« Treffender Kommentar zu Schwarz-Geld | Hauptseite | Weltweit erstes Urteil im CIA-Entführungs- und Folterprogramm »

Mit SM-3 Raketen bestückter US-Zerstörer greift polnische Stadt Gdynia an

westerplatte.jpg
Die SMS Schleswig-Holstein vor Gdynia/Gdansk am morgen des 1. September 1939: US-amerikanisches Vorbild für einen "Freundschaftsbesuch" im polnischen Hafen?

Kurt Tucholsky hat es bereits vor mehreren Jahrzehnten geahnt. Alle Soldaten leiden an einem politischen Syndrom, das Mörder in Kriegszeiten zu Helden macht und in Friedenszeiten zu Straftätern. Dass im Hinblick auf die NATO andere Regeln gelten, die das Morden oder Bedrohen von Menschen routinierter machen, ist hinlängst bekannt.

Dass dies aber durchaus auch in sog. Friedenszeiten verheerende Risiken mit sich bringt wenn Militär als Teil der gesellschaftlichen Normalität bestimmt wird, zeigt der Angriff eines Zerstörers der United States Navy USS Ramage der Arleigh-Burke-Klasse welcher am Mittwoch gegen 10:40 Uhr „während einer Routineinspektion“, wie polnische Medien erklärten, den Hafen in Gdynia und drei am Kai liegende ausländische Handelsschiffe beschossen hatte. Der US-Zerstörer stattete Polen im Zusammenhang mit "militärischen Übungen" einen Freundschaftsbesuch ab.

Die USS R besitzt 90 Zellen eines Vertical Launching System (VLS) mit dem beispielsweise Marschflugkörper vom Typ BGM-109 Tomahawk oder Flugabwehrraketen aber auch SM-3 Raketen gestartet werden können.

web_090401-N-5033P-040.jpg
USS Ramage, Quelle: US-Verteidigungsministerium

Es grenzt an ein Wunder, dass kein Mensch zu Schaden gekommen sein soll. Das euphemistisch als „freindly fire“ umschriebene angreifen von Verbündeten ist aus US-amerikanischen Kriegen ja bereits bekannt, so töteten US-Marines bereits im zweiten Golfkrieg 1991 ihre britischen Alliierten. Insgesamt waren rund 25 Prozent aller Verluste der Koalitionsstreitkräfte während der Operation Desert Storm auf Friendly Fire zurückzuführen. Auch während des Überfalls der NATO auf Jugoslawien fielen NATO-Raketen auf Ungarn und Kroatien.

Der neuerliche Vorfall beweist wiederholt die Gefahr einer Präsenz des Militärs im Innern.

Der Zerstörer USS Ramage lag am „Französischen Kai“ (Nabrzeże Francuskie) also im zivilen Teil des Hafens Gdynia. Auf seiner Schusslinie lagen nach Angaben der polnischen Militärstaatsanwaltschaft die Gebäude der Hafenverwaltung und der Bałtycka Baza Masowa. Die Staatsanwaltschaft vergisst hinzuzufügen, dass dies zugleich die Schusslinie in die Innenstadt von Gdynia ist. Was hat ein Kriegsschiff in einem zivilen Handelshafen zu suchen? Wie ist es möglich, dass diese Schiffe ohne weiteres mit scharfer Munition schießen können? Gibt es für diese Art der Munition keine Sicherheitsvorkehrungen und sind die Kanonen solcher Schiffe auch zu Friedenszeiten immer geladen?
Die Schüsse schlugen in den Hafengebäuden ca. 30 Meter von dort arbeitenden Werftarbeiter ein.

Wie das in militärischen Hegemoniestrukturen, insbesondere der NATO der Fall ist, darf sich die polnische Staatsanwaltschaft hier nicht einmischen. Etwaige Prüfungen des Vorfalles werden nur von der US-amerikanischen Seite unternommen. Der Zerstörer hatte bereits am Mittwoch Nachmittag, kurze Zeit nachdem der Vorfall bekannt wurde den Hafen verlassen.

Nach Angaben der embedded Journalist des CNN kam dabei ein Maschinengewehr des Typs M240 zum Einsatz und gab drei Schussserien ab. Anscheinend hat der Schütze beim der ersten nicht kapiert dass er eine Stadt beschießt, wollte bei der zweiten noch mal genauer nachdenken, bis er nach der dritten abgefeuerten Serie verstanden hat dass er gerade ein Maschinengewehr benutzt hat.

Womöglich handelt es sich dabei tatsächlich nicht um einen „Unfall“ sondern eine Routine-Übung…schließlich ist das unter G.W. Bush vom Kongress abgesegnete "Gesetz zum Schutze der Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte" über die gewaltsame Befreiung von US-Soldaten aus dem Gewahrsam internationaler Strafgerichte vorgesehen, falls diese für die von ihnen begangenen Kriegsverbrechen vor ein internationales Strafrechts-Tribunal gestellt werden sollten.

Aber Spaß beiseite. In Wirklichkeit ist es kein Zufall dass der "Freundschaftsbesuch" der USS Ramage zeitgleich mit der Stippvisite von US- Vize Präsident Joe Bidens in Warschau zusammenfällt. Barack Obama besteht darauf , dass Polen zusätzliche Truppen in den Krieg mit den Taliban sendet. Die Bewaffnung dieses Kriegsschiffes, der mit den berüchtigten Mittelstreckenraketen des Typs SM-3 ausgestattet ist, verfolgte augenscheinlich das Ziel Politiker und Bevölkerung zu beeindrucken. Damit ist auch klar dass die Installation des Raketenabwehrsystemes in Polen auch unter Barack Obama fortgeführt wird. Nur sollen wohl nun im Vordergrund Seegestützte Raketen und nicht Boden gestützte Träger zum Einsatz kommen.

Angesichts dessen bleibt nur zu Hoffen, dass nicht irgendein hirnverbrannter Idiot an Bord auf die Idee kommt "routinemäßig" und aus Versehen eine mit atomaren Sprengköpfen bestückte SM-3 Rakete irgendwohin zu ballern.

Michal Stachura | 31.10.09 14:17 | Permalink