wielkopolska (Gross-Polen) mit Sitz in Poznan (Posen).

Der Doktorand hatte angeblich bei einer seiner Veranstaltungen an der Fakultät die Unvereinbarkeit des polnischen Auslandseinsatzes im Irak mit der polnischen Verfassung und dem Völkerrecht angeprangert. Weiter habe er sich kritisch über die Ereignisse des 11. September und die Reaktion der USA geäußert.

Adam Michnik, einstiger antikommunistischer Oppositioneller der Solidarnosc und derzeitige Chefredakteur der größten polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ bezichtigte den Geistlichen in einem Kommentar, dass seine Worte „nach Blut stinken“.

In seiner Doktorarbeit die das Islamische Recht und den Zusammenhang mit internationalen Beziehungen behandelte schrieb Ahmad auch über Erscheinungsformen des Jihad – für Gazeta Wyborcza ein wichtiger Beweis für seine geistige Haltung. Die Doktorarbeit sollte im kommenden Halbjahr fertig werden.
Auf dem größten polnischen Internetportal „onet.pl“ wurde unterdessen eine Umfrage gestartet, 74 % der Teilnehmenden sprachen sich für eine Ausweisung aus.

Obwohl keine Straftat vorlag oder sonst irgendwelche strafrechtlich relevanten Beweise von den Behörden vorgestellt wurden, wurde Ahmad nach Jemen ausgewiesen.
Am Flughafen in Saana wurde er sofort verhaftet, was die jemenitische Botschaft in Warschau jedoch bestreitet.

Beweise: „Die Verhaftung in Jemen bestätigt die Richtigkeit der Maßnahmen“ – Jerzy Gruszka
Die Verhaftung am Flughafen durch jemenitische Behörden bestätigt die Richtigkeit der Maßnahmen der Agentur - kommentierte diese Nachricht der Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Geheimdienste Jerzy Gruszka (PSL -Bauernpartei).
„Ich bin überzeugt der Wojeweode hat sich nicht geirrt als er diesen Imam ausgewiesen hat. Das hatte positiven Einfluß auf die Sicherheit Polens (...) Ich glaube, das die Verhaftung des Jemeniten in seinem Heimatland nicht nur eine Routine-Handlung war. Da steckt bestimmt mehr dahinter“.

Konstanty Miodowicz (PO – Liberal-Konservative) vom Ausschuß für Sicherheitsdienste antwortete auf die Frage eines Journalisten, warum es den von polnischer Seite aus keinen Haftantrag gab: „Wenn es Beweise gäbe, die man verwerten könnte, würde man mit Sicherheit sie ihm gegenüber anwenden“.

Nach „inoffiziellen“ Angaben der Gazeta Wyborcza bekamen die polnischen Behörden Signale zur Ausweisung aus Amerika. Der Imam hatte sich angeblich bei „seinen Besuchen im Nahen Osten mit Personen getroffen die terroristische Gruppierungen repräsentieren“.

Der bekannte Arabist prof. Janusz Danecki meinte in einem Interview, das er zwar gegen die Ausweisung des Geistlichen war, jedoch die Verhaftung am Flughafen für ihn nachträglich bestätigt, dass „die Vorwürfe (sic!) gegen Ahmad wirklich ernst gewesen sein mußten“.
Die islamische Gemeinde in Poznan sucht nun einen neuen Imam.

Polak Katolik – der Pole ist Katholik
Die Räumlichkeiten zum Beten wurden nach der Ausweisung des bisherigen Imam kurzerhand vom Prorektor der Adam-Mickiewicz Universität Prof. Kazimierz Przyszczypkowski gekündigt.
Ein zum Islam übergetretene Pole und Gemeindemitglied erklärte, dass das weitere Beten in dem Studentenwohnheim „Hanka“ in Poznan nunmehr verboten wurde.
Seinen Namen wollte der Pole nicht preisgeben, da er bereits jetzt Probleme aufgrund seines Glaubens auf der Arbeit hat. Der Prorektor erklärte: „die Person die das vorher geführt hat wurde ausgewiesen und die neue, die zu mir kam um das zu organisieren studiert an der Ökonomischen Akademie und ich sehe damit keinen Anlaß um weiterhin unsere Räumlichkeiten institutsfremden Personen zu religiösen Zwecken zur Verfügung zu stellen“
Die Gläubigen versuchten eine neue Moschee über die Stadtverwaltung in Poznan zu organisieren, aber die stellte ein Lokal in der Glogowska Strasse, in dessen Nähe ein Sex Shop betrieben wird.
Die Gläubigen Studierenden lehnten daraufhin ab.
Innenminister Schily könnte von den polnischen Nachbarn noch viel dazu lernen, wie man über populistische Sicherheitsdebatten Stimmungsmache für die kommenden Wahlen betreiben kann.

A.S.H. | 03.06.04 08:40 | Permalink