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Wir bleiben alle

Demontration gegen Gentrifizierung in Berlin

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Am 30.04.2011 versammelten sich etwa 2000 Menschen, um unter dem Motto „Wir bleiben alle“, um gegen steigende Mieten, soziale Verdrängung und die Räumung alternativer Wohn- und Kulturprojekte zu protestieren. Damit wurden die Erwartungen der Veranstalter (angekündigt waren 850 Teilnehmer) deutlich übertroffen.


Aufgerufen hatte ein linkes und parteienunabhängiges Bündnis. Im Aufruf der Organisatoren heißt es unter anderem:

„... Der Wahnsinn kennt keine Grenzen mehr. Neukölln, Wedding, und Weißensee und Lichtenberg werden mittlerweile genauso gentrifiziert wie Mitte, Prenzlauer-Berg, Friedrichshain und Kreuzberg. Zwar ist der „Aufwertungsprozess“ in diesen Bezirken längst noch nicht so weit fortgeschritten, doch trotzdem ist in diesen Kiezen schon jetzt für jede_n spürbar, dass „Gentrifizierung“ kein bloßes Innenstadtphänomen ist, das am S-Bahnring Halt macht. Prenzlauer Berg und Mitte sind in Berlin wohl mit Abstand die schlimmsten Beispiele für eine komplett gegen die Wand gefahrene Stadtpolitik.

Die Erinnerungen an Prenzlauer Berg als Epizentrum der Ostberliner Hausbesetzer_innen-Szene wirken heute fast schon absurd. Vielmehr steht der Prenzlauer Berg beispielhaft für die Unvereinbarkeit von Kapitalinteressen und dem Wunsch nach einem guten oder irgendwie „gerechten“ Leben. Er ist der in Ocker und Alpinaweiß getünchte Beleg dafür, wie es laufen kann, wenn dieser Entwicklung nichts entgegengesetzt wird. ...“

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Treffpunkt war um 16.30 Uhr am Rosenthaler Platz in Mitte. Los ging es dann gegen 17 Uhr. Kraftvoll und lautstark ging es zunächst durch den Mitte-Kiez. Über Liniestraße, Gormannstraße, Torstraße bogen die Demonstranten dann aber schnell in den Prenzlauer Berg ein. Über Schönhauser Allee, Lottumstraße, Christinen Straße, Schwedter Straße, Kastanienallee, Oderberger Straße, Szrezkistraße, Kollwitzstraße, Senefelder Straße, Raumer Straße, Pappelallee, gelangten die Demonstranten um ca. 19 Uhr an der Kreuzung Danziger/Schönhauser Allee/EberswalderStraße/Pappelallee an. Dort wurde sie planmäßig beendet.

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In verschiedenen Redebeiträgen wurde über die verherende Wohnentwicklung der Stadt, die Zerstörung der urbanen Strukturen der Stadtteile und den Ausverkauf der Kieze an Bauspekulanten, Yuppies und Reiche Säcke berichtet.

Nach den Räumungen der letzten Jahre sind weiter Linke Projekte wie z.B. die Linienstraße 206 und der Linienhof im Bezirk Mitte massiv von Räumung bedroht. Der mittlerweile vierte Eigentümer des ehemals besetzten Hauses will das Haus luxussanieren und auf dem Linienhof, einer alternativen Begegnungsstätte mit einer Selbsthilfewerkstatt und einem Nachbarschaftscafe ein luxuriöses „Mehrgenerationenhaus“ für zahlungskräftige Interessenten bauen. In Prenzlauer Berg und Mitte wurde seit 1990 die Bevölkerung um 80% ausgetauscht.

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Aber auch die Bezike Friedrichshein, Kreuzberg, Neuköln und neuerdings auch Lichtenberg, sind einer massiven Gentrifizierung ausgesetzt. Die Politik fördert diese Entwicklung seid Jahrzehnten. Der Rot/Rote Senat räumt seit Jahren die letzten Hindernisse für einen ungezügelten Mietwucher aus dem Weg. Und die kommunale Politik sieht dem heuschreckenartigen Überfall der Schönen und Reichen auf die Kieze dieser Stadt hilf- und tatenlos zu.

Doch die Demonstranten kündigten Widerstand an. Sie machten klar, dass sie sich nicht wehrlos ergeben werden. Sie sind fest entschlossen, ihre Häuser und Projekte gegen den Zugriff der Spekulanten und Yuppies zu verteidigen.

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Auf dem Dach des ehemals besetzten Hauses Kastanienallee 85 gab es eine nette Dachaktion mit Feuerwerk und einem Transparent. Hier wurde die Solidarität mit den Bewohnern, der ebenfalls von Massiver Räumung bedrohten, Roten Flora in Hamburg bekundet.

An der Ecke Oderberger Straße flogen kurz ein paar Flaschen in Richtung Bullen. Doch die griffen nicht ein. So endete die Demo gegen 19 Uhr, ohne weiter Zwischenfälle.

Bolk | 01.05.11 13:22 | Permalink