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70 000 DDR-Erben haben Anspruch auf Entschädigung

Gericht hebt Enteignungen auf
Europäischer Gerichtshof: 70 000 DDR-Erben haben Anspruch auf Entschädigung / Milliarden-Kosten / Länder wollen nun Hilfe vom Bund

[Berliner Zeitung] STRASSBURG/BERLIN. 22. Januar. Nach dem Bodenreform-Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Straßburg fordern die ostdeutschen Länder finanzielle Hilfen vom Bund. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sieht Kosten in nicht kalkulierbarer Höhe auf die neuen Bundesländer zukommen. "Da die Regelung auf einem Bundesgesetz aus dem Jahr 1992 beruht, müssen wir dafür plädieren, dass sich der Bund an der Schadensbeseitigung beteiligt", sagte Böhmer. Er schlug vor, das Problem in einem dritten Vermögensrechtsänderungsgesetz bundeseinheitlich zu regeln.

Die dritte Kammer des Europäischen Gerichtshofes in Straßburg hatte am Donnerstag in einem Urteil festgestellt, dass die entschädigungslose Einziehung von Landbesitz aus DDR-Zeiten, die in einem Bundesgesetz 1992 geregelt worden war, gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstößt und deshalb Unrecht ist. Geklagt hatten fünf so genannte Neusiedler-Erben, deren Vorfahren im Zuge der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone Land aus dem Besitz der enteigneten adligen Großgrundbesitzer erhalten hatten. Meist handelte es sich dabei um Vertriebene. Diese Kleinbauern blieben in der DDR Zeit ihres Lebens im Grundbuch als Besitzer eingetragen, obwohl ihr Land bereits in den 50er-Jahren in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der DDR (LPG) aufgegangen war. Erst das Bundesgesetz von 1992 verfügte, dass Neusiedler-Erben keinen Anspruch auf das Land hätten, wenn sie nicht zum Stichtag 16. März 1990 in einer LPG beschäftigt oder dies zumindest in den zehn Jahren zuvor waren.

Bund prüft Rechtsmittel

Nach Angaben der Kläger-Anwälte sind in ganz Ostdeutschland etwa 70 000 Einzelfälle betroffen. Insgesamt geht es um einen Streitwert von einer Milliarde Euro, sagte der Potsdamer Anwalt Thorsten Purps, der einige Kläger vertritt.

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) sieht die politische Verantwortung bei der früheren Bundesregierung von Helmut Kohl. "Bisher gingen alle Instanzen der nationalen Rechtssprechung davon aus, dass das von der CDU maßgeblich gestaltete und 1992 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Abwicklung der Bodenreform auch unter verfassu#ngsrechtlichen Gesichtspunkten unangreifbar sei", sagte er. Damals habe es geheißen, es dürfe keine Ungleichbehandlung geben. "Offensichtlich war dies eine gravierende politische Fehleinschätzung der damaligen Bundesregierung." Backhaus verlangte ein konzertiertes Vorgehen von Bund und neuen Ländern zur Umsetzung der Entscheidung. Brandenburgs Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) sagte: "Nun muss der Bund entscheiden, welchen Weg er beschreitet." Der Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Gerald Thalheim (SPD), sagte, Entschädigungsleistungen müssten die Länder tragen.

Die Bundesregierung erwägt, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Dies werde geprüft, teilte das Justizministerium mit. In einer Erklärung wird darauf verwiesen, dass das Urteil nicht generell Enteignungen durch die Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone betreffe. Es gehe nur um solche Fälle, in denen Bodenreformland später in der DDR vererbt, von den Erben aber nicht mehr landwirtschaftlich genutzt worden sei.

M. Klesmann, P. Pragal und N. C. Zimmermann

Quelle: Berliner Zeitung, 23.01.2004

A.S.H. | 23.01.04 17:35 | Permalink

Kommentare

Ich bin 1943 in Roxfoerde Kreis Gardelen geboren.Meine Grosseltern hatten in Roxfoerde einen Bauernhof, der nach dem Krieg in der DDR in eine LPG Einverleibt wurde. Meine Mutter und meine Grosseltern sind in der Zwischenzeit verstorben
und ich moechte wissen wer mir Auskunft ueber den mir zustehender ERbanteil geben kann. das zustaendige Grundbuchamt in GArdelegen, kann oder will keine Info erteilen.
Bitte teilen SIe mir enen Kontakt mit bei dem ich entsprechende Infos erhalten kann.
Vielen Dank
Mfg
Claus Meier


Verfasst von: Claus Meier | 17.01.07 13:03

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