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Gestern die "Ossis" heute die Griechen

Telepolis hat ein interessantes Interview mit dem Wirtschaftshistoriker Jörg Roesler über das ressentimentgeleitete DDR- und Griechenlandbild im deutschen Mainstream. Roesler sieht deutliche Parallelen zwischen dem westdeutschen Bild von der DDR und dem heutigen deutschen Bild von Griechenland.

Kleines Beispiel?

„Wohl aber war (beziehungsweise ist) die Sicht auf die Ostdeutschen (beziehungsweise Griechen) von der Überzeugung der Mehrheit der Deutschen geprägt, deutlich fleißiger und tüchtiger zu sein. Sie fühlen sich als "Staatsbürger erster Klasse". Von dieser Warte aus werden die anderen als Deutsche beziehungsweise EU-Bürger zweiter Klasse abgestempelt und aus dieser Sicht beurteilt.

Es handelt sich also um ideologische Verzerrungen?

Um schwerwiegende ideologische Verzerrungen handelt es sich bei diesen Urteilen wohl schon, denn sie geben in der Regel sehr einseitig die Wirklichkeit wieder. Oft ignorieren sie schlankweg Fakten. Nehmen wir zum Beispiel die "Faulheit", die Ost-Deutschen wie Griechen oft zum Vorwurf gemacht wird. Gewiss: Die Arbeitsintensität ist in der DDR beziehungsweise Griechenland sicher geringer gewesen. Wo aber beginnt die Faulheit? Und ist das westdeutsche "Fleißniveau" wirklich wünschenswert? Ist es nicht überzogen? Die wachsende Zahl der burn outs und Frühverrentungen aus gesundheitlichen Gründen spricht jedenfalls nicht für die Bundesrepublik.
Direkt vergleichbar ist die Länge des Arbeitstages. Daran gemessen waren Ostdeutsche und sind die Griechen fleißiger als die Bundesbürger. Nachmessbar ist auch die Jahresarbeitszeit: Die Deutschen arbeiteten 2011 nach OECD-Angaben im Durchschnitt um ein Drittel weniger als die Griechen (1.390 im Vergleich zu 2.119 Stunden). Und während die Beschäftigten in der Bundesrepublik in den 80er Jahren von der 40-Stunden-Woche auf die 35-Stundenwoche zusteuerten wurden in der DDR 43 ¾ Stunden gearbeitet."

Weiter auf Telepolis (3 Seiten): http://www.heise.de/tp/artikel/37/37772/1.html

A.S.H. | 30.10.12 12:31 | Permalink