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Schelte für Washington

Droht der nächste Börsencrash? Ein Artikel von Rainer Rupp in der jungen Welt:

Internationaler Währungsfonds sieht USA als Gefahr für Stabilität der internationalen Finanzmärkte

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Alarm geschlagen. Diesmal jedoch nicht wegen eines Entwicklungslandes, sondern wegen der Überschuldung des mächtigsten Staates der Welt. Laut eines am Mittwoch in Washington veröffentlichten IWF-Berichtes wird durch den steilen Anstieg der Defizite im US-Staatshaushalt und in der US-Zahlungsbilanz die finanzielle Stabilität der globalen Wirtschaft ernsthaft bedroht. In der Tat haben die USA seit Jahrzehnten weit über ihre Verhältnisse gelebt und inzwischen eine alle Rekorde brechende Auslandsschuld akkumuliert. Ob Staat oder private Haushalte: In den USA konsumieren alle mehr als sie produzieren. Aber im Unterschied zu privaten Haushalten und Unternehmen, die bei Überschuldung keine neuen Kredite bekommen oder gar bankrott gehen, hatten die US-Regierungen solche Probleme bisher nicht zu fürchten. Gleiches gilt für die US-Wirtschaft als Ganzes.

Das Geld, das die Amerikaner alljährlich reichlich ausgeben, floß bisher stets reichlich in die USA hinein. So beeilen sich z. B. die »Finanzeliten« aus Entwicklungsländern, ihre der Bevölkerung abgepreßten Profite in den USA, im sichersten Land des Kapitalismus, zu bunkern. Auch werden US-Staatsanleihen überall auf der Welt gern gekauft und als Reserve für Notfälle betrachtet. Gleiches gilt für den Dollar, der rund um die Welt immer noch die wichtigste Reservewährung ist, wodurch die US-Regierung Teile ihrer Schulden einfach dadurch begleicht, daß sie mehr Dollar druckt, die dann in den Kellern der Nationalbanken anderer Länder wie Gold gehortet werden.

Während der Euro bereits dem Dollar zunehmend dessen Rolle als Reservewährung streitig macht, würde die Lage erst wirklich dramatisch, wenn die Menschen das Vertrauen in die Reservefunktion des Dollars vollkommen verlieren würden. Dann würden nämlich die weltweiten Dollarreserven aufgelöst. Eine entsprechende Dollarschwemme auf dem Markt hätte einen rapiden Verfall des Wertes der US-Währung zur Folge. Zugleich würden neue Kredite für das auf Pump lebende Amerika ausbleiben und zu einem schnellen Kollaps sowohl der amerikanischen als auch der mit ihr eng verbundenen anderen kapitalistischen Wirtschaften führen.

Vor diesen »bedeutenden Risiken« hat der IWF in seinem Bericht gewarnt und zugleich die »Weisheit« der von US-Präsident Bush geplanten Steuersenkung angesichts des für dieses Jahr auf 400 Milliarden Dollar geschätzten Haushaltsdefizits hinterfragt. Die Nettoverschuldung der USA gegenüber dem Rest der Welt betrage schon bald 40 Prozent des Bruttosozialproduktes, was »ein für ein industrialisiertes Land bisher noch nie dagewesenes Schuldenniveau« sei. Das könnte auf den internationalen Devisenmärkten zu chaotischen Zuständen führen.

»Der IWF hat Recht«, zitiert die New York Times den Direktor des renommierten Washingtoner Instituts für Internationale Wirtschaft, Fred Bergsten, »denn das Risiko wächst, daß es zu einem Tag der Abrechnung kommt und die Sache wirklich gefährlich wird«.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2004/01-09/005.php

A.S.H. | 10.01.04 12:10 | Permalink