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70. Jahrestag der „Wannsee-Konferenz“

Was läuft im Deutschen Fernsehen?
Bundesliga, SOKO Leipzig, Wer wird Millionär? Hallervorden – Die besten Sketche, Castingshow, Semperopernball, usw.usf.
Deutschland und sein Volk am Jahrestag mit dem Ablauf und der Geschichte der „Endlösung“ zu konfrontieren, das ist nicht die Sache des Deutschen Fernsehens. Genau das haben wir nicht nur für möglich gehalten.

Joseph Wulf, Auschwitz-Überlebender, wollte seit Mitte der 60er Jahre im Berliner Haus der Wannsee-Konferenz ein Dokumentationszentrum errichten. Deutsche Politiker wollten das nicht.
Auch „für die offiziösen Forscher über das Dritte Reich blieb er ein Außenseiter. Man warf ihm vor, er sei befangen, weil er zu den Opfern des Dritten Reiches gehört habe.“ (Joseph Wulf, Buch über Joseph Wulf von 2006)

Wikipedia zitiert auch aus dem letzten Brief von Wulf an seinen Sohn David vom Sommer 1974:

„Ich habe hier 18 Bücher über das Dritte Reich veröffentlicht, und das alles hatte keine Wirkung. Du kannst dich bei den Deutschen tot dokumentieren, es kann in Bonn die demokratischste Regierung sein – und die Massenmörder gehen frei herum, haben ihr Häuschen und züchten Blumen.“

Was sagte der deutsche Bundespräsident Christian Wulff, der schon einige Male eine Kippa auf dem Kopf hatte, aber nicht Joseph, sondern Christ-ian heißt, gestern zum Jahrestag in seiner Rede:

„Daran müssen wir gerade in diesen Tagen schmerzlich denken, seit wir wissen, dass eine Bande von rassistischen Mördern durch unser Land gezogen ist, um Menschen mit nichtdeutscher Herkunft zu töten. Wir haben es alle nicht für möglich gehalten. Einschließlich der Polizei und der Sicherheitsorgane haben wir alle es auch nicht für möglich halten wollen, dass es das in unserem Land und in dieser Zeit gibt.“

„Wir haben es alle nicht für möglich gehalten.“ Kommt uns der Satz nicht bekannt vor?
„Wir“? „Wir … alle“?
Wir (!) lassen uns da nicht vereinnahmen!
Was auch für eine Realitätsverleugnung, bei über 180 durch Nazis Ermordeten in Deutschland seit 1990.

Okay, wir müssen uns auch nicht mit jeder Heuchelei auseinandersetzen.

Zwei gute Filme, die den Ablauf des Geschehens am 20. Januar 1942 in der Villa anhand eines erhalten gebliebenen Protokolls zu dokumentieren versuchen, sind folgende:

1. Der deutsche Film von 1984 „Die Wannseekonferenz“
2. Der englisch/us-amerikanische Film von 2001 „Conspiracy“, in deutscher Synchronisation ebenfalls unter dem Titel „Die Wannsee-Konferenz“.

In beiden Filmen begegnen uns keine Monster, sondern 15 normale, intelligente, deutsche Männer, die konkurrieren, Macht ausüben bzw. weitere erlangen wollen, ängstlich-autoritätshörig sind, etc.
Fünfzehn Spitzenbeamte der Ministerialbürokratie verschiedener Reichsministerien und der SS unter dem Vorsitz von SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes.
Bei dem Treffen ging es um die Erhöhung der Effektivität des Tötens, um das Ausschalten von Hindernissen und Hemmnissen, denn die Ermordung der jüdischen Bevölkerung hatte schon längst begonnen.

Der zweite Film ist auf youtube in der deutschen Fassung leider nicht mehr erreichbar, es erscheinen nur noch die bekannten copyright-Hinweise. Es findet sich lediglich noch das englischsprachige Original.

Beide Filme haben ca. die Länge von 90 Min., da sie sich beide am Protokoll orientierten.

Links:
auf wikipedia: Die Wannseekonferenz
auf wikipedia: Haus der Wannsee-Konferenz
Die Auseinandersetzung um ein Dokumentationszentrum im Haus der Wannsee-Konferenz
Die Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“


david | 21.01.12 18:12 | Permalink