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"Agent Tomek" – Polen braucht Heldengeschichten

Eine lustige Weihnachtsgeschichte erzählt Telepolis aus unserem östlichen Nachbarland Polen. Offenbar ist es beim Erzählen der Geschichte mit dem Journalisten Thomas Dudek durchgegangen. Denn im ersten Teil des Artikels schreibt er „Agent Tomek“ sei „östlich der Oder auch bekannt als der ‚polnische James Bond‘“, auf den „sportlichen Körper“ käme nur „feiner Zwirn“, er liebe Frauen und schnelle teure Autos. Auf den Bildern unterm Link „Harley Davidson“ posiert jedoch ein Typ mit deutlichem Bauch und ohne Körperspannung, der hat offenbar schon sehr lange keinen Dojo gesehen, womöglich für die Fotos das erste Mal auf einem Motorrad gesessen. Autofahren kann er offenbar auch nicht wie die Filmfigur James Bond, auf einem älteren Foto stecken beide Beine in einem Gips/Kunststoffverband. James Bond arbeitete auch als Agent für den britischen Geheimdienst MI6, den britischen Auslandsgeheimdienst, den Secret Intelligence Service (SIS), während „Agent Tomek“ = Tomasz Kaczmarek als verdeckter Ermittler im Zentralen Anti-Korruptionsbüro CBA (Centralne Biuro Antykorupcyjne) arbeitete, einer unter der Regierung der nationalkonservativen PiS-Partei 2006 neu geschaffenen kleinen Sonderbehörde zur Bekämpfung der Korruption im Inland. Offensichtlich wurde diese Behörde auch mehr oder weniger erfolgreich zur Bekämpfung der politischen Gegner eingesetzt, sozusagen Korruption unter dem Deckmantel des Anti-Korruptionskampfes.

Der Artikel beschreibt im zweiten Teil, wie CBA und der ABW (der polnische Inlandsgeheimdienst = Agencja Bezpieczeństwa Wewnętrznego) unter den Kaczynski-Brüdern fast völlig außer Kontrolle liefen. Untersuchungsausschüsse wurden eingesetzt, die Todesfälle klären sollten. Auch um das Abhören von Telefongesprächen gab es Tumult, aber das ist ja keine polnische Besonderheit. Jedoch wurde hier noch nicht bekannt, daß der Inlandsgeheimdienst in allen Briefzentren Scanner (Siemens-Geräte aus Deutschland) installiert hat, um sämtliche Post, mit Absender, Empfänger und graphologischen Merkmalen zu speichern. In Polen wird offensichtlich an diesem Projekt schon länger gearbeitet. Egal welche Regierung gerade an der Macht ist, die Begründungen sind immer dieselben: es geht um die Sicherheit des Staates, es geht um den Schutz vor der globalen Gefahr … usw. usf. im politischen „Neusprech“.
Wer den Artikel vom 1. Weihnachtstag lesen will: heise.de

david | 27.12.10 21:51 | Permalink